Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über die Situation der Universität nach den Osterfeiertagen

HSU

16. April 2020

Über die Randbedingungen für den eingeschränkten Zugang zum Campus ab dem 4. Mai, das Auslandsstudium und die Belastungen durch Home Office und Online-Lehre.

 


Die Videobotschaft des Präsidenten vom 16.04.2020 im Volltext

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Studentinnen und Studenten,
liebe Kameradinnen und Kameraden,

das Wichtigste vorweg: Alle fünf bislang an COVID-19 erkrankten Universitätsmitglieder gelten inzwischen als genesen. Darüber freue ich mich sehr!

Und auch darüber, dass keine erneuten Krankheitsfälle an der Universität aufgetreten sind. Lediglich ein Patient mit einer Atemwegserkrankung ist in der differentialdiagnostischen Abklärung.

Vier Studierende, bei denen es sich um Auslandsrückkehrer handelt, sind noch in häuslicher Isolation, einer davon im Hanseaten-Bereich, die anderen zu Hause.

Ich hoffe, Sie alle, meine Damen und Herren, konnten die Osterfeiertage ein wenig genießen. Ich höre von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass das Schwierigste am Home Office die Trennung zwischen beruflichem und privatem Alltag ist und beides miteinander zerfließt. Man ist also nie ganz im Büro und nie ganz privat.

Ich kann das gut nachvollziehen. Ich habe mir deswegen zur Gewohnheit gemacht, auch im Home Office Krawatte und Sakko zu tragen und damit mir selber und allen anderen – vor allem auch in Videokonferenzen – deutlich zu machen, dass ich nicht im Urlaub, sondern im Dienst bin. Ich trage jetzt also beinahe öfter eine Krawatte als sonst.

Wir haben mittlerweile mehr als einen Monat Lockdown hinter uns, mehr als einen Monat Rumpfbetrieb und mehr als zwei Wochen digitale Lehre. Ich danke Ihnen allen für Ihre Geduld, ihr Verständnis und für Ihre Mitarbeit. Insgesamt bewerte ich unsere Erfahrungen so, dass wir uns als Universitätsgemeinschaft recht gut an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst haben.

Natürlich bin ich mir sehr bewusst, dass dies nicht für alle Universitätsmitglieder in gleichem Maße gilt. Die Soldatinnen und Soldaten und Beamtinnen und Beamten, die auf campusbasierte IT-Infrastruktur zugreifen können müssen, um ihre Routineaufgaben ausführen zu können, oder die Techniker in den Werkstätten und Laboren, die ihren Beruf eben nur an ihrem Arbeitsplatz auf dem Campus ausüben können, sind seit fünf Wochen weitestgehend ohne Aufgabe.

Ebenso diejenigen Forscherinnen und Forscher, die auf den Zugang zu ihrem Labor oder zur Bibliothek angewiesen sind.

Ich weiß, dass Sie alle gern wieder an Ihren Arbeitsplatz möchten. Aber ich muss Sie weiterhin um Geduld bitten. Wir arbeiten an den Plänen, abgestuft, phasenweise und begrenzt den Zutritt zum Campus ab Anfang Mai wieder zu ermöglichen. Ich habe das ja bereits vor einer Woche angekündigt. Eine Voraussetzung dafür ist, ob es uns bis dahin gelingt, die notwendige persönliche Schutzausstattung für diesen Personenkreis zu beschaffen. Bitte glauben Sie mir, dass wir momentan nichts unversucht lassen, damit wir Einzelnen ab dem 4. Mai den Zutritt wieder ermöglichen können. So prüfen wir beispielsweise auch die Möglichkeit, Teile der Schutzausstattung selber herzustellen, unter anderem mit 3D-Druck. Und auch die Möglichkeiten, Schutzausstattung in den eigenen Laboren für die Wiederverwendung aufzubereiten.

Leider muss ich auch zu den Auslandsaufenthalten etwas sagen, die einige von Ihnen planen. Ich habe bereits alle Auslandspraktika streichen müssen und die Betroffenen gebeten, sich stattdessen um Inlandspraktika zu bemühen.

Bei den Auslandsstudien liegen die Dinge ähnlich. Für solche Vorhaben muss ein BA 90/5 durch einen Truppenarzt oder eine Truppenärztin erstellt werden, es muss ein Learning Agreement abgestimmt werden, und das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr verlangt acht Wochen Vorlaufzeit für die Kommandierung. Wir müssen daher zeitig entscheiden.

Das Vorhaben durchzuführen, setzt dann voraus, dass die aufnehmende Institution einen auch weiterhin empfangen möchte. Die nordamerikanischen Service Academies beispielsweise werden darüber am 1. Mai entscheiden. Und es setzt voraus, dass es ein Reisemittel – vulgo: einen Flug – ins Zielland gibt. Schließlich wird man sich wohl sowohl bei Ein- und Ausreise in 14-tägige Quarantäne begeben müssen. Bei der Einreise würde ich keinen Hotelstandard erwarten.

Daher habe ich nach Beratung mit dem COVID-Lagezentrum festgelegt, dass sämtliche Auslandsstudien, für die der oben genannte Vorlauf vor dem 15. Juni beginnen müsste, gestrichen werden müssen. Über die übrigen Vorhaben werden wir Anfang Mai entscheiden. Das Akademische Auslandsamt wird die Betroffenen entsprechend informieren.

Gestern Abend haben der Bund und die Länder über eine mögliche Strategie für das Ende des Shutdowns gesprochen. Sie kennen mittlerweile die vorsichtigen Schritte, auf die man sich verständigt hat.

Wir sind dem gewissermaßen schon ein wenig voraus, denn unsere bestehenden Planungen und Ankündigungen passen sehr gut in diesen Rahmen. Ob wir sie auf der Zeitschiene nach hinten schieben müssen, hängt allerdings unverändert von Faktoren ab, die wir alleine nicht kontrollieren können.

Mit der Hamburger Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung und in Abstimmung mit den anderen Hamburger Universitäten sprechen wir unter anderem über die Frage, ob die in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen vorgeschriebenen Vorpraktika per Ausnahmeregelung entfallen können. Denn diese Praktika werden in der Zeit der Ausbildung vor dem Studium absolviert, und die Zeit der militärischen Ausbildung vor dem Studium verkürzt sich durch einen späteren Einberufungstermin. Eine Kompensation während des bereits laufenden Studiums ist nach unserer Bewertung nicht zu leisten.

Bis zum 20. April werden wir festgestellt haben, in welchen Räumen wir wie viele Studierende für die Präsenzprüfungen unterbringen können. Bis zum 30. April haben die Fakultäten die Zeit, vorläufige Planungen für diese Prüfungen anzustellen. Ich hoffe, dass es so kommen wird, dass wir zunächst das Wintertrimester abschließen können, bevor wir uns an die Prüfungen zum Frühjahrstrimester machen.

Damit dies eintritt, muss ich Ihnen, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen, erlauben können, unter vertretbar sicheren Bedingungen den Campus zu betreten. Das COVID-Lagezentrum, die Verwaltung und der Studierendenbereich arbeiten daran, diese Bedingungen zu formulieren und herzustellen. So lange es hier für Sie nicht sicher ist, bleiben Sie aber bitte zu Hause: Stay at home, flatten the curve!

Da wir gerade beim Englischen sind, erzähle ich Ihnen noch eine kurze Geschichte über die „Tragedy of the Commons“:
Die Commons – oder auf deutsch Allmende waren in englischen und anderen Dörfern gemeinschaftliche Weiden, meist in der Mitte des Dorfes gelegen, auf die arme Menschen ihr Vieh treiben durften. So sollte sichergestellt werden, das auch Menschen, die kein Land besaßen, in gewissem Umfang zur Viehhaltung befähigt waren. Diese Commons waren immer in einem furchtbar schrecklichen Zustand – The Tragedy of the Commons. Warum? Na ja, wenn Bauer Ix seine Kuh auf die Weide trieb, berücksichtigte er nicht, dass das Gras, das diese Kuh frisst, der Kuh von Bauer Ypsilon fehlt. Hätte er eine private Weide gehabt, hätte er das berücksichtigt. Aber bei den Commons war das Gras für alle da, und damit hat niemand beim Abgrasen berücksichtigt, dass er Gras den anderen wegnimmt.

Ihre Zeit, liebe Studierende, ist ein Stück weit auch eine solche Allmende-Ressource für die Lehrenden. Die Lehrenden müssen berücksichtigen, dass Zeit, die Sie aus ihrem Budget nehmen, nicht mehr für andere Lehrende zur Verfügung steht. Und das bedeutet, dass man sich – wie bei der Überfischung der Weltmeere und eben bei der Tragedy of the Commons – möglicherweise bei der Nutzung dieser allgemeinen ressource auch zurückhalten muss.
Ende der Geschichte.

Sie sehen, es gibt seit der letzten Woche nicht viel Neues. Bei Lichte betrachtet gar nichts. Ich habe mich deswegen dazu entschlossen, den wöchentlichen Rhythmus der Videobotschaften zu verlängern. Künftig wird es lageabhängige Videobotschaften geben, mindestens jedoch alle zwei Wochen.

Bis dahin halten wir Sie per Bulletin und im COVID-Informationsbereich bei Ilias auf dem Laufenden.

Bitte halten Sie weiter durch. Und bitte bleiben Sie gesund.

Vielen Dank.

Ihr
Klaus Beckmann