Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über die Verlängerung des Shutdowns und Pläne für eine phasenweise Wiedereröffnung

HSU

9. April 2020

Das Frühjahrstrimester hat mit Online-Lehre begonnen. Der Shutdown wird zunächst bis zum 3. Mai verlängert. Aber es gibt Planungen für eine phasenweise und abgestufte Wiederaufnahme des Universitätsbetriebs danach.


Die Videobotschaft des Präsidenten vom 09.04.2020 im Volltext

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Studentinnen und Studenten,
liebe Kameradinnen und Kameraden,

das Wichtigste vorweg: Seit meiner letzten Videobotschaft hatten wir keinen weiteren COVID-19-Fall unter den Universitätsmitgliedern. Und vier der fünf bisher Erkrankten sind inzwischen wieder genesen. Der fünfte Patient ist in häuslicher Quarantäne, und es geht ihm den Umständen entsprechend gut.

Unsere getroffenen Maßnahmen der Isolation, Separation und Auflockerung zeigen ihre Wirkung. Denn durch den Rückgang der Neuerkrankungen konnte auch die Zahl derjenigen, die in den Liegenschaften der Universität in Isolation gehen mussten, stark reduziert werden. Tatsächlich haben wir derzeit nur noch eine Person im Isolationsgebäude, und dabei handelt es sich um einen Gast aus dem Bundeswehrkrankenhaus.

Daneben sind noch vier Universitätsangehörige in häuslicher Isolation, darunter auch Studierende, die aus dem Ausland zurückgeholt wurden und sich in 14-tägige Quarantäne begeben mussten. Bis auf vier Ausnahmen sind alle Studierenden aus dem Ausland inzwischen zurückgekehrt. Drei befinden sich im Westen der USA und in Australien in Regionen, die bislang nicht als Risikogebiete galten. Mit der Rückreise eines vierten Studenten, der sich aus privaten Gründen in Argentinien aufhält, ist die Deutsche Botschaft in Buenos Aires befasst.

Die Entwicklung der Neuansteckungen scheint sich leicht zu verbessern. Im Augenblick verdoppelt sich die Zahl der bestätigten Fälle nicht mehr alle zwei bis drei Tage, sondern nur alle zehn bis zwölf Tage. Aber Vorsicht ! Die täglichen Statistiken beruhen auf Daten, die bereits bis zu zwei Wochen alt sind. Denn von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung vergehen mehrere Tage. Und vom Abstrich bis zu dessen Ergebnis noch einmal drei Tage. Die möglichen Folgen unseres Handelns – sei es individuell, seien es gesellschaftliche Maßnahmen – werden erst in zwei Wochen erkennbar.

Gerade das frühlingshafte Wetter der letzten Tage mag dazu verleiten, die Sache mit dem Kontaktverbot vielleicht doch nicht ganz so ernst zu nehmen. Eine Hamburger Tageszeitung schrieb gestern, dass in der Hansestadt die Akzeptanz für die Anti-Corona-Maßnahmen zurückgehe. Die Polizei würde täglich rund 500 Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten. Wir sind aber noch lange nicht über den Berg, denn die Zahl der Neuinfektionen steigt weiter. Nur nicht mehr ganz so rasant, aber noch immer stetig.

Ich appelliere deswegen an Sie, an alle Universitätsmitglieder: Bleiben Sie weiterhin zu Hause. Stay at home, flatten the curve! Wer, wenn nicht die Angehörigen der Bundeswehr, sollte denn sonst die notwendige Disziplin dazu besitzen? Bitte seien Sie sich bewusst, dass jeder von uns mehr denn je als Einzelner die Verantwortung für die Gesamtheit trägt – und jedes Universitätsmitglied für die gesamte Universität.

Inzwischen gibt es erste Stimmen aus Regierungskreisen, die sich Gedanken über das Ende des Shutdowns machen. Der Deutsche Ethikrat hat vorgestern bei der Bundespressekonferenz seine Ad-hoc-Empfehlung „Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise“ vorgestellt. Er ging dabei auch auf Perspektiven für eine Öffnung nach der Pandemie ein. Die Quintessenz: Für ein Ende der Maßnahmen ist es noch zu früh, aber es ist nicht zu früh, um über Öffnungsstrategien zu diskutieren.

Dieser Überzeugung kann ich mich, soweit es die Universität betrifft, vollständig anschließen. Ich halte die Diskussion auch gesellschaftlich für dringend geboten, weil sie unsere Bereitschaft stärkt, die verfügten Einschränkungen zu beachten.

Für die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg halte ich hiermit zweierlei fest:

  • Es ist zu früh für eine Öffnung.
  • Und: die ersehnte Öffnung wird nicht schlagartig, sondern über einen monatelangen Zeitraum phasenweise erfolgen.

Ich verlängere den Lockdown der Universität bis zum 3. Mai, Mitternacht.

Während dieser Zeit läuft der Rumpfbetrieb der Universität unverändert weiter. Wir setzen die elektronische Lehre, mit der wir am 06. April begonnen haben, unverändert fort und verbessern diese laufend.

Bis zum 20.04. führen wir auch unseren Nebenauftrag, acht Züge für die Schnellen Unterstützungskräfte (SUK) in Bereitschaft zu halten, unverändert weiter aus. Die betroffenen Soldatinnen und Soldaten befinden sich in einer 72-Stunden-Bereitschaft bis zum Verlegen an den möglichen Einsatzort. Anlassbezogen kann die Zeit durch den Regionalen Führungsstab Nord, dem unsere Soldatinnen und Soldaten unterstellt sind, verkürzt werden.

Ich habe die Absicht, den Campus ab dem 4. Mai über Monate hinweg phasenweise und abgestuft wieder zu öffnen. Voraussetzung dafür bleibt, dass die epidemiologische Entwicklung, die Vorgaben des Bundes und der Länder und die Anweisungen aus dem Bundesministerium der Verteidigung dies auch zulassen.

„Phasenweise und abgestuft“ heißt vor allem eins: Die akademische Lehre wird weiterhin ausschließlich online stattfinden können. Übrigens auch nach dem eben erwähnten Datum. Ich appelliere deswegen an die Geduld und das Verständnis aller Studierenden. Diese Einschränkung schützt die Gesundheit und das Leben aller Universitätsmitglieder. Und darüber hinaus. Und ich appelliere an das Verständnis aller Lehrenden mit der dringenden Bitte, die Studierbarkeit für die Studierenden sicher zu stellen.

In der ersten Phase wird es Präsenzzugang nur für zwei Zwecke und Gruppen geben: Zugang für einzelne Forscherinnen und Forscher zum Zweck der vertraglich gebundenen Drittmittelforschung, damit diese Projekte vorangebracht werden können. Und Zugang zu Laboren für einzelne Master-Studierende, sofern die Labortätigkeit die Voraussetzung für den Abschluss ist.

In einer zweiten Phase werden wir auch Zugang zu  kleinen Prüfungsformaten ermöglichen können. Also keinesfalls für 80 Studierende im Komplexraum 1002, aber vielleicht für 20 Studierende in der Turnhalle oder in der Aula, wo sich die notwendige Distanz großzügig herstellen lässt. Die dazu erforderlichen medizinischen und organisatorischen Vorgaben und die des Arbeitsschutzes werden jetzt erarbeitet.

Die Fakultäten habe ich gebeten, ihre Planungen für die Klausurphasen bis zum Ende dieses Monats vorzulegen. Unter der Maßgabe, dass mit Präsenzklausuren ab dem 15. Juni begonnen werden kann.

Für mündliche Prüfungen haben wir Verfahrensregeln erarbeitet, die seit gestern im Ilias-Bereich zum Umgang mit der Corona-Pandemie (Login erforderlich) veröffentlicht sind. Ich bitte auch die Studierenden, diese zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte die Fakultäten auch, alle Lehrenden dazu anzuhalten, die Verbindung zu ihren Studierenden aufzunehmen, sofern dies noch nicht geschehen sein sollte. Und diese Verbindung zu halten. Denn spätestens an dieser Stelle muss auch dem Letzten bewusst werden, dass wir nicht in ein paar Tagen zur Normalität zurückkehren können, sondern die Lehre über Monate hinaus nur online stattfinden kann.

Ich bitte die Fakultäten, neue, zusätzliche Kommunikationswege und -strukturen zu etablieren. Damit das, was in Besprechungen und Gremiensitzungen per Online-Chat und Videokonferenz verhandelt und entschieden wurde, auch bei jedem, den es betrifft, ankommt. Die wöchentliche Videobotschaft des Präsidenten reicht als Format bei weitem nicht aus! Bitte holen Sie die Menschen aus ihren jeweiligen Bereichen ins Boot und nehmen Sie sie mit!

Bitte unterstützen Sie auch die externen Lehrbeauftragten, denen möglicherweise nicht die gleichen technischen Mittel zur Verfügung stehen, wie es innerhalb der Universität der Fall ist.

Zum Abschluss muss ich Ihnen noch eine betrübliche Nachricht mitteilen: Nach Rücksprache mit der Adjutantur der Bundesministerin der Verteidigung habe ich entschieden, dass der für den 20. Juni geplante Open Campus nicht stattfinden wird.

Die Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht. Nach meiner aktuellen Bewertung der Lage und dem Rat des COVID-Teams halte ich jedoch nicht für angezeigt, im Juni bereits 5.000 Menschen auf dem Campus zu versammeln.

Diese Überzeugung wird auch von einer Aussage des Bundesgesundheitsministers unterstützt, der vorgestern sagte, dass im Zweifel die Party und das Volksfest als letztes wieder möglich seien. Das ist die allerletzte Stufe in unserem „phasenweisen Vorgehen“, und im Juni werden wir leider noch nicht so weit sein.

Aus der Kommunikation mit den Studierenden und aus eigener Erinnerung ist mir klar, wie wichtig die Leutnantsbeförderung ist. Für den großen Beförderungsappell, den eigentlichen Anlass des Open Campus, entwickelt Studierendenbereich daher Ideen für eine alternative Form der Beförderung entwickeln. Auch aus dem Büro der Bundesministerin der Verteidigung habe ich Zuspruch für diese Idee.

Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Osterfest und eine gute Zeit. Bitte bleiben Sie weiterhin zu Hause. Und bleiben Sie bitte gesund.

Herzlichen Dank

Ihr
Klaus Beckmann