Befeldung biologischer Zellen
Eine mögliche Schädigung biologischen Gewebes durch hochfrequente elektromagnetische Felder ist seit Jahren umstritten und wird dementsprechend intensiv erforscht. Gemeinsam mit Partnern aus der Bundeswehr, von Universitäten und in Zusammenarbeit mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig beteiligt sich die Professur für Theoretische Elektrotechnik an einer großangelegten Untersuchung, bei der Zellen des blutbildenden Apparats in verschiedenen Messaufbauten gezielt mit Mikrowellen befeldet werden.
Reihenbefeldungsmessungen in elektromagnetischen Modenverwirblungskammern
Bei Befeldungsexperimenten werden Zell- bzw. Gewebeproben unter fest vorgegebenen Rand- und Umgebungsbedingungen Feldern mit definierten Eigenschaften (z.B. Feldstärke, Frequenz, Leistung) ausgesetzt. Viele Zellarten weisen jedoch dispersive, verlustbehaftete und anisotrope Materialeigenschaften auf. Da zur Bewertung von Effekten stets der Fall untersucht werden muss, bei dem die höchste Einkopplung vorliegt, stellt sich das Problem, mit konventionellen Testverfahren Einstrahlungsrichtung und -Polarisation zu bestimmen („worst case“), bei der die gewebespezifisch höchste Einkopplung vorliegt.
Befeldungsexperimente können durch die Verwendung von Modenverwirblungskammern (im folgenden MVK) deutlich beschleunigt werden, da im Prüfvolumen einer Modenverwirblungskammer das Richtung und Polarisation des E-Feldes (bei im zeitlichen Mittel konstanter Feldstärke) gleichverteilt sind. Der Aufwand für Probenauswertungen lässt sich mit diesem Verfahren deutlich verkleinern.
Zur Untersuchung der Schädigungen kommen auf mikrobiologischer Seite die Anwendung eines Durchflusscytometers oder die Anwendung des Comet Assays in Frage.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für den medizinischen Arbeits- und Umweltschutz der Bundeswehr, der Firma Becton, Dickinson and Company und mit Unterstützung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig (Kontakt: Direktor und Professor Dr. Thorsten Schrader) soll ein Befeldungsverfahren mit Hilfe von MVK entwickelt werden, welches zunächst die aus der Literatur bekannten Effekte reproduziert. In Anschluss wird die Befeldung verschiedenster Zelltypen mit einem einheitlichen Verfahren angestrebt, an dessen Ende eine Datenbank stehen soll, der man die Schädigungsrate entnehmen kann, die bei Exposition eines Zelltyps mit einer elektromagnetischen Welle zu erwarten ist. Für 2014 wird eine Befeldung von Reproduktionszellen angestrebt. Für präzise Aussagen über die Befeldungsparameter sollen auch die Ergebnisse aus Simulationsrechnungen herangezogen werden.
Bereits erreichte Ziele:
- Messungen an verschiedenen Zelltypen (adhäsiv / supensiv) mit kurzen Befeldungsdauern zum Ausschluß thermischer Effekte (08/2012)
- Befeldung von JurCat-Zellen mit generischen GSM-Signalen (11/2012 , 05/2013 und 12/2013)
Fehlerbaumanalyse
Die hier beschriebenen dienen als Vorbereitung eines Vorhabens zur mathematischen Modellierung von Organversagen mit Hilfe der Fehlerbaumanalyse. Die Reaktion einzelner biologischer Zellen auf externen Stress durch ionisierende Strahlung oder toxische Chemikalien ist relativ genau bekannt. Die neu gewonnen Messdaten schließen die bestehende Wissenslücke im Bereich der hochfrequenten elektromagnetischen Felder. Auf Grundlage dieser Daten werden derzeit Gefährdungsanalysen durchgeführt, die z.B. die Sicherheitsabstände zu Emittern oder die Höchstkonzentrationen von Chemikalien in geschlossenen Räumen beinhalten. Die Tatsache, dass Organismen oder ihre Organe in der Lage sind, einzelne abgestorbene/entartetet Zellen zu tolerieren, wird dabei außer Acht gelassen.
Mit Hilfe der Fehlerbaumanalyse soll dann ein Modell erarbeitet werden, welches zunächst für verschiedene Zelltypen eines einfachen Organismus die Wahrscheinlichkeiten für Zellschäden bzw. Reaktionen definiert. Diese werden in einen komplexen Fehlerbaum umsetzt und mit Messwerten verglichen. In den nächsten Schritten soll das Modell auf komplexere Organismen (Säugetiere) bzw. deren Organe ausgebaut werden.
Kontakt : Lars Ole Fichte
Letzte Änderung: 3. November 2017