Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann zum 10. Deutschen Diversitäts-Tag

HSU

31. Mai 2022

In seiner heutigen Videobotschaft spricht Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über die Bedeutung der Vielfalt für die Universität.

Die Videobotschaft vom 31.05.2022 im Volltext

Sehr geehrte Universitätsbürgerinnen und Universitätsbürger,
liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,

wie üblich wende ich mich an Sie mir einer Videobotschaft des Präsidenten. Diese ist aber eine besondere: nämlich die erste ohne das Thema Corona. Stattdessen möchte ich zu Ihnen kurz über Diversität sprechen. Und dann über diverse Veranstaltungen und Vorhaben.

Zunächst zur Diversität. Heute findet der zehnte Diversitäts-Tag der Bundeswehr statt. Dazu werden im gesamten Geschäftsbereich besondere Events und Ereignisse organisiert, Vorträge gehalten und eben auch Videobotschaften gesendet.

Nun mögen Sie fragen: Wir kümmern uns darum während der Ukraine-Krise? Während in Europa ein Angriffskrieg tobt? Hat die Bundeswehr nichts Besseres zu tun? Auch verschiedene Medien bekrittelten in der vergangenen Woche, eben als ich diese Zeilen schrieb. Aber mit dieser wohlfeilen Frage springt man zu kurz.

Meine Damen und Herren, genau hier und jetzt kann gelebte Diversität helfen. Denn Offenheit, Austausch, Toleranz, die Interaktion mit anderen Weltbildern bilden ein Gegenprogramm zu Totalitarismus, Meinungsblasen und autoritärer Aggression. Daher ist es gerade angesichts der Kriegführung in der Ukraine sinnvoll und dringlich, für mehr Diversität einzutreten, auch in der Bundeswehr. Zudem erschließt Diversität einen Quell der Stärke: So wurde 2016 im Harvard Business Review argumentiert, dass heterogen zusammengesetzte Teams im Geschäftsleben unter sonst gleichen Umständen höhere Produktivität erreichen.

Schlicht gesagt sind wir seit gut einem Jahrzehnt in einen Krieg der Ordnungen verwickelt, in eine Auseinandersetzung zwischen dem westlichen Entwurf offener Gesellschaften mit freien Individuen einerseits und autoritären bis totalitären Modellen mit einer grundsätzlichen Unterordnung des Einzelnen andererseits. Diversität stellt dabei einen wichtigen Teil des westlichen “Ordnungspakets” dar, dem sich Soldat:innen wie Beamt:innen verpflichtet haben. Und schon deshalb, liebe WELT, macht es Sinn, auf das zehnte Jubiläum des Tages der Diversität hinzuweisen.

Das gilt allgemein. Wir aber, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen, bilden gemeinsam eine Universität, und für diese spielt Diversität traditionell eine noch gewichtigere Rolle. Einschlägige Schlagworte wie Offenheit und Austausch, Wissenschaftstransfer, Diskussionskultur und Internationalisierung hört man entsprechend oft. Sie kommen an der Universität reichlich vor und finden sich beispielsweise in unseren Leitlinien, in unseren hochschulstrategischen Debatten und in unserer Diskussion um die Einführung eines Militärischen Sicherheitsbereichs auf dem Campus.

Ich sage: Dieses Augenmerk genießt die Diversität zu Recht! Und das aus drei Gründen:

  1. Toleranz, Neugier, Respekt vor der jeweils Anderen und Skepsis bezüglich Behauptungen – besonders der eigenen ! – sind wesentliche Wurzeln guter wissenschaftlicher Praxis. Ich will sie einmal als die Alltagstugenden eine:r Wissenschaftler:in bezeichnen. Und mistake me not: als Wissenschaftler:innen gelten mir auch Soldat:innen, die sich im Studium und danach wissenschaftlich-forschend betätigen.
  2. Um das Zusammenwirken von Wissenschaftler:innen zu ermöglichen und zu fördern, bedarf es über die individuellen Tugenden hinaus eines Ordnungsrahmens, also eines Systems geschriebener und ungeschriebener Regeln. Die finden sich bei uns unter anderem in der Ordnung für gute wissenschaftliche Praxis, welche wir auf der letzten Sitzung des Akademischen Senats beschlossen haben, sie werden aber auch durch informelle Regeln unserer Campus-Kultur bestimmt. Dabei stellt die Ermöglichung von Diversität ein zentrales Element dar.
  3. Auf einer Meta-Ebene führt die Akzeptanz von Toleranz, Offenheit und Diversität gerade nicht in die Beliebigkeit. Ein solches “Anything goes” mögen einige vermuten, wenn man sich der Vielfalt beschreibt. Jedoch meint Diversität nicht Multiversalität, denn die Übernahme der vorgenannten Tugenden und Regeln ist Voraussetzung für die Teilnahme an dem Gemeinschaftsprojekt Universität. Solche Normen und Konventionen gelten in einer Universität bei aller Verschiedenheit universell, und damit ist auf dem Campus auch kein Platz für “Woke” oder für “Cancel culture”.

Ganz schön starker Tobak hier. Lappt zudem ins Philosophische. Dennoch, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen: nun, wo unser Campus sich langsam wieder bevölkert, sollten wir uns wieder darauf besinnen, was einen Universitätscampus ausmacht. Bei uns als einer Universität der Bundeswehr geht es dabei sowohl um das Akademische als auch um das Militärische. Und vor allem darum, was die beiden miteinander zu tun haben. Dazu starten wir im nächsten Akademischen Jahr einige Projekte.

In dem Zusammenhang möchte ich noch einmal an meine persönliche Ausschreibung eines Preises für die beste Master-Arbeit zum Generalthema “Akademiker und Soldatenberuf” erinnern, die sich an diejenigen Master-Studierenden aller Fakultäten richtet, die sich in diesem Trimester mit einem Thema zu den genannten Fragen beschäftigen wollen. Wenn Sie Interesse haben, wenden Sie sich an eine geeignete Betreuer:in und legen Sie los!

Mit Blick auf den Campus: Schön, dass es wieder “wuselt” und man sich an der Universität austauschen kann. Zu dem Campus gehören neben der allgemeinen Wuselei auch große Veranstaltungen. In der vergangenen Woche haben wir das Symposion zur Frage “Universität und militärische Sicherheit” durchgeführt und unsere Kräfte im Sportfest des Studierendenbereichs gemessen. Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Am 2. Juni folgt unser Solidaritätslauf, am 8. Juni wollen wir die Schwimmhalle im Beisein des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Hitschler eröffnen, am 18. Juni ist “Open Campus”.

Der “Open Campus” verkörpert die Offenheit und Diversität unserer Helmut-Schmidt-Universität. Wie üblich werden wir uns Gästen öffnen– mit Schwerpunkt bei Ihren Familien, Bekannten und Freunden — wir werden die Labore und Hörsäle zeigen, wir werden in buntem Getrubel unsere Forschung erläutern. Und wir werden das Gros eines Studierendenjahrgangs zum Leutnant bzw. zum Leutnant zur See befördern. Seit Jahren wieder ganz traditionell mit großem Antreten, mit Gästen, mit Empfang und Serenade. Unter Leitung der Frau Bundesministerin der Verteidigung, wenn es bei den jetzigen Planungen bleibt.

Daneben werden wir zum ersten Mal überhaupt Master-Zeugnisse in einer zentralen Veranstaltung verleihen. Unserem Hauptauftrag “Master! – In 47 Monaten! – Für so viele wie möglich!” folgend können wir den Master-Absolventinnen und -absolventen keine Abschlusszeugnisse ausgeben, bevor sie uns in die nächste Verwendung verlassen müssen. Ab heuer soll dies in einer würdevollen akademischen Veranstaltung auf dem Open Campus des Folgejahres nachgeholt werden.

Und so ganz nebenbei: 2023 wird die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg ein halbes Jahrhundert alt. Das wird durch ein Jubiläumsjahr gefeiert. Da wir eine Universität sind, handelt es sich bei diesem Jahr jedoch um ein akademisches Jahr, das schon im Oktober 2022 beginnt. Wir sind also bereits fleißig bei der Planung, und ich bedarf Ihrer Hilfe: Wenn Sie Ideen für das Jubiläumsjahr haben, dann schicken Sie diese an [email protected].

Schließlich steht auch wieder die nächste Prüfungsphase an, von Ende Juni bis Anfang Mai, mal grob gesagt. Allen Studierenden zunächst der Hinweis: Wir wissen spätestens seit dem erzwungenen Experiment in der Corona-Zeit, dass das Schieben von Prüfungen nichts bringt. Individuell nicht, und kollektiv schon gar nicht. Den Studierenden, die sich im kommenden Monat wie vorgesehen prüfen lassen, wünsche ich viel Erfolg. Machen Sie uns stolz !