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Wissenschaftliches Kolloquium für Michael Staack: Friedensstrategien in der multipolaren Welt
„Abschreckung, insbesondere nukleare Abschreckung, kann für die Gewährleistung von Sicherheit vorübergehend notwendig sein, reicht für längerfristige Friedenssicherung aber nicht aus. Ohne eingeübte und in Krisensituationen vertrauensbildend wirkende Kommunikation zwischen den Kontrahenten kann Abschreckung sogar destabilisierend wirken. Perspektivisch erforderlich ist wieder eine Politik, die an den Ursachen von Konflikten arbeitet statt Konfrontationen zu verfestigen. Eine solche Politik wird von der Mehrheit der Staaten der Welt, insbesondere im Globalen Süden, erwartet und, mehr noch, verlangt.“ Mit diesen Worten leitete Michael Staack das ganztägige Wissenschaftliche Kolloquium „Friedensstrategien in der multipolaren Welt“ ein, das am 29. Mai 2024 anlässlich seines 65. Geburtstages (24. März 1959) und seiner am 30. Juni 2024 bevorstehenden Emeritierung stattfand. Der Tagungsort war sehr bewusst gewählt: Das Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Berlin-Mitte und sein historischer Kirchensaal waren 1989/90 Schauplatz des „Runden Tisches“ in der sich demokratisierenden DDR und boten in den letzten Jahren auch den Raum für debattenintensive Veranstaltungen des von Professor Staack geleiteten Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit; oft mit Afrika-Bezug.
Für lebhafte und inhaltliche tiefe wissenschaftliche Diskurse war auch bei diesem Kolloquium gesorgt. Gut 40 Weggefährtinnen und Freunde von Michael Staack diskutierten in drei Panels über ausgewählte Aspekte der Entwicklungen in „Westafrika“, „China, Korea und Ostasien“ und über die „Zukunft der Weltordnung“ – und damit über Themen, die seit langer Zeit im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit des Geehrten stehen. Der Einfluss des Russland-Ukraine-Krieges und des Gaza-Krieges auf die internationale Ordnung flossen ebenso in die Debatten ein wie Fragen zur Positionierung der Friedens- und Konfliktforschung bzw. der akademischen Disziplin der Internationalen Beziehungen. Professor (emer.) Rainer Tetzlaff (Universität Hamburg), der Nestor der deutschen Afrika-Forschung, würdigte sodann in seiner Laudatio Michaels Staacks wissenschaftliches Lebenswerk und seine 43jährige Berufstätigkeit mit den Stationen Bonn, Berlin, Minsk, München und Hamburg. Diese habe sich durchweg durch Internationalität, thematische Breite, Praxisbezug und kritische Reflexion oft jenseits von „Mainstreams“ ausgezeichnet.
In seiner Erwiderung dankte Professor Staack seinem ehemaligen Lehrer, der ihm im Hamburger Studium seit 1977 den wissenschaftlichen Blick auf die „Dritte Welt“ geöffnet hatte und mit dem er nun seit Jahrzehnten befreundet ist. Eine solche Freundschaft sei ein wunderbares Geschenk. Michael Staack ging auf verschiedene frühe Erlebnisse und Einflüsse ein, die sein Interesse an internationaler Politik geweckt hätten. Mit seinen Lehrern habe er Glück gehabt. Ernst-Otto Czempiel, Wolf Graf von Baudissin, Helga Haftendorn, Volker Rittberger und eben Rainer Tetzlaff wären die wissenschaftlichen Persönlichkeiten, die ihn geprägt hätten. Baudissins Forderung nach Empathie in der Sicherheitspolitik sei heute ebenso aktuell wie Czempiels Friedensbegriff, der Frieden als einen Prozess hin zu „abnehmendem Gewaltelement und zunehmender Verteilungsgerechtigkeit in den internationalen Beziehungen“ definiere und damit internationale und gesellschaftliche Dimensionen gleichzeitig adressiere.
Die zu Beginn der Veranstaltung von Michael Staack formulierte Erwartung, dass jede/r die Veranstaltung mit einem neuen Argument oder einer neuen Idee verlassen solle, wurde aus der Sicht der Teilnehmenden eher übererfüllt – und viele Denkanstöße sind weiter zu verfolgen. Schon auf dem Weg von „wissenschaftlicher Berufsroutine“ zu „ungebundener wissenschaftlicher Neugier“ mit hoffentlich „vergrößerter Zeitsouveränität“, kündigte Professor Staack an, im neuen Rahmen selbstverständlich inhaltlich interessiert und wissenschaftlich aktiv bleiben zu wollen. Ein festliches Abendessen mit vorzüglicher italienischer Küche bildete den Ausklang des Kolloquiums. Ein Tagungsbericht wird folgen.
Führungswechsel bei WIFIS: Johannes Varwick folgt auf Michael Staack
Das Wissenschaftliche Forum für Internationale Sicherheit (WIFIS) wird künftig von Prof. Dr. Johannes Varwick (Universität Halle-Wittenberg) geleitet. Der Vorstand des Vereins wählte den profilierten Experten für Europa-, Internationale und Sicherheitspolitik am 30. Mai 2024 einstimmig zum neuen Präses. Johannes Varwick folgt damit auf Michael Staack, der WIFIS seit 2006 – also insgesamt achtzehn Jahre – geführt hatte.
Michael Staack betonte in seinen Abschiedsworten die offene Debattenkultur bei WIFIS: „Standpunkte müssen kontrovers vertreten werden können, wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert – ohne Sprech- und Denkverbote. Bekanntlich sind die Ketzereien von heute die Wahrheiten von morgen. Eine Ausrichtung am jeweiligen `Mainstream´ oder der Devise `Das war schon immer so und anders geht es nicht´ dürfen für die Wissenschaft nicht handlungsleitend sein. Ebenso ist es wenig hilfreich, nur noch mit denen – auch international – im Austausch zu sein, die schon einer, unserer Meinung sind.“
Unter der Leitung von Professor Staack und seinem Vorstandsteam (zuletzt Hofrat Prof. Dr. Gunther Hauser von der Landesverteidigungsakademie Wien, Brigadegeneral a.D. Rainer Schwalb, Joana Caripidis, Dr. Dan Krause und Paul Sedzro; beide HSU) wurde das inhaltliche Profil von WIFIS deutlich geschärft. „Unser Kerngeschäft sind“, so Michael Staack, „die Publikationen“: „Seit meiner Amtsübernahme 2006 sind zwölf Bücher in der Schriftenreihe von WIFIS erschienen und 41 Veröffentlichungen in der Reihe WIFIS Aktuell; hinzu kommen einige WIFIS Arbeitspapiere. Die Themen dieser wissenschaftlichen Publikationen sind breit gespannt und reichen von Europäischer Sicherheit, Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Innerer Führung oder deutscher Rüstungspolitik bis hin zur Friedens- und Sicherheitsordnung Gesamteuropas, Rüstungskontrollpolitik, dem politischen Erbe von Helmut Schmidt oder Wolf Graf von Baudissin, den Auswirkungen der Covid 19-Pandemie und Themen wie der russischen Aggression gegen die Ukraine seit 2014 oder den Konflikten über das iranische und das nordkoreanische Nuklearprogramm. Unser inhaltlicher Blick war nie europäisch oder transatlantisch verengt, was sich in der Beschäftigung mit Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent, dem Aufstieg Chinas und Prozessen von Konflikt und Kooperation in Ostasien und im größeren Raum des Indo-Pazifiks dokumentiert. Ein besonderes Anliegen war mir, Sachfragen aufzugreifen, die wichtig, im Diskurs aber eher `unterbelichtet´ waren oder sind. Mit dem breiten Spektrum von Themen korrespondiert der große Kreis der mitwirkenden Autorinnen und Autoren. Sie garantieren die wissenschaftliche Qualität unserer Schriften ganz entscheidend.“
Die Publikationen von WIFIS erscheinen seit 2011 im renommierten Verlag Barbara Budrich. Aufgabe des unabhängigen Vereins ist die Förderung des wissenschaftlichen Dialogs über Sicherheitspolitik. WIFIS wird aus dem Bundeshaushalt institutionell gefördert.
Foto: https://x.com/JohannesVarwick/status/1796521370819424365/photo/1
Senegals Zivilgesellschaft im Kampf um die Demokratie: Vortrag von Paul Sedzro
Nach dreijährigen Auseinandersetzungen konnte sich im Senegal mit dem Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom März 2024 die Demokratie behaupten. Der neue Präsident Bassirou Faye und sein Premierminister Ousmane Sonko streben grundlegende Reformen an, sind überzeugte Panafrikanisten und wollen die gespaltene westafrikanische Regionalorganisation ECOWAS wieder zusammenführen. Diese Themen standen im Mittelpunkt des Vortrags von Paul Sedzro, Westafrika-Forscher und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HSU im Team von Professor Staack.
In seinem Vortrag ging Paul Sedzro zunächst auf das französische Einflusszonen-Konzept „Francafrique“ ein und erläuterte Senegals zentrale Stellung in diesem System. Daran anschließend legte er die Entwicklungen der letzten drei Jahre in Senegal rund um die Präsidentschaftswahl dar. Diese Jahre seien von tiefgreifenden innenpolitischen Auseinandersetzungen geprägt gewesen und im Mittelpunkt der Krise stand die Präsidentschaftswahl 2024. Der bisherige Präsident Macky Sall hatte mit nahezu allen Mittel versucht, seine Regierung durch eine verfassungswidrige dritte Amtszeit fortzusetzen. Im Ergebnis scheiterte er an der Mobilisierung der Opposition und vor allem an der Zivilgesellschaft, denn bei der Wahl am 24. März 2024 wurde der Oppositionskandidat Bassirou Diomaye Faye in einem Erdrutschsieg zum Präsidenten gewählt. Damit unterstrich Senegal seinen Status als Stabilitätsanker und Demokratie-Vorbild in Westafrika: Die Demokratie hat sich seit der Unabhängigkeit 1960 immer weiterentwickelt und konsolidiert und das Militär hat nie die Macht ergriffen. Durch massive Proteste gegen die autoritäre Regierungsführung des bisherigen Präsidenten Sall und gegen die zwischenzeitliche verfassungswidrige Wahlverschiebung sowie durch die Durchführung einer eigenständigen Wahlbeobachtung trug die Zivilgesellschaft zur Transparenz der Wahl und somit zum demokratischen Machtwechsel bei.
Nach Auffassung von Paul Sedzro findet die „demokratische Revolution“ in Senegal in West- und ganz Afrika große Resonanz, nicht zuletzt, weil der neue Präsident einen Bruch mit dem von „Francafrique“ geprägten bisherigen Regierungssystem angekündigt hat. Als wichtigste regionale Implikation der Wahl bezeichnete er das Vorhaben von Präsident Diomaye Faye, eine Vermittlerrolle zwischen der ECOWAS und den drei abtrünnigen Sahelstaaten (Burkina Faso, Mali und Niger), die Anfang 2024 ihren Rücktritt aus der ECOWAS angekündigt hatten, einnehmen zu wollen. Zudem würden Fortschritte beim Projekt der Abschaffung des Franc CFA und bei der Einführung einer gemeinsamen westafrikanischen Währung erwartet.
Auf globaler Ebene schließlich sah Paul Sedzro Auswirkungen auf die Energiepolitik. Denn vor Senegals Küste wurden Öl- und Erdgas gefunden und die Rohstoffförderung beginnt in diesem Jahr. Aus der Sicht der neuen Regierung und der Zivilgesellschaft sind die Förderungsverträge mit den internationalen Unternehmen nachteilig für Senegal, weshalb Daher eine Neuverhandlung der Öl- und Gasförderungsverträge angestrebt wird. Auch auf die Fischereipolitik würde sich die Wahl auswirken: Das Fischereiabkommen zwischen Senegal und der EU wird von der senegalesischen Bevölkerung als unfair und asymmetrisch kritisiert, denn es führt dazu, dass die ausländischen Fischfangflotten für wenige Millionen Euro die senegalesische Küste in Milliardenhöhe leerfischen und somit die Lebensgrundlage der lokalen Fischer zerstören und auch die illegale und gefährliche Migration fördern.
Deutschland und China in der multilateralen Rüstungskontrolle: Ziele und Formate eines möglichen Dialogs
„Deutschland und China stimmen in zahlreichen rüstungskontrollpolitischen Zielsetzungen grundsätzlich überein. Diese Gemeinsamkeiten genauer auszuloten, mehr Transparenz zu schaffen und Informationen auszutauschen, dafür lohnt sich ein intensiver Dialog auf Expert*innen- und politischer Ebene“, so die Auffassung von Dr. Oliver Meier und Prof. Dr. Michael Staack. Im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung bearbeiten die beiden Forscher und Sicherheitsexperten seit 2021 ein Projekt, das sich mit „Chinas Rolle in der multilateralen Rüstungskontrolle“ befasst. Die von ihnen dazu im Juni 2022 vorgelegte Studie wurde im Jahresverlauf 2023 unter anderem am Standort der Vereinten Nationen in Genf, bei EU und NATO in Brüssel sowie, im Rahmen eines knapp einwöchigen Dialogs mit Wissenschaftler*innen in Denkfabriken und Universitäten, in Beijing vorgestellt. Zentrale Ergebnisse der verschiedenen Diskussionen haben Meier und Staack nun ausgewertet und inhaltlich zusammengefasst:
- Die Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und China ermöglichen einen Rüstungskontrolldialog mit dem Ziel des Informationsaustausches, der Klärung von möglichen Divergenzen und der Herausarbeitung gemeinsamer Standpunkte.
- China ist an der Erhaltung und Fortentwicklung der multilateralen Rüstungskontrolle als zentralem Element internationaler Ordnungspolitik interessiert.
- Mit dieser Einstellung unterscheidet sich die Volksrepublik von Russland, das als „spoiler“ zunehmend darauf abzielt, die bestehende Rüstungskontrollarchitektur aufzukündigen oder dysfunktional zu machen.
- Die rüstungskontrollpolitische Expert*innencommunity in China ist offen für Gespräche über die verschiedenen Sachthemen. Eine stärkere Vernetzung mit entsprechenden deutschen und europäischer Communities ist sinnvoll und nützlich.
- Rüstungskontrolle und andere Fragen der „harten Sicherheit“ werden zunehmend zum Bestandteil des diplomatischen Austauschs auch mit westlichen Staaten. Der gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzler Scholz und des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping vom November 2022, dass Nuklearwaffen niemals eingesetzt und mit einem solchen Einsatz auch nicht gedroht werden dürfe, kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu.
- Expert*innengespräche über Themen wie Verifikation oder Vertrauensbildung könnten spätere politische Gespräche vorbereiten.
Die Arbeit am Thema „Chinas Rolle in der multilateralen Rüstungskontrolle“ und in damit verknüpften bilateralen oder multilateralen Formaten wird fortgesetzt.
Workshop zu Frieden und Sicherheit in der Ostseeregion
Am 14. Februar 2024 fand in der Landesvertretung der Freien und Hansestadt Hamburg in Berlin der Workshop „Re-Thinking the Future of Peace and Security in the Baltic Sea Region – Avenues for Research and Policy“ statt. Organisiert vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg sowie der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Universitäten, Forschungsinstituten und Think Tanks aus dem Ostseeraum zu aktuellen friedens- und sicherheitspolitischen Dynamiken der Region. Zu den Teilnehmern gehörte auch Dr. Dan Krause.
Im Mittelpunkt standen aktuelle Entwicklungen und Implikationen durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die Perspektive der skandinavischen und baltischen Staaten sowie die Rolle europäischer Sicherheitsorganisationen, allen voran NATO, EU und OSZE. Die Frage, ob und inwiefern die EU- und die europäischen NATO-Staaten sowie ihre Partner wann und unter welchen Umständen wieder mit Russland kooperieren sollten und welche Schlüsse aus dem Krieg gegen die Ukraine gezogen werden, erachteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als zentral für die weitere Entwicklungen in der Region und die Frage einer neuen, dauerhaften und stabilen Friedensordnung. Welche Ansätze der Kooperation bei gleichzeitiger Versicherung direkt bedrohter oder sich bedroht fühlender Staaten sind vorstellbar und könnten funktionieren? Welche Rolle spielt dabei die Ukraine und ihr zukünftiger Status? Aber auch transnationale Sicherheitsbedrohungen auf Politikfeldern, wie Energie, Klima, Handel und (nicht-militärische) Sicherheit seien zunehmend miteinander verwoben und wirkten auf alle Anrainerstaaten im Ostseeraum. Insbesondere ein Aufbrechen politikfeldspezifischer Zugänge und die Entwicklung ganzheitlicher Politikansätze wurden auf dem Workshop als zentral erachtet. Zwei Dinner Speeches über die Zukunft von Sicherheit und Frieden in Europa aus einer OSZE-Perspektive sowie über Grundlagen erfolgreicher regionaler Integration und zukünftige geopolitische Herausforderungen für die Staaten des Ostseeraums rundeten den Workshop ab.
Michael Staack im RBB-Podcast: „Braucht die EU Atomwaffen?“
Die Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar 2024 wurde von der Drohung des früheren US-Präsidenten Donald Trump überlagert, im Falle seiner Wiederwahl NATO-Mitgliedsstaaten nicht zu verteidigen, wenn diese das Zwei-Prozent-Ziel des westlichen Verteidigungsbündnisses nicht erfüllten. Als Folge dieser in Moskau gern gehörten Drohung entbrannte besonders in Deutschland eine Debatte über die Notwendigkeit einer deutschen oder europäischen Nuklearbewaffnung. Dazu nahm Professor Staack am 16. Februar 2024 im RBB-Podcast „Newsjunkies“ Stellung. Nach seiner Überzeugung würde Frankreich in einer extremen Bedrohungssituation mit seinem Nuklearpotenzial zum Schutz der EU bereit sein. Die Verfügungsgewalt über diese Massenvernichtungswaffen werde ausschließlich in Paris verbleiben. Konsultationen über diese Fragen, gerade auch im deutsch-französischen Verhältnis, seien zwingend erforderlich – das aber vertraulich hinter verschlossenen Türen.
Nachdrücklich sprach sich Michael Staack gegen einen deutschen oder europäischen Nuklearwaffenerwerb aus. In beiden Fällen würde der Schaden den sicherheitspolitischen Nutzen weitaus überwiegen. Der Griff nach einer deutschen oder europäischen Bombe sei nur möglich, wenn die betreffenden Staaten vorher den Vertrag über nukleare Nichtverbreitung (Atomwaffensperrvertrag) aufkündigten. Deutschland müsste außerdem den 2+4-Vertrag, die friedensvertragliche Regelung zur deutschen Einheit verlassen – ein Vertragswerk, dass keine Kündigung vorsehe. Mit solchen Schritten gegen Grundnormen der internationalen Ordnung würden Deutschland und die EU zu Regelbrechern ohne Vorbildfunktion in der internationalen Gemeinschaft. Viele Beiträge in der aktuellen Debatte, so Professor Staack, seien nicht ernsthaft oder nicht zu Ende gedacht und ähnelten eher dem Geschehen auf einem Hühnerhof.
Farewell Helmut Schmidt? Tagungsband „Universität und militärische Sicherheit“ erschienen
Am 3. Januar 2024 wurde die Helmut-Schmidt-Universität in einen Militärischen Sicherheitsbereich (MSB) umgewandelt. Damit wurde eine Anweisung des Verteidigungsministeriums umgesetzt, gegen die der Akademische Senat der Universität 2021 einstimmig Stellung genommen hatte. Sichtbar beim MSB sind vor allem die Zugangskontrollen und die Möglichkeit des Schusswaffengebrauchs auf dem Gelände. Weitere Auswirkungen und die Wachanweisung wurden für geheim erklärt und sind deshalb juristisch nicht nachprüfbar. Auf jeden Fall vollzogen wurde ein Systemwechsel, der sich fortsetzen kann. Das über 50 Jahre erfolgreiche Modell einer offenen und öffentlich zugänglichen Universität, das Gründungsmodell des damaligen Verteidigungsministers Helmut Schmidt, gehört mit der Einführung des MSB eindeutig der Vergangenheit an.
Zur Debatte der kontrastierenden Positionen fand bereits im Mai 2022 ein Wissenschaftliches Symposium statt. Die Ergebnisse der Tagung liegen nun vor, herausgegeben von Thomas Jung und Olaf Sanders: „Universität und militärische Sicherheit. Über den Streit um die drohende Einrichtung eines militärischen Sicherheitsbereichs an der Helmut-Schmidt-Universität“. Der Band ist als online zugängliche OpenAccess-Publikation erschienen – und eine lohnende Lektüre.
Professor Staack moderierte beim Symposium das Panel über die möglichen Auswirkungen des MSB auf internationale Kooperationen und verfasste – gemeinsam mit Thomas Höhne – für den Tagungsband einen Beitrag zum Thema „Militarisierung der Hochschule durch Versicherheitlichung“?
Valide Argumente für den MSB sind nach seiner Auffassung in den letzten Jahren nicht vorgelegt worden. Der Umgang mit großen Sicherheitsbedrohungen sei nicht neu. In der Zeit des Terrorismus der „Rote Armee Fraktion“ in den 1970er und 1980er Jahren oder nach den teilweise in Hamburg geplanten Terroranschlägen von „9/11“ seien keine Abschottungsmaßnahmen wie der jetzige MSB ergriffen worden. Warum die jetzige Sicherheitslage bedrohlicher sei als die genannten, sei nie begründet worden und in der Sache auch kaum begründbar. Die Diskussion um die Einführung des MSB habe die Helmut-Schmidt-Universität als akademische Institution bereits beschädigt und es sei zu befürchten, dass sich diese Entwicklung fortsetzen werde.
Deutsch-französische Zusammenarbeit: Fünf Jahre Aachener Vertrag
Wissenschaftsmatineé in der Staatskanzlei des Saarlands
Am 22. Januar 2019 unterzeichneten Deutschland und Frankreich den Aachener Vertrag und erneuerten darin die Vereinbarungen der deutsch-französischen Zusammenarbeit aus dem Élysée-Vertrag von 1963 mit dem Ziel, die Beziehungen beider Länder weiter zu vertiefen. Fünf Jahre später warfen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Politik einen Blick zurück und diskutieren die Rolle der deutsch-französischen Freundschaft für die Zukunft Europas.
Hierzu hatten das Cluster für Europaforschung (CEUS) der Universität des Saarlandes und die Staatskanzlei in Partnerschaft mit dem Frankreichzentrum der UdS am Mittwoch, den 17. Januar 2024, zu einer Wissenschaftsmatinée mit Podiumsdiskussion in die Staatskanzlei eingeladen. Im Fokus standen nicht nur die Errungenschaften der vergangenen fünf Jahre, sondern auch künftige Herausforderungen der deutsch-französischen Kooperation.
Nach Einführungsvorträgen zu den Innovationen des Aachener Vertrages durch Dr. habil. Claire Demesmay, Europa-Gastprofessorin am CEUS, Benjamin Kurc, Leiter des Deutsch-Französischen Bürgerfonds und Dr. Tobias Koepf, Projektleiter bei der Stiftung Genshagen diskutierten im Anschluss die Experten Michael Scharfschwerdt (Leiter des Planungsstabs im Auswärtigen Amt) und Prof. Dr. Michael Staack (Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr, Hamburg) zu deren Auswirkungen auf die deutsche und französische Außenpolitik. Im Fokus stand die Kooperation des Couple franco-allemand in und für die EU, unterschiedliche Traditionen und mögliche Annäherungen in der Sicherheitspolitik, die Herausforderung durch eine zweite Trump-Administration und die Rolle beider Akteure in Westafrika. Michael Staack machte deutlich, dass die – möglichst um andere Staaten erweiterte – deutsch-französische Initiativfunktion angesichts der permanenten Krisen unverzichtbar bleibe für die Europäische Union. Das aber sei in der deutschen Außenpolitik nicht immer zu erkennen – eine Fehlentwicklung, die bereits in den langen Jahren der Merkel-Kanzlerschaft begonnen habe.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit stand dann im Fokus des folgenden Podiums mit den Diskutantinnen und Diskutanten Jun.-Prof. Dr. Carola Fricke (Juniorprofessorin für Humangeographie mit europäischem Schwerpunkt, Universität des Saarlandes), Vincent Muller (französischer Generalsekretär des Deutsch-Französischen Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit) und Jun.-Prof. Dr. Florian Weber (Juniorprofessor für Europastudien (Westeuropa und Grenzräume), Universität des Saarlandes).
Dr. habil. Claire Demesmay, seit 2023 Europa-Gastprofessorin am Cluster für Europaforschung der UdS, führte durch die Wissenschaftsmatinée, die rund 100 Gäste sowohl vor Ort als auch im Livestream verfolgten. Sie freute sich über das große wissenschaftliche und politische Interesse an der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich.
Zur Aufzeichnung der Wissenschaftsmatineé auf Youtube (Außen- und Sicherheitspolitik ab 48:00).
Deutsch-chinesischer Rüstungskontrolldialog zwischen führenden deutschen und chinesischen Think Tanks
Im Laufe des Jahres 2023 hat sich der Austausch zwischen deutschen und chinesischen Expert*innen über Fragen der Rüstungskontrolle unter dem Dach der Friedrich-Ebert-Stiftung dynamisch entwickelt. Vom 28. November bis 1. Dezember 2023 fand nun in Beijing ein einwöchiger Austausch zwischen beiden Seiten statt, der nahezu alle Themen der aktuellen Rüstungskontrollpolitik umfasste – von Verifikation und Vertrauensbildung über B- und C-Waffen und Exportkontrollen bis hin zur Entwicklung des chinesischen Nukleararsenals. Bereits im Juni 2022 hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin die von Dr. Oliver Meier und Prof. Dr. Michael Staack erarbeitete Studie „Chinas Rolle in der multilateralen Rüstungskontrolle“ veröffentlicht. Diese Studie bildete eine zentrale Grundlage für die bilateralen Gespräche. Im April 2023 initiierte die Friedrich-Ebert-Stiftung Beijing dann einen ersten persönlichen Austausch zum Thema Rüstungskontrolle zwischen deutschen Sicherheitsexperten und chinesischen Thinktanks wie CICIR und CACDA.
An der einwöchigen Folgeveranstaltung im November/Dezember nahmen von deutscher Seite teil:
Prof. Angela Kane, Vorsitzende der Dialogue Advisory Group, Senior Advisor der Nuclear Threat Initiative und ehemalige Hohe Vertreterin der Vereinten Nationen für Abrüstungsfragen;
Dr. Oliver Meier, Direktor für Politik und Forschung beim European Leadership Network (ELN);
Prof. Götz Neuneck, ehemaliger stellvertretender Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) an der Universität Hamburg und Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) sowie
Prof. Michael Stack, Professor für Internationale Beziehungen an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr.
Die deutschen Expert*innen trafen mit Kolleg*innen aus den folgenden chinesischen Thinktanks zusammen:
-Chinesische Institutes of Contemporary International Relations (CICIR)
-Grandview Institution
-China Arms Control and Disarmament Association (CACDA)
-Chinesische Volksvereinigung für Frieden und Abrüstung (CPAPD)
-Global Governance Institution (GGI)
-und der China Foreign Affairs University (CFAU).
Die Expert*innen beider Länder waren sich darin einig, dass wir derzeit Zeiten tiefgreifender internationaler Veränderungen und Unsicherheiten erleben. Bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz im November 2022 sprachen sich Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Kanzler Scholz gegen den Einsatz von Atomwaffen und ebenso gegen Drohungen mit Atomwaffen aus. Dieser bilaterale Konsens auf höchster Ebene hat letztendlich Fragen der harten Sicherheit wie den russischen Angriffskrieg, aber auch die Rüstungskontrolle als notwendige Bereiche des Dialogs und mögliche Bereiche der Zusammenarbeit in angespannten Zeiten hervorgehoben. Beide Länder erklärten, dass sie Nichtverbreitung und Abrüstung als globale Güter betrachten. Wie beim Klimaschutz und der globalen Entwicklungsagenda gibt es ein gemeinsames Interesse, Bedrohungen und Risiken für die Menschheit zu verringern und die regionale Stabilität durch internationale Zusammenarbeit zu stärken.
In diesen angespannten Zeiten bedarf es Stabilisatoren der internationalen Ordnungspolitik und konkrete Bereiche der Zusammenarbeit, um das Vertrauen wiederherzustellen. Vor diesem Hintergrund ist es von entscheidender Bedeutung, Kooperationsfelder zum Schutz globaler Güter weiterzuentwickeln und gemeinsame Interessen zu identifizieren, gegensätzliche Standpunkte zu diskutieren, Differenzen konstruktiv zu lösen und gemeinsam Eskalationsrisiken zu reduzieren. Rüstungskontrolle, so die Expert*innen, sei eines der zentralen und vielversprechendsten Themen in Bezug auf diese Zielsetzungen.
Nach Überzeugung von Professor Michael Staack hat der intensive und gehaltvolle Dialog gezeigt, welcher wichtige Stellenwert Expert*innengespräche gerade in Spannungszeiten zukomme: „Diese Dialoge können dazu beitragen, die wechselseitigen Zielsetzungen und Motive besser zu verstehen, können Vertrauen bilden und damit den Rahmen schaffen, auch schwierige Themen zu diskutieren. Sie können auch dazu dienen, offizielle Gespräche vorzubereiten oder substantieller zu gestalten. Der Dialog über Rüstungskontrolle ist ein Wert an sich. Ohne China, das Mitglied in nahezu allen multilateralen Rüstungskontrollabkommen ist, lässt sich Rüstungskontrolle nicht mehr erfolgreich gestalten. China bleibt an der Aufrechterhaltung der Rüstungskontrollvereinbarungen stark interessiert. Darin unterscheidet es sich grundlegend von Russland.“
Zum Programm der Delegation gehörten auch Gespräche an der Deutschen Botschaft und der Deutschen Handelskammer.
Zum Bericht der FES
Zum Bericht des CICIR
Zum Bericht des CPAPD
Zum Bericht der GGI
Zum Bericht der Grandview Institution
Workshop zu den Indopazifik-Strategien Deutschlands und Südkoreas in Bad Homburg
Am 5. Dezember 2023 hatten das Generalkonsulat der Republik Südkorea und das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) zum Workshop „Korean and German Approaches to the Indo-Pacific: Preserving Agency and Navigating Great-Power Competition“ nach Bad Homburg eingeladen. In zwei exzellent besetzten Panels ging es um die jeweiligen Strategien Südkoreas und Deutschlands in dieser gegenwärtig sowie absehbar wichtigsten und dynamischsten Weltregion. Welche Übereinstimmungen gibt es und welche Unterschiede? Wie kann das gegenseitige Verständnis und die bilaterale Partnerschaft vertieft, die Beziehungen und die Kooperation ausgebaut werden? Was können demokratische Middle Powers tun, um die internationale und regionale Ordnung in ihrem Sinne mitzugestalten und wie können die Folgen der sino-amerikanischen Rivalität abgemildert werden?
Im deutschen Panel nahm Dr. Dan Krause eine grundsätzliche Einordnung der deutschen Leitlinien für den Indo-Pazifik vor und bewertete die Möglichkeiten, Grenzen und drängendsten Aufgaben Deutschlands als Handelsstaat und als bedeutendes Mitgliedsland der Europäischen Union in der Region. Im Abschlusspanel zeigte er die deutlich gewordenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Strategien, das erhebliche bilaterale Kooperationspotenzial und mögliche Optionen der Umsetzung bzw. zur Erreichung der gemeinsamen Ziele auf. Einig waren sich alle, dass Südkorea und Deutschland ein erhebliches, bisher viel zu wenig genutztes Potenzial haben, um in vielen wichtigen und zukunftsweisenden Themenfelder erfolgreich und zum gegenseitigen Nutzen zusammenzuarbeiten. Von der Aufrechterhaltung einer multilateralen, regelbasierten internationalen Ordnung, über Handel, digitale, grüne und industrielle Technologien sowie Innovation, im Bildungsbereich und verstärkt auch im Bereich von (maritimer) Sicherheit, Verteidigung, Cyber und Konnektivität können beide Staaten viel einbringen, haben ähnliche Ökonomien, Bedürfnisse und teilen viele entscheidende Werte und Prinzipien. Klar wurde auch, dass insbesondere auf deutscher Seite viel zu wenig Wissen und Expertise in Bezug auf Südkorea und den Indopazifik bestehen und viel zu wenig dafür getan wird, diesen Zustand schnell und dauerhaft zu verbessern: Angesichts der erheblichen und fundamentalen Interessen, Abhängigkeiten und Ziele ein kaum nachvollziehbarer Zustand.
„Desaster am Hindukusch: Was lief falsch in Afghanistan?“
Am 27. November 2023 diskutierten der ehemalige Botschaftsrat der afghanischen Botschaft in Berlin, Abed Nadjib, und Dr. Dan Krause unter dieser thematischen Fragestellung in den Räumen der Hamburger Zentralbibliothek. Die Veranstaltung im Rahmen der „Kulturwochen Mittlerer Osten“ wurde vom Referat Mittlerer Osten der Nordkirche und der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg organisiert. Birgit Langhammer (NDR-Info) moderierte die Diskussion, die unter anderem die folgenden Fragen berührte: Warum sind die internationalen Staatsaufbaubemühungen und der ISAF-Einsatz in Afghanistan gescheitert? Welche grundlegenden Fehler wurden gemacht? Wer verantwortet das Desaster, wie wird es aufgearbeitet und was können bzw. müssen wir daraus lernen? Wie kann es in Afghanistan weitergehen? Fragen des interessierten Publikums rundeten den Abend ab und die Gespräche wurden auch nach Schluss der Veranstaltung noch fortgeführt.
Dan Krause: Südliche Demokratien und der Streit über die internationale Ordnung
„Südliche Demokratien und der Streit über die internationale Ordnung. Analyse der Positionen Indiens und Südafrikas zur Responsibility to Protect“ – unter diesem Titel liegt nun die mit Auszeichnung abgeschlossene Dissertationsschrift von Dr. Dan Krause als Monographie vor. Das Konzept der Schutzverantwortung (R2P), im Deutschen häufig mit „Schutzverantwortung“ übersetzt, formuliert eine Verantwortung der Staatengemeinschaft, Menschen vor schwersten Menschenrechtsverletzungen zu beschützen. Dabei geht es im Kern um eine Antwort auf das Spannungsfeld unterschiedlicher und teils gegensätzlicher Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen (VN), bestehender Völkerrechtsgrundsätze und politisch-verbindlicher Standards im Angesicht schwerster Menschenrechtsverletzungen, namentlich Genozid, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnischen Säuberungen.
Die Idee der R2P hat in erstaunlicher kurzer Zeit eine grundsätzliche Akzeptanz erfahren und 2005 Eingang in das Abschlussdokument des VN-Weltgipfels gefunden. Hierdurch entstand jedoch keine neue, völkerrechtlich bindende Praxis, sondern der Ausgangspunkt für einen globalen Konsensbildungsprozess zur Schutzverantwortung. Wesentliche Fragen, insbesondere hinsichtlich der Implementierung, Institutionalisierung und Operationalisierung der R2P sowie Kriterien für ihre Anwendung und Legitimitätsfragen sind dabei bewusst offengeblieben.
Die Debatte um das R2P-Konzept kann, so eine zentrale These Dan Krauses, als Teil einer grundsätzlichen Debatte um Normen und Spielregeln in einer sich stark verändernden, weniger westlichen und stärker von Akteuren insbesondere aus dem Globalen Süden geprägten Welt gesehen werden. Seine gut 450 Seiten umfassende Studie untersucht mit dem Ansatz der Außenpolitischen Kultur grundlegende Werte, Normen, Weltbilder und Bestimmungsfaktoren für Indiens und Südafrikas Einstellungen zu zentralen Prinzipien, Regeln und Normen der Schutzverantwortung. Da Letztere zugleich wesentliche Grundbausteine der internationalen Ordnung darstellen, sind die Haltungen wichtiger demokratischer Führungsmächte des Globalen Südens zu diesen von erheblicher Relevanz über das Themenfeld der Schutzverantwortung hinaus. Obwohl sie als pluralistische Demokratien über ähnliche politische und gesellschaftliche Attribute wie die klassischen westlichen Demokratien verfügen, vertreten sie in vielen Fragen globaler Ordnung und internationaler Politik substanziell andere Positionen, so auch zur Schutzverantwortung/R2P.
Ein Erhalt bzw. eine Weiterentwicklung einer regelbasierten Ordnung und mit ihr verbundener bzw. ihr zugrundeliegender Normen und Regeln wird, so die Auffassung von Dan Krause, zunehmend der Mitgestaltung der aufstrebenden Mächte bedürfen, unter denen Positionen von südlichen Demokratien wie Indien und Südafrika von größtem Interesse sind. Insofern leistet das Buch einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Positionsdifferenzen und zur Erklärung von Machtverschiebungen in einer sich verändernden internationalen Ordnung.
Zum Flyer.
„Security in East Asia“: Workshop an der Freien Universität Berlin
Die Entwicklung der Sicherheitskonstellation in Ostasien und insbesondere auf der koreanischen Halbinsel standen im Fokus des Workshops „Security in East Asia“ am 10. November 2023, an dem sich auch Professor Staack und Dr. Dan Krause aktiv beteiligten. Der Workshop war Bestandteil des 6. Berlin Forum on Korea (9.-10.11.2023), ausgerichtet vom Institut für Koreastudien an der FU Berlin mit dem Themenschwerpunkt „Cultural Diplomacy in East Asia“.
Professor Staack beim deutsch-chinesischen Dialogseminar
Vom 6. bis 10. November 2023 fand, diesmal an der Helmut-Schmidt-Universität, das 15. deutsch-chinesische Dialogseminar für Generale und Admirale statt. Erstmals seit 2019, unterbrochen von der Corona-Pandemie, debattierten Spitzenmilitärs beider Seiten über ein breites Spektrum außen- und sicherheitspolitischer Themen. Geleitet wurde die Veranstaltung von Generalinspekteur a.D. Wolfgang Schneiderhan, auf dessen Initiative hin das Dialogseminar vor knapp zwanzig Jahren eingerichtet worden war. Professor Michael Staack sprach über das Thema: „Ist Kooperative Sicherheit im Indo-Pazifik noch möglich?“. Im Anschluss fand ein intensiver und konstruktiver Meinungsaustausch statt.
Rüstungskontrolle mit China: Michael Staack und Oliver Meier bei EU und NATO in Brüssel
Die Gestaltung der Beziehungen zu China steht bei der Europäischen Union, aber auch bei der NATO auf einem vorderen Platz der Agenda. Angesichts von Spannungen in vielen Bereichen nimmt die Bedeutung von solchen Politikbereichen zu, in denen ein konstruktiver Dialog möglich erscheint. Vor diesem Hintergrund absolvierten Dr. Oliver Meier (Forschungsdirektor European Leadership Network) und Professor Michael Staack am 9. und 10. Oktober 2023 gemeinsam mit Stefan Pantekoek (China Desk der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin) und Sidonie Wetzig (FES Büro Brüssel) ein dicht getaktetes Besuchsprogramm in Brüssel, um die im Auftrag der FES entstandene wissenschaftliche Studie „Chinas Rolle in der multilateralen Rüstungskontrolle“ vorzustellen. In den Vorträgen und Diskussionen gingen die beiden Autoren auch auf aktuelle rüstungskontroll- und sicherheitspolitische Entwicklungen seit der Veröffentlichung der Studie im Sommer 2022 ein.
Bei den Gesprächspartner*innen stieß die Analyse durchweg auf großes Interesse und überwiegend auch auf Zustimmung, insbesondere für das Konzept der beiden Autoren, mit einem substanziellen Dialog auf Expert*innenebene zu beginnen. Auf Einladung der Deutschen NATO-Vertretung stellten Oliver Meier und Michael Staack ihre Überlegungen bei einem Roundtable im NATO-Hauptquartier zur Diskussion, dem sich ein Gespräch mit dem deutschen NATO-Botschafter Géza von Geyr anschloss. Repräsentanten der Denkfabrik der Kommissionspräsidentin (IDEA), des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) und Mitglieder des Europäischen Parlaments gehörten zu den Gesprächspartner*innen bei der Europäischen Union. Außerdem fand ein weiterer Roundtable mit Vertreter*innen wissenschaftlicher Think Tanks statt.
Diskutiert wurde sowohl über verschiedene Rüstungskontrollthemen als auch über die Erfolgschancen und Rahmenbedingungen für einen erfolgversprechenden Dialog mit China. Rüstungskontrolle mit China bleibe auf der Tagesordnung und geeignete Strategien dafür dringend nötig, so die allgemeine Einschätzung. Ein Follow-up ist geplant. Das Programm wurde abgerundet durch einen Besuch der chinesischen EU-Botschaft mit einem Austausch zu Fragen globaler und europäischer Sicherheitspolitik.
International Academic Workshop in Dakar (Senegal):
“Peace, Development and Cooperation in West Africa – (new) challenges and directions in turbulent times”
Militärcoups in Burkina Faso, Guinea, Mali und im Sommer 2023 auch in Niger; das Streben einiger Präsidenten nach verfassungswidrigen dritten Amtszeiten bei Unterdrückung der Opposition, der Herauswurf Frankreichs und seines neokolonialen Francafrique-Systems aus mehreren Staaten, das Scheitern der Militärmissionen MINUSMA und EUTM Mali, dazu die Auswirkungen der Covid 19-Pandemie und des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine – innerhalb weniger Jahre haben alle diese Entwicklungen zusammen die Region Westafrika ernsthaft beeinträchtigt und zugleich die Handlungsfähigkeit der Regionalorganisation ECOWAS destabilisiert. Vor diesem Hintergrund veranstalteten die Professur für Internationale Beziehungen der HSU und das Institut für Theologie und Frieden (mit seinem Direktor, Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven) ihren 6. Internationalen Workshop zur deutschen Westafrika-Politik; diesmal in ausgezeichneter Zusammenarbeit mit dem Centre Paix et Sécurité Subsaharienne der Friedrich-Ebert-Stiftung in Dakar mit dessen Leiter Philipp Goldberg und seinem engagierten Team. Federführend in der Vorbereitung waren Remy Diousse (FES) und Paul Sedzro (HSU).
Die gemeinsame Workshop-Reihe begann im Jahr 2018 und fand bisher, in wechselnder Zusammensetzung, viermal in Berlin und zweimal in Dakar statt. Wesentlichstes Ziel der Veranstaltungen ist es, die deutsche Westafrika-Politik im Austausch mit Expert*innen aus dieser Region wissenschaftlich zu begleiten. An diesem Workshop nahmen Expert*innen aus Burkina Faso, Mali, Niger, Senegal und Deutschland teil. Für die deutschen Expert*innen kam es diesmal noch stärker darauf an, den präzisen Analysen der westafrikanischen Kolleg*innen zuzuhören und diese gemeinsam zu reflektieren. Intensiv und strukturiert konnten so zentrale Themen der regionalen Entwicklung in sechs thematischen Panels debattiert werden.
Zentrale Ergebnisse des Workshops sind: (1) Eine Überwindung der Differenzen in der ECOWAS wird für möglich oder sogar wahrscheinlich gehalten. Die westafrikanische Regionalorganisation sollte daher in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt werden. (2) „Sahel G5“, vor allem von Frankreich als Konkurrenzorganisation promoviert, ist faktisch tot. Weitere Investitionen für die Sahel G5 von Seiten der EU oder Deutschlands verbieten sich daher. (3) Deutschland und die EU müssen ihre Westafrika-Politik gründlich überprüfen und unter Berücksichtigung auch der Zivilgesellschaften neu justieren. Beider Reputation ist durch Entwicklungen der letzten Jahre beschädigt; beide werden aber nach wie vor als Kooperationspartner gewollt und geschätzt. (4) Deutschland und die EU sind gut beraten, nicht weiter eine Politik „doppelter Standards“ zuzulassen. Verfassungsputsche mit pseudolegalen dritten Amtszeiten sind genauso zu verurteilen wie Militärcoups. (5) Das Engagement der Bundeswehr in Mali und Niger ist gescheitert. Mehr wirtschaftliche und Entwicklungszusammenarbeit sollten künftig wichtiger sein als die Entsendung von Soldat*innen – mit der Ausnahme der Ausbildungshilfe.
Der deutsche Verteidigungsattaché, Oberstleutnant Jörg Ludwig, begrüßte alle Workshop-Teilnehmer*innen zu einem abendlichen Empfang. Einige westafrikanische Teilnehmer diskutierten nach dem Workshop mit dem Politischen Direktor des BMVg, Botschafter Dr. Jasper Wieck, der am 2. Oktober 2023 Dakar besuchte. Schon zuvor hatte der deutsche Botschafter, Sönke Siemon, mit Professor Staack über die aktuellen Entwicklungen gesprochen. Am Tag vor dem Workshop besuchten die Teilnehmer*innen die Ile de Gorée, ein Weltkulturerbe. Von dieser vor Dakar gelegenen Insel aus waren Hunderttausende von versklavten Westafrikaner*innen unter den menschenunwürdigsten Bedingungen nach Amerika verschifft worden.
Zum Programm des Workshops Englisch/Französisch
Dr. Dan Krause beim Eco Peace Forum 2023 in Südkorea
Vom 19. bis 22. September 2023 fand in der südkoreanischen Provinz Gyeonggi-do, rund um Seoul sowie zwischen der Hauptstadt und der Demilitarisierten Zone (DMZ), das internationale „Eco Peace Forum“ im Rahmen des „DMZ Open Festivals 2023“ statt.
Unter dem diesjährigen Motto „Erweiterter und umfassender Frieden“ hatten die Provinzregierung und südkoreanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum 70. Jahrestag des Waffenstillstandes internationale Gäste dazu eingeladen, über die DMZ als Grenz- und Sperrzone, ökologisches Schutzgebiet von Weltrang und potenziellen Ausgangspunkt für nachhaltigen Frieden und Wohlstand auf der Koreanischen Halbinsel und darüber hinaus nachzudenken. Zahlreiche internationale Expertinnen und Experten waren der Einladung gefolgt und bestritten mit den Gastgebern ein viertägiges Programm mit Besuchen eines Dorfes in der DMZ, Ausstellungen, künstlerischen Performances, Workshops und jeder Menge wissenschaftlichem Austausch sowie anregenden Panels und Diskussionen zu den Themen Ökologie, Entwicklung, internationale Ordnung und Frieden.
Dr. Dan Krause trug im Rahmen der ersten Peace Session unter dem Motto „Frieden und nachhaltige Entwicklung“ zu „Peace Concepts and the Global South: Asian and African Perspectives“ vor und diskutierte anschließend mit den anderen Panelisten. Teile der Ideen, Vorträge, Ergebnisse und Diskussionen werden im kommenden Jahr in einer Ausgabe der Fachzeitschrift „Korea Europe Review“ veröffentlicht.
Paul Sedzro: „Nigeria – die regionale Führungsmacht in Westafrika“
Nigeria ist einer der einflussreichsten Akteure in Afrika. Das Land agiert als wichtiger Player in den internationalen Beziehungen und tritt als Führungsmacht in der Westafrikanischen Politik- und Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS auf. Paul Sedzro befasst sich in seiner Analyse, erschienen als Band 77 der von Prof. Staack herausgegebenen Reihe WIFIS Aktuell, mit dem Politischen System Nigerias und den Grundzügen seiner Außen- und Sicherheitspolitik. Darauf aufbauend, diskutiert er die „hegemoniale Stellung“ des „Giant of Africa“ in der Region Westafrika, die (problematischen) Auswirkungen nigerianischer Innenpolitik auf die Leistungsfähigkeit der ECOWAS bei Krisen- und Konfliktbewältigung und ordnet die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl 2023 in diesen Kontext ein. Vom neuen Präsidenten Tinubu, so seine Prognose, sei eine aktivere Außenpolitik zu erwarten. Deutschland sei gut beraten, so Paul Sedzros Fazit, Nigeria bei der Bewältigung seiner innenpolitischen Herausforderungen zu unterstützen, damit die regionale Eigenverantwortung gestärkt werden könne: „Um stark zu sein, braucht die ECOWAS ein starkes und stabiles Nigeria als regionale Führungsmacht.“
„Second Europe Korea Peace Forum” am 3. und 4. Juli 2023 in Berlin
Die Konstellation und Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel stand im Mittelpunkt des zum zweiten Mal stattfindenden „Europe Korea Peace Forum“, ausgerichtet am 3. und 4. Juli 2023 vom Institut für Koreastudien der Freien Universität Berlin und vom Sejong Institute in Seoul. In mehreren Panels diskutierten Korea- und Ostasien-Expert*innen aus zahlreichen Ländern Europas und aus der Republik Korea über das aktuelle Verhältnis von Süd- und Nordkorea, die neue Politik der seit 2022 amtierenden südkoreanischen Regierung und die Rahmenbedingungen für diesen Konflikt in regionaler und globaler Perspektive. Besondere Bedeutung kam dem Umgang mit der Konfrontation USA-China, der sicherheitspolitischen Entwicklung in der Großregion Indo-Pazifik und dem Einfluss des Russland-Ukraine-Krieges auf diese Region zu. Sehr kritisch hinterfragt wurden problematische Narrative wie „Autokratie versus Demokratie“.
Professor Michael Staack beteiligte sich mit einem Beitrag am Panel 2: „Seeking Peaceful Coexistence through Conflict Resolution: Historical Lessons from Europe´s Experience”. Dabei analysierte er anhand von Dokumenten aus den 1970er Jahren das Bemühen der Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion, ihrer Macht-, System- und Rüstungskonkurrenz durch Vereinbarung von Grundsätzen und Verfahren einen konfliktkanalisierenden Rahmen zu geben. Die entsprechenden historischen Erfahrungen seien im institutionellen Gedächtnis außenpolitischer Entscheidungsträger*innen heute entweder kaum oder gar nicht präsent, obwohl ihre Kenntnis außerordentlich nützlich sei für ein derzeit nicht stattfindendes Management der von den USA unter Trump ausgerufenen „Großmächtekonkurrenz“. Paradigmatisch verwies er auf die wechselseitige Respektierung von grundlegenden oder Kerninteressen und Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle im Sinne einer „kooperativen Rüstungssteuerung“. Nur durch eine Zügelung der Großmächtespannungen, so Michael Staack, könnten gefährliche Eskalationen verhindert werden. Dieses Ziel liege im informierten strategischen Interesse sowohl Südkoreas als auch der Europäischen Union.
Professor Staack: Vortrag bei der Deutschen Friedensgesellschaft
Im Rahmen einer Programm- und Perspektivtagung der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) in Kassel sprach Professor Michael Staack am 1. Juli 2023 über das Thema „Internationale Politik in Zeiten fundamentaler Herausforderungen und geopolitischer Umbrüche“. Dem Vortrag schloss sich eine intensive Diskussion über Strategien der Friedenssicherung angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, der Großmächtekonkurrenz zwischen den USA und China sowie der deutschen „Zeitenwende“ in ihrem europäischen und globalen Kontext an.
Europäische Sicherheitsordnung: WIFIS-Jahreskonferenz in Wien
Am 21. und 22. September 2023 findet die Jahreskonferenz des von Professor Staack geleiteten Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS) in Wien statt. Im Fokus stehen diesmal zwei mögliche Stabilisatoren europäischer und internationaler Ordnungspolitik im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine: Rüstungskontrolle und die Rolle von Regionalorganisationen. Ebenfalls debattiert wird die Perspektive neutraler Staaten am Beispiel Österreichs und der Blick Afrikas auf den Krieg.
Zum Programm und zur Anmeldung
Handlungssicherheit in Forschungskooperationen mit China
Deutschland und die Volksrepublik China verbindet eine lange Tradition der wissenschaftlichen Kooperation. Diese Kooperation steht jedoch zunehmend auf dem Prüfstand. Denn angesichts der geopolitischen Spannungen wird die dynamische Entwicklung der chinesischen Wissenschaft in Deutschland immer häufiger als Bedrohung wahrgenommen. Im Spannungsfeld zwischen Kooperation, Wettbewerb und systemischer Rivalität stellt die Bewertung der Vorteile und Risiken der Forschungskooperation mit China Wissenschaftsorganisationen und Forschende vor ernsthafte Herausforderungen. Um die Handlungssicherheit der Wissenschaft zu stärken, ist die Formulierung handlungsleitender Grundsätze zwar ein wichtiger Anfang. Für die Umsetzung der Leitlinien bedarf es aber einer Konkretisierung der strategischen Ziele in zentralen Handlungsfeldern. Zu den wichtigen Fragen, die beantwortet werden müssen, gehören u.a. die Positionierung der Außenwissenschaftspolitik, speziell im Umgang mit Ländern wie China, die Behandlung von Dual-Use-Problemen außerhalb der exportkontrollrechtlich unstrittigen Bereiche,
die Definition von Technologiesouveränität sowie die Organisation von China-Kompetenz für die natur- und technikwissenschaftliche Forschung.
Mit diesen Fragen befasste sich am 22. Mai 2023 eine vom Deutschen Elektronen Synchroton (DESY) und vom German Institute for Global and Area Studies (GIGA) organisierte Konferenz in Berlin. Die Konferenz brachte relevante Stakeholder aus Wissenschaft, Wissenschaftsadministration, Think Tanks, Stiftungen und Behörden zusammen, um diese und weitere Fragen und Bedarfe zu diskutieren und den Austausch zwischen den Stakeholdern zu fördern.
Professor Staack diskutierte auf dem Panel „Handlungsfeld Dual Use“ und dem Thematic Table „Geopolitik und Wissenschaftskooperation“.
Kooperative Sicherheit in Ostasien: Gespräch mit Delegation aus den Philippinen
Der Blick der philippinischen Regierung auf die Region Ostasien und entsprechende Perzeptionen aus Deutschland waren Gegenstand eines Gesprächs von Professor Michael Staack mit einer hochrangigen Delegation des Verteidigungsministeriums der Philippinen unter Leitung von Staatssekretär Ignacio Madriaga am 10. Mai 2023 in Hamburg. Diskutiert wurde auch über Möglichkeiten von Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung mit China und die Auswirkungen der von den USA ausgerufenen „Großmächtekonkurrenz“ auf die ASEAN-Staaten. Die Gruppe absolvierte ein dichtes Programm in Berlin, Hamburg und Brüssel und war auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung nach Deutschland gekommen.
Rüstungskontrolle mit China: Diskussionen am Sitz der Vereinten Nationen in Genf
Am 8. und 9. Mai 2023 besuchten Oliver Meier und Michael Staack den VN-Standort Genf, um ihre Studie zur Rolle Chinas in der multilateralen Rüstungskontrolle vorzustellen und zu diskutieren. Der europäische VN-Sitz stellt ein Zentrum der multilateralen Abrüstungsdiplomatie dar; u.a. mit der im früheren Völkerbundpalast tagenden, permanenten Conference on Disarmament (CD) der Weltorganisation. Den Auftakt bildete eine gut besuchte Veranstaltung des Geneva Centre for Security Policy (GCSP) gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung im Rahmen der „Geneva Security Debate“. Aus Princeton in den USA zugeschaltet war auch Dr. Tong Zhao (Carnegie Endowment for International Peace), einer der namhaftesten Rüstungskontrollexperten Chinas. Eingeleitet wurde die Debatte von Botschafter Thomas Greminger, Direktor des GCSP und früherer Generalsekretär der OSZE, der die unverzichtbare Bedeutung von Rüstungskontrolle für die internationale Ordnung betonte. Die Rolle von Rüstungskontrolle in einer multipolaren Welt, die Großmächtekonkurrenz USA-China-Russland, Chinas Positionierung zur Rüstungskontrolle und erfolgversprechende Ansatzpunkte für entsprechende Dialoge standen im Mittelpunkt der von Dr. Linda Madoz (GCSP) moderierten Debatte vor einem internationalen Publikum.
Zum Mitschnitt der Geneva Security Debatte auf Youtube
Über das Thema „Rüstungskontrolle mit China“ sprachen Oliver Meier und Michael Staack auch mit den Botschaftern Deutschlands und der USA bei der Abrüstungskonferenz der Vereinten Nationen, Thomas Göbel und Bruce Turner, sowie Professor Robin Geiss, Direktor des United Nations Institute for Disarmament Research (UNIDIR).
Gespräch mit der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz
„Die weltpolitischen Ambitionen Chinas und die kulturellen Hintergründe“ war das Thema des Vortrags von Professor Michael Staack bei der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz am 4. Mai 2023 in Berlin. Diskutiert wurden Chinas weltpolitische Zielsetzungen, Begründungsmuster in der außenpolitischen Kultur und in der Ideologie sowie Auswirkungen auf die Entwicklung der heutigen Weltordnung.
Diskussion mit Falko Droßmann MdB über Außen- und Sicherheitspolitik
Am 3. Mai 2023 war Falko Droßmann, für die SPD direkt gewählter Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Hamburg-Mitte, zu Gast an der HSU. Auf Einladung von Professor Michael Staack sprach Droßmann, der dem Verteidigungsausschuss, dem Auswärtigen Ausschuss und dem Unterausschuss für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung des Bundestages angehört, zum Thema „Welche Impulse kann Deutschland in der Rüstungskontrolle setzen?“. Nach dem Vortrag entwickelte sich eine inhaltlich breitgefächerte Debatte über die Umsetzung der „Zeitenwende“ in Bundeswehr und Verteidigungsministerium, zum geplanten Rüstungsexportgesetz, über die nukleare Teilhabe, über Schritte zum Aufbau einer europäischen Verteidigung und über das Entstehen einer multipolaren Weltordnung und die Konsequenzen für Deutschland. Oberstleutnant Droßmann ist, mit einem Magister in Geschichte, Absolvent der HSU und war bis 2016 stellvertretender Leiter des Studierendenbereichs.
Außenpolitischer Expert*innendialog in China
Gemeinsam mit Dr. Nadine Godehardt, Wissenschaftlerin an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, besuchte Professor Michael Staack vom 18. bis 22. April 2023 die chinesische Hauptstadt Beijing zu Expert*innengesprächen über Fragen der internationalen Ordnungs- und Sicherheitspolitik. Der Besuch erfolgte auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Deren Repräsentant in Beijing, Sergio Grassi, nahm ebenfalls an den Gesprächen teil und bereitete das intensive Programm vor. Zu den Diskussionsthemen gehörten Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, Deutschlands „Zeitenwende“-Politik und die „Globale Sicherheitsinitiative“ Chinas, die China-Strategien der Bundesregierung und der EU sowie aktuelle Herausforderungen der Rüstungskontrollpolitik. Gesprächspartner*innen der deutschen Gruppe waren Vertreter*innen namhafter Denkfabriken und Universitäten. Auf chinesischer Seite wurde durchgängig das große Interesse an einer Vertiefung der Beziehungen mit Deutschland und der EU deutlich. Bei allen wichtigen Fragen internationaler Ordnungspolitik, so die Einschätzung von Michael Staack, sei eine Beteiligung Chinas unverzichtbar. Gerade strittige Themen dürften im Dialog nicht ausgeklammert werden. Persönlicher Austausch auf allen Ebenen sei notwendig, um wechselseitige Fehlperzeptionen vermeiden zu können.
Beim Besuch von Nadine Godehardt und Michael Staack handelte es sich um die erste Reise deutscher Außenpolitik-Expert*innen aus der Wissenschaft nach China seit Ende 2019.
Zu den Berichten auf der Homepage der Friedrich-Ebert-Stiftung:
Review of the Research Report „Global Security Initiative“ and „Zeitenwende“
Sicherheitspolitik in Zeiten geopolitischer Umbrüche: Vortrag an der BAKS
„Sicherheitspolitik in Zeiten geopolitischer Umbrüche: Akteure, Interessen, Strategien“ war das Thema des Vortrags, mit dem Professor Michael Staack die außen- und sicherheitspolitische Vorbereitungstagung der 2023 ausreisenden deutschen Verteidigungsattachés am 17. April 2023 an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) eröffnete. Eine Analyse der geopolitischen Rahmenbedingungen, der Interessenlagen bzw. Strategien vor allem der drei großen Mächte USA, China und Russland sowie Schlussfolgerungen für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik standen im Mittelpunkt des Vortrags, dem sich eine intensive Diskussion anschloss.
Studienbuch „Einführung in die Internationale Politik“ in 6. Auflage!
Das Studienbuch „Einführung in die Internationale Politik“ ist Ende März 2023 in 6., vollständig überarbeiteter Auflage erschienen. 20 Autorinnen und Autoren bieten in 17 Kapiteln auf gut 580 Seiten einen Einstieg in zentrale Themen, Fragestellungen und Kontroversen der Internationalen Beziehungen. Gegliedert in die drei Abschnitte „Internationale Beziehungen in einer Zeit der Umbrüche“, „Zentrale Akteure“ sowie „Konflikte, Konfliktregelung und globale Ordnungsprobleme“, werden u.a. die Theorien der Internationalen Beziehungen vorgestellt und deren aktuelle Relevanz behandelt (Gert Krell), der „State of the Art“ zu „Krieg“ und „Frieden“ präsentiert (Sven Chojnacki und Ines-Jacqueline Werkner), zentrale Ordnungsprobleme wie Klima (Angela Oels/Florian Steig) oder Rüstungskontrolle (Ulrich Kühn) behandelt; zudem die Außenpolitik wichtiger Nationalstaaten. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erfolgte eine nochmalige Überarbeitung des bereits weitgehend fertiggestellten Buches. Das politikwissenschaftliche Standardwerk wurde in den 1980er Jahren von Manfred Knapp und Gert Krell begründet und wird seit der 5. Auflage von Michael Staack herausgegeben.
Das Studienbuch als E-Book in der Bibliothek der HSU
Forschungsbasierter Dialog zwischen deutschen und chinesischen Thinktanks zu Chinas globaler Sicherheitsinitiative und Deutschlands Zeitenwende
Die Friedrich Ebert Stiftung Beijing und die Grandview Institution veranstalteten am 21. Februar 2023 gemeinsam ein Webinar mit deutschen und chinesischen Thinktanks, um ein gemeinsames Forschungsprojekt zu Chinas globaler Sicherheitsinitiative und Deutschlands Zeitenwende zu bereichern.
Experten aus China und Deutschland – wie Prof. Michael Staack, Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr; Prof. Götz Neuneck, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH), Nadine Godehardt und Angela Stanzel – beide Deutsches Institut für Internationale und Sicherheitspolitik (SWP) tauschten sich mit Prof. Cui Hongjian, China Institute of International Studies (CIIS); Ouyang Wei, Akademisches Komitee von Grandview und ehemaliger Professor des Nationalen Sicherheitslabors der National Defense University; Direktor Zhao Chen und Prof. He Zhigao – beide Chinese Academy of Social Science (CASS) aus.
Expert*innen aus beiden Ländern waren sich einig, dass ein Gedankenaustausch über die Entwicklung konstruktiver chinesisch-deutscher und chinesisch-europäischer Beziehungen in einer Zeit dringend erforderlich ist, in der sich die internationale Landschaft dynamisch entwickelt und die globale Governance vor beispiellosen Herausforderungen steht.
Chinas Selbstverständnis und die Sicherheitskonstellation in Ostasien
Unter dem Titel „Chinas Selbstverständnis und die Sicherheitskonstellation in Ostasien. Gibt es (noch) eine Chance für kooperative Sicherheit?“ befasst sich Michael Staack mit den politischen Folgen des Wiederaufstiegs Chinas zu einer Großmacht in der Region Ostasien. Dabei werden sowohl politische und sicherheitspolitische als auch ökonomische Entwicklungen einbezogen. In Thesenform zugespitzt, befasst sich die als Band 72 der Reihe WIFIS Aktuell publizierte Studie mit Chinas Selbstverständnis, den Konflikten im Südchinesischen Meer und um Taiwan, Chinas Perzeption in der Welt und den Auswirkungen der sino-amerikanischen Macht-, System- und Militärkonkurrenz für die regionale Sicherheit. Aus dieser Analyse werden elf Empfehlungen für die deutsche und europäische Politik abgeleitet.
Neue Ausgabe der Friedens-Warte: Rüstungskontrolle und Neue Technologien
Analysen zu verschiedenen Rüstungskontrollthemen werden im Heft 3-4 (2022) der „Friedens-Warte“ behandelt. Das 160 Seiten starke Heft entstand in interdisziplinärer Kooperation von Technik-, Rechts- und Sozialwissenschaftler*innen. Die Aufsätze befassen sich unter anderem mit der „Militarization of Space“, „(Weaponized) Artificial Intelligence“ und „Quantum Technologies“.
„Engaging China in Multilateral Arms Control“: Beitrag in „Arms Control Today“
Dr. Oliver Meier vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) und Prof. Dr. Michael Staack unterbreiten in der Dezember-Ausgabe der US-amerikanischen Fachzeitschrift „Arms Control Today“ Vorschläge für einen Rüstungskontrolldialog mit China. Rüstungskontrolle als Element internationaler Ordnungspolitik, so die beiden Autoren, sei ein Wert an sich und könne in der gegenwärtigen volatilen Konstellation der Weltpolitik als möglicher Stabilisator wirken.
Austausch über Indo-Pazifik und Europa: Diskussionsveranstaltung des Generalkonsulats der Republik Korea und der Helmut-Schmidt-Universität
Nicht erst seit dem russischen Überfall auf die Ukraine beobachtet die Regierung in Seoul die internationalen sicherheitspolitischen Entwicklungen genau. Besondere Sorge bereitet den Südkoreanern schon seit Langem Nordkoreas aggressive Nuklearwaffen-Politik, aber auch die chinesisch-russische Sicherheitskooperation. Diese sicherheitspolitische Gemengelage wirft Fragen auf, speziell auch an Deutschland gerichtet: Wird es einen neuen Kalten Krieg geben? Wie können sich Südkorea und Deutschland auf die gestiegenen sicherheitspolitischen Anforderungen in Europa und dem Indo-Pazifik besser vorbereiten? Wo werden die Schwerpunkte liegen und welche Entwicklungspotenziale bieten sich für die bilaterale Sicherheitskooperation?
Darüber diskutierten Wissenschaftler*innen u.a. des Hamburger GIGA-Instituts und des IFSH mit südkoreanischen Diplomat:innen am 28. November in Hamburg. Zu der Veranstaltung eingeladen hatten das Generalkonsulat der Republik Korea und die Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr (Prof. Dr. Michael Staack). Professor Staack befasste sich in seinem Beitrag vor allem mit den künftigen Herausforderungen für deutsche Sicherheitspolitik in Europa und den Optionen für eine stärkere Rolle Deutschlands und für kooperative Sicherheit in Ostasien.
Professor Staack als Präses des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit wiedergewählt
Prof. Dr. Michael Staack wurde am 24. November 2022 für weitere zwei Jahre als Präses des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS) wiedergewählt. Sein Stellvertreter bleibt Hofrat Dr. Gunther Hauser (Landesverteidigungsakademie Wien). Dem Vorstand gehören außerdem an: Joana Caripidis (Hertie School of Governance), Dan Krause (Helmut-Schmidt-Universität), Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb und Paul Sedzro (Helmut-Schmidt-Universität).
WIFIS hat als eingetragener Verein den satzungsgemäß festgelegten Zweck, wissenschaftliche Studien zur Sicherheitspolitik zu fördern und zum Dialog zwischen Wissenschaft und Streitkräften beizutragen. Es wird aus dem Bundeshaushalt institutionell gefördert. Im Rahmen der beiden WIFIS Publikationsreihen wurden bisher etwa 100 Studien zu unterschiedlichsten Themen vorgelegt.
Neues WIFIS Aktuell: „Die Konstruktion des weiblichen Geschlechts – eine Legitimationsgrundlage für militärisches Handeln der Bundeswehr?“
Der Schutz von Mädchen- und Frauenrechten in Afghanistan erschien gerade in Deutschland als ein wichtiges rechtfertigendes Narrativ für den zwanzigjährigen Einsatz der Bundeswehr. Ina Wolff, Studierende im Masterstudiengang Internationale Beziehungen der HSU, beschäftigt sich in ihrer Studie mit stereotypischen Rollenzuschreibungen, die afghanischen Frauen von Seiten des Deutschen Bundestages während des Afghanistan-Einsatzes (2001-2021) zugeordnet wurden. Sie geht unter Zugrundelegung einer feministischen Perspektive der Frage nach, inwiefern diese Stereotype afghanischer Frauen ein Kontinuum im Diskurs der Mandatierungen während des Einsatzzeitraums darstellten, oder lediglich zur Legitimation des militärischen Handelns bemüht wurden. Die Untersuchung, erschienen als Band 74 der Reihe WIFIS Aktuell, basiert auf einer umfassenden Auswertung der Plenarprotokolle aller Bundestagsdebatten von 2001 bis 2021.
Zur Kanzlerreise nach Beijing: „Ohne geht nicht“
Mit Bundeskanzler Scholz besucht am 4. November 2022 erstmals seit 2019 ein westlicher Regierungschef die Volksrepublik China. In einem Beitrag für die Online-Zeitschrift „Internationale Politik und Gesellschaft“ (3.11.2022) plädieren Oliver Meier und Michael Staack für den Einstieg in einen Dialog über Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung.
Reportage auf Pro 7: „Waffen für den Frieden? Deutschland rüstet auf“
Im Rahmen einer 90minütigen Primetime-Reportage befasst sich das Team um Thilo Mischke mit den Folgen der „Zeitenwende“. Als Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine rüstet Europa auf. „Auch Deutschland will die lange versäumte Modernisierung der Bundeswehr im Eiltempo nachholen. Ein klarer Gewinner dieser Entwicklung ist die Rüstungsindustrie. Aber sorgen mehr Waffen wirklich für mehr Frieden?“, so die Vorankündigung der am 31. Oktober 2022 erstmals ausgestrahlten Sendung. Und gibt es einen Ausweg aus der Aufrüstungsspirale? Um darauf Antworten zu finden, reist Reporter Thilo Mischke u.a. in die Ukraine und taucht auch ein in die Welt der Rüstungsindustrie, die geprägt ist von vollkommen neuen Arten der Kriegsführung. Professor Michael Staack nimmt Stellung zur Abschreckung als Friedensstrategie, zum Sondervermögen Bundeswehr und der ausstehenden Reform des Bundeswehr-Beschaffungswesens und zur Entwicklung des Russland-Ukraine-Krieges.
Zur Sendung in der Pro 7-Mediathek
„Kuba-Krise in Zeitlupe“: Vereinigung Deutscher Wissenschaftler zum Russland-Ukraine-Krieg
In einer Stellungnahme warnt die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, dass die Welt vor dem Risiko eines Atomwaffeneinsatzes stehe, das mit der Kuba-Krise im Jahr 1962 durchaus vergleichbar sei. In der Kuba-Krise konnte die nukleare Katastrophe durch eine Kombination von öffentlich kommunizierter Standfestigkeit auf der einen Seite, der Nutzung persönlicher Gesprächskanäle bei gleichzeitig signalisierter Verhandlungsbereitschaft der Parteien auf der anderen abgewendet werden. Auch heute sei beides notwendig. Die VDW fordert den Aufbau bzw. Verstärkung der Krisenkommunikation zwischen den USA und Russland, die Verstärkung diplomatischer Bemühungen für eine Beendigung des Krieges unter Einbindung der Ukraine sowie eine zügige Wiederaufnahme der amerikanisch-russischen Gespräche über Strategische Stabilität und Rüstungskontrolle. Ziel müsse es sein, einen Atomwaffeneinsatz auszuschließen.
Die Stellungnahme wurde von der Studiengruppe Europäische Sicherheit und Frieden der VDW erarbeitet und am 26. Oktober 2022 veröffentlicht sowie unter anderem in der „Berliner Zeitung“ und „Cicero“ dokumentiert. Zur Studiengruppe gehört auch Professor Staack.
Fünfter Internationaler Workshop Deutsche Westafrika-Politik diskutiert über ECOWAS und Mali
Unter dem Titel: „ECOWAS in der Krise“ fand am 15. Oktober 2022 im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Berlin der fünfte Internationale Workshop im Rahmen der Workshopreihe Deutsche Westafrika-Politik statt. Organisiert wurde der diesjährige Workshop gemeinsam vom Wissenschaftlichen Forum für Internationale Sicherheit (WIFIS) e.V. und der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Staack wurden in zwei Panels die aktuellen Krisen, die die ECOWAS und den Sahel erschüttern sowie Lösungsansätze diskutiert: Für das Panel I mit dem Thema: „ECOWAS in der Krise“ waren Prof. Dr. Kokou Hetcheli von der Universität Lomé und Paul Sedzro von der HSU die Referenten. Die Referent*innen für das Panel 2 zum Thema: „Externe Akteure und Konfliktbewältigung in Mali“ waren Torsten Konopka von der Universität Potsdam und Sonja Nietz von der HSU.
WIFIS Jahrestagung mit „Fokus Westafrika/Sahel“
Die Jahrestagung 2022 des von Professor Michael Staack geleiteten Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS) befasste sich am 13. und 14. Oktober 2022 im Berliner Dietrich-Bonhoeffer-Haus in lebhaften, kontroversen Debatten mit Westafrika. Nach langer Vernachlässigung rückte diese Region im zurückliegenden Jahrzehnt wieder stärker in den politischen, wirtschaftlichen und medialen Fokus Europas. Es entstanden neue Chancen und Potenziale der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ebenso wie Maßnahmen, um sich gegen Migration aus dieser Nachbarregion immer wirkungsvoller abzuschotten. Von einem „Dialog auf Augenhöhe“ kann so wenig die Rede sein wie von einer tatsächlichen Ausrichtung der Europäischen Union an „afrikanischen Lösungen für afrikanische Probleme“. Das wird in den zunehmend selbstbewussteren und aktiven Zivilgesellschaften Westafrikas zur Kenntnis genommen.
In den letzten Jahren haben sich auch krisenhafte Entwicklungen in Westafrika verstärkt. Die Covid 19-Pandemie hat vor allem die wirtschaftliche Entwicklung in der Region beeinträchtigt. Einige Präsidenten streb(t)en verfassungswidrig nach dritten Amtszeiten. In Mali, Guinea und Burkina Faso fanden Militärcoups statt; dadurch wurde auch die Zusammenarbeit in der generell gut funktionierenden Regionalorganisation ECOWAS beeinträchtigt. Die schlechte sozioökonomische Entwicklung vor allem in den Sahel-Ländern begünstigt islamistische Gewaltakteure bei ihren Rekrutierungsbemühungen und droht, auf die Küstenländer überzugreifen. Strukturelle Rahmenbedingungen wie Klimawandel, postkoloniale schwache Staatlichkeit, externe Entwicklungsblockaden zum Beispiel durch die Handelspolitik der Europäischen Union und eine zunehmend problematische Einflusszonenpolitik Frankreichs („Francafrique“) kommen erschwerend hinzu.
Im Rahmen der Tagung standen zwei Themen im Vordergrund: Zum einen die multidimensionale Krise in und um Mali; zum anderen die Aktualität oder besser Aktualisierung von um das Jahr 2000 etablierten Konzepten wie „Entwicklungszusammenarbeit als globale Strukturpolitik“. Zum ersten Schwerpunkt diskutierte Dr. Kirsten Staudt, deutsche Gesandte in Mali, mit Marcel Maiga und Prince Aihou als Vertretern westafrikanischer Zivilgesellschaften. Durch dieses Podiumsgespräch entstand ein umfassendes und differenziertes Bild der Dynamiken in Mali, bei dem das Streben nach Selbstbestimmung eine große Rolle spielt. Zum zweiten Schwerpunkt lieferte Dr. Heidemarie Wieczorek-Zeul, langjährige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (1998-2009) einen kritischen Rückblick mit vielen aktuellen Bezügen. Aus der Sicht der SPD-Politikerin wird die Bereitschaft der demokratischen Industriestaaten, ihre Verpflichtungen in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele der VN zu erfüllen, ausschlaggebend sein für das künftige Verhältnis zum Globalen Süden. Alle Diskutant*innen der Tagung waren sich darin einig, dass Eigendynamiken der regionalen Entwicklung viel stärker zur Kenntnis genommen werden müssten und das Einfordern von Selbstbestimmung und Eigenentwicklung durch aktive Zivilgesellschaften zu respektieren – und im aufgeklärten Eigeninteresse zu unterstützen sei.
In einem weiteren Schwerpunkt diskutierten die Teilnehmer*innen, auf welche Weise deutsche und EU-europäische Westafrika-Politik besser und wirksamer gestaltet werden könnte. Daraus entstand ein Katalog von insgesamt 20 Forderungen. Dazu gehören: Entwicklung einer (fokussierteren) deutschen Strategie im Sahel und in Westafrika, verknüpft mit einer „Emanzipation“ von französischer Politik; stärkerer diplomatischer Austausch auf „Augenhöhe“ und klarer Kommunikation der deutschen und europäischen Interessen – Ablegung von „Doppelstandards“ und klare Formulierung von Grenzen eigener Handlungsmöglichkeiten; Berücksichtigung von nachhaltiger Wirtschaft und dem „Great Green Wall“; Studienaustausch erleichtern und fördern, stärkere Kooperationen in der Kultur- und Bildungspolitik – lokale Akademiker*nnen unterstützen und engere Zusammenarbeit fördern; stärkere Involvierung von weiblichen Akteuren in Sicherheits- und Friedensprozessen sowie allgemeine Stärkung/Verbesserung von Frauenrechten; Distanz zu und das „Nicht-Unterstützen“ von Diktaturen.
Zum 100. Geburtstag von Egon Bahr: „… aber eine Chance haben wir“
Am 18. März 2022 wäre Egon Bahr, bedeutender Außenpolitiker und Architekt der sozial-liberalen Ostpolitik, 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass haben Peter Brandt, Hans-Joachim Gießmann und Götz Neuneck im Dietz Verlag das Buch „…aber eine Chance haben wir“ herausgegeben. In diesem, im Oktober 2022 erschienenen Band erinnern prominente Wegbegleiter*innen aus Politik, Wissenschaft und Kultur an die Staatskunst, Methodik und historischenVerdienste von Egon Bahr. Sein Feld war die Friedens- und Sicherheitspolitik. Als brillanter strategischer Denker hat er sich stets an der Machbarkeit politischer Schritte orientiert und verstand es wie kein Zweiter, Verbündete für deren Umsetzung zu gewinnen. Ob Entspannungspolitik, Kooperation und Rüstungskontrolle (Gemeinsame Sicherheit), die Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn (Neue Ostpolitik) oder die Überwindung der deutschen Teilung als Problem der europäischen Teilung – zu jedem dieser Politikfelder ist Bahr lehrreich bis in die Gegenwart und inspirierend für die Zukunft. »Egons Beitrag zur Staatskunst«, schrieb Henry Kissinger über Bahrs Lebensleistung, »war es, eine Vision für die Zukunft zu haben und die Willensstärke, einen harten und schwierigen Weg weiterzugehen.«
Michael Staack befasst sich in diesem Buch mit dem Thema „Egon Bahr und die großen Mächte“.
Rüstungskontrollstudie im Deutschen Bundestag vorgestellt
Auf Einladung von Nils Schmid, dem außenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, wurde die Studie “Chinas Rolle in der multilateralen Rüstungskontrolle” am 22. September 2022 im Deutschen Bundestag vorgestellt. Nach einer Einführung durch Nils Schmid erläuterten Oliver Meier und Michael Staack im Rahmen eines „China-Frühstücks“ die wesentlichen Aussagen und Empfehlungen ihrer Analyse. Alle drei dankten der Friedrich-Ebert-Stiftung, die die Erarbeitung dieser, eine Forschungslücke füllenden Studie ermöglicht hatte. An der gutbesuchten Veranstaltung nahmen Abgeordnete verschiedener Fraktionen, Angehörige von Bundesministerien und von Berliner Denkfabriken teil.
Oliver Meier und Michael Staack legen Studie vor: „Chinas Rolle in der multilateralen Rüstungskontrolle“
Die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung entstandene Studie soll einen Beitrag dazu leisten, auch und gerade angesichts der Macht- und Systemkonkurrenz Kooperationsfelder mit China zu analysieren und zu identifizieren. Sie beruht auf einer umfassenden Auswertung der wissenschaftlichen Literatur zum Thema, auf der Analyse offizieller Stellungnahmen sowie auf zahlreichen Hintergrundgesprächen. Themen der Studie sind die Sicherheitskonstellation im Indo-Pazifik, die Positionen von Deutschland, EU und NATO zu China und, im Schwerpunkt, Grundsätze chinesischer Rüstungskontrollpolitik und deren Ausgestaltung in diversen Politikfeldern. Auf dieser Grundlage bewerten die beiden Rüstungskontrollexperten die Chancen eines Rüstungskontrolldialoges Deutschlands und der EU mit der Volksrepublik und benennen die dafür geeignetsten Strategien und Themen. Es handelt sich um die erste umfassende wissenschaftliche Untersuchung für diesen Bereich.
Einige zentrale Ergebnisse der Studie:
Die Festschreibung einer militärischen Zweitrangigkeit Chinas ist nicht mehr möglich. Daraus ergibt sich Handlungsbedarf. Chinas Mitwirkung ist für die Aufrechterhaltung und Fortentwicklung der globalen Rüstungskontrollarchitektur wichtig.
Herausforderungen der internationalen Rüstungskontroll- und Ordnungspolitik – wie der Iran- oder der Nordkorea-Konflikt – können ohne eine konstruktive Mitwirkung Chinas nicht, oder zumindest weniger effektiv geregelt werden. Im Kontrast zu einer aktiven (Auf)Rüstungspolitik steht jedoch Beijings passives Verhalten in der multilateralen Abrüstungs- und Rüstungskontrollarchitektur.
China strebt nach strategischer Ebenbürtigkeit mit den USA und ist gegenüber intrusiven und Governance-Ansätzen skeptisch. Jenseits dieser Grundsätze ist Beijings Handeln in den Themenfeldern Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung keineswegs „aus einem Guss“. Zielkonflikte und ein gebrochenes Rollenverständnis lassen Chinas Politik in einigen Themenfeldern ambivalent oder sogar widersprüchlich erscheinen. Ungeachtet dieser Ambivalenzen zeigt sich Beijing grundsätzlich zu einem stärkeren Engagement in der Rüstungskontrollpolitik bereit. Daraus ergeben sich Anknüpfungspunkte für einen vertieften Rüstungskontrolldialog mit Deutschland und Europa.
Die zunehmende Einbindung Chinas in Rüstungskontrollregime kann einen wichtigen stabilisierenden Beitrag zur internationalen Ordnungspolitik leisten. Nachhaltige Dialoge über Fragen der Verifikation sowie über Vertrauens- und Sicherheitsbildung sind zu empfehlen, um ins Gespräch über kooperative Sicherheit zu kommen. Der Dialog über Rüstungskontrolle ist ein Wert an sich, indem Gesprächskanäle etabliert, Transparenz, Empathie und Verständnis über geteilte Interessen gefördert werden können, so dass zu einer längerfristigen Veränderung im politischen Verhältnis beigetragen werden kann. Berlin sollte Beijings rüstungskontrollpolitische Grundsätze zur Kenntnis nehmen und, wo geboten, Unterschiede zur deutschen und europäischen Position artikulieren. Spezifität, Flexibilität und Dialogbereitschaft können die Erfolgschancen rüstungskontrollpolitischer Dialogversuche erhöhen.
WIFIS-Jahrestagung am 13. und 14. Oktober 2022: „Fokus Westafrika und Sahel“
Die Jahreskonferenz 2022 des von Professor Michael Staack geleiteten Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS e.V.) befasst sich am 13. und 14. Oktober 2022 mit aktuellen Entwicklungen in der Region Westafrika/Sahel und der Rolle deutscher Westafrika-Politik. Im Rahmen der Tagung sollen zwei Themen im Vordergrund stehen: Zum einen soll es um die multidimensionale Krise in und um Mali gehen; zum anderen um die Aktualität oder besser Aktualisierung von Konzepten wie „Entwicklungszusammenarbeit als globale Strukturpolitik“. In beiden Fällen geht es um bessere, angemessene Politikstrategien Deutschlands und der EU; aber auch um die Erkenntnis begrenzter Handlungsmöglichkeiten und Gestaltungspotenziale, um das Setzen von Prioritäten und um Politikentwürfe, die über Krisenmanagement hinausweisen.
Zum Programm und zur Anmeldung
Mehr Informationen über WIFIS e.V.
Neues WIFIS Aktuell: Künstliche Intelligenz und nukleare Bedrohungen – Risiken eines Atomkriegs aus Versehen
Die zunehmende Komplexität und geringere Entscheidungszeiten in Frühwarnsystemen für nukleare Bedrohungen erfordern den Einsatz von Techniken der Künstlichen Intelligenz (KI). In diesem Buch – Band 73 der Reihe WIFIS Aktuell – behandeln KI-Experten Aspekte der Sicherheit solcher KI-Entscheidungen sowie die Risiken eines Atomkriegs aus Versehen. Ergänzt werden diese Ausführungen durch Kommentare aus der Politik, u.a. von Hans-Peter Bartels (2015-2020 Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages) und Katja Keul (Staatsministerin im Auswärtigen Amt) und von militärischen Experten.
Zu Inhaltsübersicht, Vorwort und Autor*innenverzeichnis
Chinas Moderne Begreifen: Webtalk über “Geopolitik und Konnektivität”
Im Rahmen einer digitalen Vortrags- und Debattenreihe befasst sich die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Zusammenarbeit mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Prof. Dr. Maximilian Mayer) seit 2021 mit dem Querschnittsthema „Chinas Moderne Begreifen“. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, das heutige China präziser und besser erfassen zu können. Das Themenspektrum umfasst kulturelle und historische Aspekte ebenso wie Technologie-, Wirtschafts-, Außen- oder Militärpolitik.
Am 23. Juni 2022 stand das Thema „Geopolitik und Konnektivität: Chinas strategische Beziehungen mit der Nordatlantischen Region“ auf der Agenda. Moderiert von Michael Krons (TV-Sender Phoenix) analysierten Dr. Nadine Godehardt von der Stiftung Wissenschaft und Politik und Professor Michael Staack die Beziehungen zwischen der Volksrepublik, den USA und der Europäischen Union. Dabei ging es um die laufenden Machtverschiebungen hin zu einer multipolaren Welt, um die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges auf diese Beziehung, um Chinakompetenz in Deutschland und in der EU sowie um die Wiederherstellung möglichst weitreichender Kommunikation zwischen China und dem Westen. Nadine Godehardt und Michael Staack vertraten die Auffassung, dass es angesichts transnationaler bzw. planetarischer Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemien und Rüstungswettläufen zwingend notwendig sei, ungeachtet von System- und Machtkonkurrenz Kooperationsfelder zu definieren und auszugestalten.
Zur Dokumentation der gesamten Reihe
Zum Webtalk „Geopolitik und Konnektivität“
Professor Staack in Salzburg: Sicherheit in Ostasien
„Chinas Selbstverständnis und die Sicherheit in Ostasien“ – zu diesem Thema sprach Professor Michael Staack am 15. Juni 2022 auf Einladung des China-Zentrums der Paris Lodron Universität Salzburg. In seinem Vortrag, der in der historischen Bibliotheksaula stattfand, behandelte er das veränderte Selbstverständnis der Volksrepublik seit dem Amtsantritt von Xi Jinping (2013), die Folgen von Chinas Aufstieg zur zweiten Weltmacht in der Region Ostasien und Schlussfolgerungen für die europäische und deutsche Politik. Angesichts der Gefahr militärischer Eskalationen zwischen USA und China sei es dringend erforderlich, Kooperationsfelder zwischen den beiden Mächten zu schaffen, Kommunikation zu verbessern und Fehlperzeptionen zu vermeiden. Die Europäische Union solle sich nicht auf eine Seite stellen, sondern eine eigenständige Politik betreiben. Ihr Einfluss in der Region sei aber begrenzt.
Das Netzwerk Deutsche Westafrika-Politik diskutiert über den Ukraine-Krieg
Das von Prof. Michael Staack geleitete Netzwerk Deutsche Westafrika-Politik hat am 27. Mai 2022 eine Online-Konferenz über den Ukraine-Krieg organisiert. Unter dem Titel: „The Ukraine War from an African Perspective“ und moderiert von Paul Sedzro diskutierten die Netzwerkmitglieder über die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf Afrika. Die Referenten der Veranstaltung waren Rémy Dioussé von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Dakar (Senegal) und Prof. Mohamed Abdellahi Elkhalil vom Network of Assistance and Deradicalization in Mali (RADEM) in Bamako, Mali. Rémy Dioussé befasste sich in seinem Vortrag mit den wirtschaftlichen und politischen Folgen des Konflikts in Afrika. Prof. Elkhalil seinerseits legte den Fokus auf die sicherheitspolitischen Auswirkungen des Konflikts. Beide Referenten waren der Meinung, dass der Ukraine-Konflikt tiefgreifende Auswirkungen auf Afrika haben wird und plädieren dafür, dass die afrikanischen Staaten eine Lehre aus dem Konflikt ziehen und durch kluge Politik ihre Abhängigkeit von externen Akteuren reduzieren sollten. Den Vorträgen schloss sich eine intensive Diskussionsrunde an.
Veranstaltung in Loccum: Frieden sichern im Ausland. Ein Beitrag zur strategischen Neujustierung zivil-militärischer Stabilisierungs- und Friedenseinsätze
Am 24./25. Mai 2022 fand in der Evangelischen Akademie in Loccum eine Tagung zur Zukunft der internationalen multilateralen Friedens- und Stabilisierungsmissionen bzw. der zivil-militärischen „Auslandseinsätze“ statt. Im Publikum wie auf den Panels und Podien hatte sich eine sehr interessante Mischung aus Politik, Wissenschaft, Militär, Ministerien, Praxis, Journalismus, Kirche und Friedensbewegung eingefunden, die sich zwei Tage intensiv mit dem Thema auseinandersetzte.
Nach dem dramatischen Ende der über 20 Jahre dauernden Afghanistan-Mission und der Re-Fokussierung des „Westens“ auf die Landes- und Bündnisverteidigung wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine wurde diskutiert, wie die Zukunft derartiger Einsätze in Zukunft aussehen kann. Wie groß, wie komplex, wie vernetzt und mit welchen Zielen und Strategien wird die internationale Gemeinschaft die Probleme konfliktgeplagter Länder und Regionen in Zukunft angehen? Der dokumentierte Erfahrungsschatz ist ebenso reich, wie der Forschungsstand und der operative „Instrumentenkasten“. Es gibt auch zahlreiche positive Beispiele von gelungener Friedenssicherung, aber bei den größeren Stabilisierungsoperationen wird die Bilanz schon deutlich schlechter. Viele strategische Fehler scheinen sich dabei zu wiederholen und zahlreiche konzeptionelle Probleme scheinen weiter ungelöst, wie u.a. das Beispiel Mali demonstriert.
Unter anderem wurde dabei die Frage der Notwendigkeit und der Defizite von „Zieldefinition und Strategieentwicklung“ debattiert. Kai Küstner vom ARD-Hauptstadtstudio und ehemaliger Afghanistan-Korrespondent sowie Dan Krause, wissenschaftlicher Mitarbeiter unserer Professur und ehemaliger Offizier mit Einsätzen im Kosovo gaben hierzu Inputs, die dann zwischen Publikum und Podium diskutiert wurden. Krause betonte, dass Strategien kein Allheilmittel seien, aber allemal besser, als anderen Staaten oder Institutionen ohne eigene Strategie und Ziele aus Bündnissolidarität, bilateraler Verbundenheit oder europäischer Solidarität beinahe blind in unabsehbar lange und folgenreiche Auslandsengagements zu folgen. Eine nationale Sicherheitsstrategie ergäbe heutzutage natürlich nur im Rahmen von VN, EU und NATO Sinn, sie beende aber vielleicht das bisherige “Auf Sicht fahren” mit einem Planungshoriziont von drei bis sechs Monaten und der “Schwarzen Null” als Grundlage deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. In den Missionen selbst würden die meisten strategischen Fehler am Anfang begangen, daher müsse eine gute und klare Lageanalyse die Ausgangsbasis sein. Hierzu bedürfe es erheblich mehr Expertise in den Ministerien und Organisationen im Inland und vor allem mehr Personal vor Ort. Die dann definierten Ziele müssten vor allem den Wünschen und Interessen der Menschen und Gesellschaften vor Ort entsprechen sowie regelmäßig überprüft, bewertet und angepasst werden. Neben Konsequenzen müssten auch Alternativen geplant bzw. in Szenarios mitgedacht werden. Auch ein Scheitern müsse eingeplant werden und insgesamt eine Exitstrategie existieren.
2022 Stockholmer Forum für Frieden und Entwicklung
Vom 23. bis 25. Mai 2022 fand das neunte jährliche Stockholmer Forum für Frieden und Entwicklung statt, das vom Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) und dem Außenministerium Schwedens mitveranstaltet wurde und sich mit dem Thema „Von einer Krise der menschlichen Sicherheit zu einem Umfeld des Friedens“ befasste. Zu den Teilnehmern gehörte auch Stiven Tremaria, Wiss. Mitarbeiter im Team von Professor Staack. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, wie aus einer Top-Down-Perspektive (internationale und staatliche Institutionen) und einer Bottom-Up-Perspektive (Basis- und zivilgesellschaftliche Organisationen) mit langfristigen globalen Herausforderungen inmitten der gegenwärtigen Sicherheitskrise umgegangen werden kann, insbesondere angesichts des raschen Umwelt- und Klimawandels. Besonderes Augenmerk wurde in den verschiedenen Workshops und Rundtischgesprächen auf die Auswirkungen des Klimawandels auf bewaffnete Konflikte und auf die Operation internationaler Friedens- und Stabilisierungsmissionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union in Afrika gelegt. Am Forum nahmen mehr als 200 Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft, Entwicklungszusammenarbeit, Nichtregierungsorganisationen und Think Tanks teil.
Veranstaltung in Köln: Der Krieg in der Ukraine und der Globale Süden – Afrikanische und chinesische Perspektiven
Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur Folgen für Europa, sondern betrifft auch den Globalen Süden. Neben den wirtschaftlichen Folgen wie einer drohenden Ernährungskrise und der Erhöhung der Lebensmittelpreise gibt es auch enorme politische und geopolitische Auswirkungen des Konflikts in den Ländern des Globalen Südens. Deren Perspektive auf den Angriffskrieg in der Ukraine findet in der Berichterstattung jedoch zu wenig Aufmerksamkeit. Um dies zu ändern, fand am 23. Mai 2022 an der Universität zu Köln eine Konferenz zum Thema: „Der Krieg in der Ukraine und der Globale Süden: Chinesische und afrikanische Perspektiven“ statt. Organisiert wurde die Veranstaltung gemeinsam von dem Friedensbildungswerks Köln, der Melanchthon Akademie, des Katholischen Bildungswerk, der Afrikanischen Gemeinde Köln e.V. und des Global South Studies Center Cologne. Als Referenten für die Veranstaltung nahmen Prof. Dr. Felix Wemheuer von der Universität zu Köln und Paul Sedzro, Generalsekretär der Afrikanischen Gemeinde Köln und Wiss. Mitarbeiter an der HSU, teil.
Symposium „Universität und militärische Sicherheit“ am 19. und 20. Mai 2022
Am 19. und 20. Mai 2022 veranstaltet die Helmut-Schmidt-Universität ein wissenschaftliches Symposium zum Thema „Universität und militärische Sicherheit“.
Zum Programm
Im Rahmen der öffentlichen Veranstaltung sollen die zahlreichen Argumente gegen die Umwandlung der Helmut-Schmidt-Universität in einen „Militärischen Sicherheitsbereich“ (MSB) thematisiert werden. Erstmals werden sich auch Befürworter des MSB der Diskussion stellen.
Professor Staack gehört dem Organisationskomitee an und leitet das Panel „Internationale Kooperationen“. Er sagt: „Das Gründungskonzept der HSU als einer öffentlich zugänglichen, offenen Universität hat sich auch in schwierigen Zeiten, wie wir sie heute wieder erleben, bewährt. Auch nach 9/11 und schon zuvor in der Zeit des RAF-Terrorismus wurde es nicht in Frage gestellt. Dabei muss es bleiben.“
Am Abend des 19. Mai findet eine Begleitveranstaltung im Körber Forum statt.
Zur Begleitveranstaltung
Michael Staack und Dan Krause in Wien: „Der D-A-CH-Prozess im Spannungsfeld der sicherheitspolitischen Umbrüche in Europa“
Deutschland, Österreich und die Schweiz sind drei Staaten im westlichen Mitteleuropa mit drei unterschiedlichen Sicherheits– und Verteidigungskonzeptionen. Seit fast 20 Jahren arbeiten die drei Länder im Rahmen des D-A-CH-Prozesses auf militärischer Ebene zusammen, seit wenigen Jahren finden auch gemeinsame Übungen statt. Das D-A-CH-Symposion der Landesverteidigungsakademie Wien am 4. Mai 2022 bot somit die Gelegenheit, einerseits die sicherheitspolitischen und militärpolitischen Ausrichtungen der drei Länder vorzustellen sowie andererseits die Möglichkeiten umfassender trilateraler Kooperationen innerhalb internationaler Organisationen, regionaler Projekte der Zusammenarbeit und auch bilateraler Projekte aufzuzeigen. Vorgestellt wurde auch eine trilaterale Studie zu dieser Kooperation und den jeweiligen Verteidigungspolitiken. Aufgrund der derzeitigen gravierenden Umbrüche in Europa werden die jeweiligen sicherheitspolitischen Konzeptionen der drei Länder und deren Ableitungen auf der Grundlage der Bedrohungs- und Konfliktszenarien in und um Europa erörtert. Ausgehend von den derzeitigen D-A-CH-Kooperationen wurde auch eine mögliche Weiterentwicklung dieses Prozesses aus den Blickwinkeln der drei Länder diskutiert.
Michael Staack und Dan Krause befassten sich in ihren Beiträgen mit der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“ als Chiffre für die grundlegende Veränderung der sicherheitspolitischen Konstellation, mit der Umsetzung dieses Großvorhabens und den Ableitungen für Verteidigungs-, Außen- und Energiepolitik. Sie arbeiteten heraus, dass die Debatte über die Ausgestaltung der „Zeitenwende“ erst begonnen habe. Auch der Verlauf des Russland-Ukraine-Krieges sei nicht vorhersagbar. Durchaus vorstellbar sei, dass die Ukraine ein Krisen- und Spannungsherd bleibe mit einem militärischem Eskalationspotenzial bis hin zur Atomkriegsgefahr.
Paul Sedzro in Paris: Sorbonne-Nouvelle-Universität diskutiert über die französische kulturelle Diplomatie
Vom 4. bis zum 6. Mai 2022 nahm Paul Sedzro in Paris an einer internationalen Tagung zum Thema: „Von der Ausstrahlung zum Einfluss. Geschichte der französischen kulturellen Diplomatie: 19.-21. Jahrhundert“ (Du rayonnement á l‘ influence. Histoire de la diplomatie culturelle francaise: XIXe-XXIe siécle) teil. Die Konferenz fand im Rahmen der aktuellen französischen EU-Ratspräsidentschaft statt und wurde gemeinsam von der Universität Paris III – Sorbonne Nouvelle und MSH Paris Nord mit Unterstützung des französischen Außenministeriums und des Institut Francais organisiert. In sechs Panels und drei runden Tischen diskutierten 50 Tagungsteilnehmende aus aller Welt unter anderem über folgende Themen: Akteure und Strukturen der französischen kulturellen Diplomatie, französische kulturelle Diplomatie in Europa, die Frankophonie als Instrument der französischen kulturellen Diplomatie und die französische kulturelle Diplomatie im Globalen Süden. Darüber hinaus wurde die Entwicklung der französischen kulturellen Diplomatie im Zuge der aktuellen Herausforderungen wie der Spannungen zwischen Frankreich und Mali, des Anti-Frankreich-Ressentiments in Subsahara-Afrika sowie des Krieges in der Ukraine debattiert. Zu den Referent*innen gehörten neben Wissenschaftler*innen viele Botschaftter*innen, Mitarbeiter*innen des französischen Außenministeriums sowie der französischen Kulturinstitute.
Ringvorlesung: Der Krieg gegen die Ukraine aus Perspektive der Friedens- und Konfliktforschung
Weiterhin prägt der Krieg gegen die Ukraine mit seinen Bildern von Gewalt und Leid die Schlagzeilen. Während sich im öffentlichen Diskurs diplomatische Reflexe, Ängste und Drohungen zu einer oft wenig konstruktiven Rhetorik vermischen, möchte das Institut für Internationale Politik der HSU, die Professuren Geis, Jünemann und Staack, mit einer Ringvorlesung den Krieg aus Perspektive der Friedens- und Konfliktforschung beleuchten. Wir werden Analyseansätze vorstellen, Vermittlungschancen diskutieren sowie Folgen für die regionale und globale Sicherheitsordnung einschätzen. Die disziplinäre Vielfalt und die politische Bedeutung des Forschungsfeldes werden im Kontext des andauernden Krieges gegen die Ukraine besonders deutlich. Umgekehrt bleiben die Ereignisse auch nicht ohne Konsequenzen für die Zukunft der Friedens- und Konfliktforschung, die wir zusammen mit den Expertinnen und Experten im Laufe des Trimesters diskutieren werden.
Die Ringvorlesung findet jeweils dienstags 10:00 -11:30 Uhr in Hörsaal 2 statt.
Professor Staack beim Auftakt-Workshop zur Nationalen Sicherheitsstrategie
Am 22. März 2022 nahm Michael Staack am ganztägigen Auftakt-Workshop „Umfassende Sicherheit“ zur Erarbeitung einer Nationalen Sicherheitsstrategie teil. Sein Input befasste sich mit dem Thema „Sicherheit an welchen Orten? Handlungsräume deutscher Sicherheitspolitik“. Die ganztägige Expert*innenveranstaltung wurde vom Planungsstab des Auswärtigen Amts und der Bundesakademie für Sicherheitspolitik gemeinsam ausgerichtet. Im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom November 2021 hatten sich die Regierungsparteien erstmals auf die Erarbeitung einer Nationalen Sicherheitsstrategie für Deutschland verständigt, die bis Ende 2022 vorliegen soll. Die Federführung liegt beim Auswärtigen Amt.
Globale Herausforderungen für Sicherheit und Frieden in Asien: 5. Egon Bahr Symposium
Egon Bahrs historische Leistungen als Architekt der deutschen Ostpolitik haben entscheidend dazu beigetragen, den Ost-West-Konflikt zu überwinden und für über zwei Jahrzehnte gemeinsame Sicherheit in Europa zu gewährleisten. Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine hat diese Epoche endgültig beendet und die nie ganz vollendete Friedens- und Sicherheitsordnung des Kontinents zerstört. Ganz unter dem Eindruck dieser Zäsuren bot das Symposium anlässlich des 100. Geburtstages von Egon Bahr am 17. und 18. März 2022 in Berlin die Gelegenheit, diese „Zeitenwende“ analytisch einzuordnen und notwendige Konsequenzen zu debattieren. Ein breiter inhaltlicher Bogen spannte sich von den außenpolitischen Grundsatzreden von Bundeskanzler Olaf Scholz und des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil bis hin zu den beiden Expert*innenpanels mit Fokus auf Europa und Asien bzw. die Indo-Pazifik-Region. Professor Staack wies als Teilnehmer des vom früheren Premierminister Australiens, Kevin Rudd, eingeleiteten Asien-Panels eindringlich darauf hin, dass alle Instrumente genutzt werden müssten, um einen Krieg zwischen USA und China zu verhindern. Die Europäische Union solle, so seine Auffassung, durch eine eigenständige Politik zur Einhegung von Konflikten im Indo-Pazifik beitragen und besonders solche Akteure wie die Regionalorganisation ASEAN stärken, die ähnliche Ziele verfolgten (ab 3:31).
Würdigungen von Egon Bahr u.a. von Bundeskanzler Scholz
Friedens- und Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert: Symposium zum 100. Geburtstag von Egon Bahr
Egon Bahr (1922-2015) gehörte zu den zentralen Gestaltern deutscher Außenpolitik nach 1949. Er war nicht nur, an der Seite Willy Brandts, der Architekt der Ostpolitik der alten Bundesrepublik, sondern auch ein Vordenker des Konzepts der Gemeinsamen Sicherheit und einer gesamteuropäischen Friedensordnung. Anlässlich seines 100. Geburtstages am 18. März 2022 veranstalten die Friedrich-Ebert-Stiftung und der Willy-Brandt-Kreis ein prominent besetztes Symposium in Berlin. Im Fokus stehen zwei Panels, die sich mit Perspektiven für Frieden und Sicherheit in Europa angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine sowie mit der Sicherheitskonstellation in Ostasien befassen. Am zweiten Panel wirkt auch Professor Michael Staack mit. Am Vorabend des Symposiums wird Bundeskanzler Olaf Scholz das Wirken Egon Bahrs und die Relevanz seines Denkens und Handelns für die Gegenwart würdigen.
Auch ein demnächst erscheinendes Buch bilanziert und reflektiert Egon Bahrs Lebenswerk. Michael Staack schreibt darin über „Egon Bahr und die großen Mächte“.
Auf Einladung von Professor Staack sprach Egon Bahr zweimal (2010 und 2013) vor großen Auditorien an der Helmut-Schmidt-Universität.
Einladung und Programm des Symposiums
Zum Aufsatz „Egon Bahr und die großen Mächte“
Krieg in der Ukraine
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 hat Professor Staack in zahlreichen Interviews, Vorträgen, Hintergrundgesprächen und Diskussionsteilnahmen Auskunft gegeben zu unterschiedlichen Aspekten der Konfliktentwicklung, z.B. zur Diplomatie der Deeskalation, zu Waffenlieferungen, Flugverbotszonen, dem Risiko eines Nuklearkrieges oder zur Politik Putins. Diese aktuellen Einschätzungen und Analysen werden hier nur im Ausnahmefall dokumentiert.
Putins Krieg: Folgen für Europa und die Welt
Wir befinden uns seit dem russischen Angriff auf die Ukraine in der außergewöhnlichen Lage, die Entwicklung des nächsten Tages und der nächsten Woche nicht abschätzen zu können. Gleichwohl ist es erforderlich, über das Kriegsgeschehen und die Tagespolitik hinaus den Blick auf denkbare mittelfristige Entwicklungen zu richten, diese zu analysieren und einzuordnen. Einige Stichworte: Ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen beginnt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Eine der beiden größten Atommächte der Welt stellt die Option eines Nuklearkrieges zumindest in den Raum. Für Putins Russland ist Lüge zu einem normalen Instrument der Politik geworden. Die Sicherheits- bzw. Friedensordnung in Europa ist beschädigt oder zerstört – aber hat es eine solche Ordnung je gegeben, war sie unfertig oder was machte sie aus? Leitet der Russland-Ukraine-Konflikt eine Geopolitisierung aller Konflikte weltweit ein? Welche Rolle spielt die von den USA ausgerufene Großmächtekonkurrenz auf dem Weg zu diesem Krieg und für die Entwicklung der internationalen Politik? Agiert China nach seinem Anspruch, „verantwortungsvolle Großmacht“ zu sein? Was bedeutet das alles für Klimaschutz und Rüstungskontrolle als Säulen internationaler Ordnungspolitik, für die Vereinten Nationen und für Deutschland und die EU, für globale Machtverschiebungen? Und nicht zuletzt:
Wird Putins Krieg zu einer weiteren Aufladung des Gewalt- und Konfrontationselements in den internationalen Beziehungen führen?
Erste Annahmen und Analysen aus Wissenschaft, Diplomatie und Politik wurden am 9. März 2022 auf Einladung von Professor Michael Staack im Rahmen einer gutbesuchten Online-Debatte , zur Diskussion gestellt. Am Panel nahmen teil: Dr. Ute Finckh-Krämer, friedenspolitisch engagierte ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete mit Erfahrung aus dem Auswärtigen Ausschuss und dessen Unterausschüssen für Krisenprävention bzw. Abrüstung und Rüstungskontrolle; Rüdiger Lüdeking, fast 40 Jahre deutscher Diplomat, u.a. als stellvertretender Abrüstungsbeauftragter der Bundesregierung und als Botschafter bei der OSZE und bei den Vereinten Nationen am Standort Wien, sowie Prof. Dr. Maximilian Mayer von der Universität Bonn, der vor allem über globale Machtverschiebungen und die internationale Rolle Chinas arbeitet.
Atomkriegsrisiko im Russland-Ukraine-Krieg
Präsident Putin hat die russischen Atomstreitkräfte am 27. Februar 2022 in die erste Stufe der Alarmbereitschaft versetzt. Angesichts dieser Entscheidung und der anhaltenden Eskalation des Konflikts stellt sich die Frage nach einem Atomkrieg aus Versehen, z.B. durch Fehlperzeptionen oder unzureichende Kommunikation. Informatik-Professor Karl-Hans Bläsius, Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb (2011-2018 deutscher Verteidigungsattaché in Moskau) und Professor Michael Staack analysieren in einer Stellungnahme vom 28. Februar 2022 die aktuellen Risiken und Szenarien. Aus ihrer Sicht stellt ein Atomkrieg aus Versehen eine ernst zu nehmende Gefahr dar. Eine Verstärkung der Krisenkommunikation zwischen den Generalstabschefs insbesondere der USA und der Russischen Föderation sei dringlichst geboten.
Michael Staack: Putins Krieg ist ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg
Nach Auffassung von Michael Staack stellt Putins Angriff auf die Ukraine eine europäische Katastrophe mit weltweiten Auswirkungen dar. Gemeinsame Sicherheit auf dem europäischen Kontinent unter Einschluss Russlands werde es nunmehr auf Jahre, wahrscheinlich auf Jahrzehnte nicht mehr geben. Auch sehr weitreichende Sanktionen würden Putin nicht stoppen, aber deutlich machen, dass schwerwiegendste Brüche internationalen Rechts nicht hingenommen werden könnten und dürften.
Aktuelle Entwicklungen in Mali: Hintergründe und Perspektiven
Die politischen Ereignisse in Mali haben sich in den ersten Wochen des Jahres 2022 überschlagen; kulminierend in der Ausweisung des französischen Botschafters. Auch in den frankophonen Nachbarstaaten setzt sich die Destabilisierung fort; u.a. mit der Folge einer weiteren Militärregierung in Burkina Faso. Vor diesem Hintergrund wird die Präsenz der Bundeswehr im Sahel in Deutschland zunehmend hinterfragt.
Welche Ziele verfolgt die malische Übergangsregierung unter Assimi Goita? Warum wird sie von einer großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt? Wie ist die Einladung an russische Militärberater und/oder die umstrittene Private Military Company „Wagner“ einzuordnen? Wie sind die Sanktionen von ECOWAS und das Agieren der Regionalorganisation insgesamt zu bewerten? Welche Ziele verfolgt Frankreich, dessen Elite Westafrika als seine Einflusssphäre betrachtet („Francafrique“)? Wie blicken die Zivilgesellschaften in Westafrika auf die Entwicklungen in Mali? Was bedeutet das alles für das entwicklungspolitische und militärische Engagement von EU und Deutschland in Mali, Burkina und in der Region?
Über diese Fragen debattierten im Rahmen einer Online-Diskussion auf Einladung von Professor Michael Staack am 23. Februar 2022: Prof.in Dr. Djénéba Traoré (Praia, Cabo Verde), Generaldirektorin des West Africa Institute und frühere Universitätsrektorin in Bamako; Marcel Maiga (Berlin und Timbuktu), Mitglied der Leitung des zivilgesellschaftlichen Netzwerks „Fokus Sahel“ und Paul Sedzro, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HSU und Experte für die ECOWAS.
Nach Auffassung von Djénéba Traoré und Marcel Maiga kommt es der Übergangsregierung Malis vor allem darauf an, die Souveränität ihres Landes zu stärken und das politische System zu reformieren. Aus diesem Grunde strebe man nach einer Diversifizierung der außenpolitischen Beziehungen – keinesfalls auf Russland begrenzt. Die als solche breit perzipierte Bevormundung durch die französische Regierung solle beendet werden. Diese Zielsetzungen der überwiegend aus Zivilist*innen bestehenden Übergangsregierung würden von einer großen Mehrheit der Gesellschaft unterstützt. Eine Fortsetzung der sicherheits- und entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Deutschland und der EU sei erwünscht. Sofortige Wahlen lösten die Probleme nicht, es sei aber unwahrscheinlich, dass diese erst in vier Jahren stattfinden würden. Paul Sedzro ergänzte, dass große Teile der westafrikanischen Zivilgesellschaften diese Ziele der malischen Regierung unterstützten. Er wies darauf hin, dass ECOWAS auf die Machtübernahme des Militärs in Mali, in Burkina Faso, Guinea und Tschad mit unterschiedlichen Standards geantwortet und die Organisation damit normativ geschwächt habe. Zahlreiche Fragen führten zu einer informativen und lebhaften Debatte von mehr als zweieinhalb Stunden.
Mali-Einsatz vor dem Abbruch?
Unter diesem Titel beschäftigt sich die NDR-Fachsendung „Streitkräfte und Strategien“ am 12. Februar 2022 mit den aktuellen Entwicklungen in Mali und den Militäreinsätzen EUTM (Europäische Union) und MINUSMA (Vereinte Nationen). An beiden Missionen ist die Bundeswehr beteiligt. Im ausführlichen Gespräch analysiert Dan Krause die Gründe für den ausbleibenden Erfolg der Einsätze, die innenpolitischen Prozesse in Mali, die problematische Rolle Frankreichs und die militärische Präsenz Russlands. Die Krise, so sein Fazit, erfordere eine grundlegende Revision des Engagements und.
Aktuelle Debatte: “Haben die Gespräche zwischen Russland und dem Westen geholfen?“
Die angespannten Beziehungen zwischen der NATO und Russland, der russische Truppenaufmarsch an den Grenzen zur Ukraine sowie die intensiven diplomatischen Gespräche über Auswege aus diesem Konflikt in der zurückliegenden Woche waren Thema der Debatte im RBB Inforadio am 23. Januar 2022. Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff, der russische Publizist Wladimir Sergijenko, die Moskauer ARD-Korrespondentin Christina Nagel und Professor Michael Staack bewerteten den Beginn dieser Gespräche mit sehr vorsichtigem Optimismus. Es sei notwendig, die Verhandlungen nun in unterschiedlichen Formaten ernsthaft und lösungsorientiert fortzusetzen. Überwiegende Einigkeit bestand darin, dass auch die NATO-Staaten in den letzten zwanzig Jahren viele Fehler in der Russland-Politik gemacht hätten. Während Graf Lambsdorff erklärte, dass ein Beitritt der Ukraine und Georgiens derzeit überhaupt nicht aktuell sei, sprach sich Professor Staack für ein förmliches, zehnjähriges Beitrittsmoratorium gegenüber diesen Staaten aus. Die gemeinsam mit Frankreich und Spanien vertretene Position der Bundesregierung beim NATO-Gipfel 2008 gegen eine Aufnahme der Ukraine und Georgiens sei unverändert richtig, denn beide Anwärter trügen nicht zur Sicherheit der Allianz bei.
Die Runde befasste sich ebenfalls mit den Einlassungen des kurz zuvor entlassenen Marine-Inspekteurs Schönbach über Russland, die Ukraine und China. Graf Lambsdorff bewertete das Verhalten des Vizeadmirals a.D. als „Disziplinlosigkeit“ und die Entlassung als zwangsläufig. Professor Staack fügte hinzu: „Ein Admiral ohne Kurs und Kompass ist ein Sicherheitsrisiko.“ Es müsse geprüft werden, wie eine solche personelle Fehlbesetzung zustande kommen konnte.
Friedens-Warte: Mythen der Sicherheitspolitik II und Atomwaffenverbotsvertrag
Das knapp 270 Seiten starke, vor kurzem erschienene und von Professor Staack als geschäftsführendem Herausgeber betreute Heft 3-4 (2021) der Zeitschrift „Friedens-Warte“ befasst sich gleich mit zwei hoch aktuellen Schwerpunkten: zentralen Mythen der Sicherheitspolitik und dem Anfang 2021 in Kraft getretenen Atomwaffenverbotsvertrag (AVV). Im Schwerpunkt „Mythen der Sicherheitspolitik II“ werden sechs vorherrschende Narrative der Sicherheitspolitik kritisch hinterfragt und dekonstruiert, zum Beispiel „Der Westen kann die Weltprobleme lösen“ (Jürgen Scheffran) und „Die NATO ist der Kernpunkt deutscher Staatsräson“ (Michael Brzoska/Hans-Georg Ehrhart). Der Schwerpunkt setzt eine entsprechende Debatte im Heft 3-4 (2019) der Friedens-Warte fort und knüpft dabei an Diskussionen in der Studiengruppe Europäische Sicherheit und Frieden der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) an. Im zweiten Schwerpunkt geht es um die Entwicklung der deutschen Position zum AVV (Oliver Meier/Maren Vieluf), um die rechtliche Vereinbarkeit des AVV und des Vertrags über die Nichtverbreitung von Atomwaffen (NVV) und die Frage nach der Legalität von Nuklearwaffen im Lichte völkerrechtlicher Vereinbarungen.
Zum neuen Heft der Friedens-Warte
Zum Beitrag von Michael Staack: Mythos „China ist ein neues Reich des Bösen“
APAD-Konferenz diskutiert über Beziehungen und Zirkulationen im Globalen Süden
Vom 29. November bis zum 3. Dezember 2021 nahm Paul Sedzro in der togoischen Hauptstadt Lomé an einer internationalen Konferenz teil, organisiert von der APAD (Associaton pour l‘ Anthropologie du changement social et du développement, Association for the anthropology of social change and development) und der Universität Lomé. Ursprünglich war die Tagung im Juni 2020 geplant, musste aber aufgrund der Corona-Pandemie zweimal verschoben werden. Unter dem Thema: „Circulations in the global South: Ethnographic explorations of globalized exchanges“ diskutierten ca. 130 Tagungsteilnehmende in 22 Panels über die verschiedenen Formen von Zirkulationen der Personen, Waren, Wissen, Technik, Informationen, sowie Protestformen in den Ländern Afrikas und des globalen Südens im Kontext der aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Zudem wurde über die Zirkulation der Corona-Pandemie in den afrikanischen Ländern sowie die verschiedenen politischen Maßnahmen der Regierungen zur Bekämpfung der Pandemie debattiert.
Aufruf “Raus aus der Eskalationsspirale! Für einen Neuanfang im Verhältnis zu Russland“
„Mit allergrößter Sorge beobachten wir die sich abermals verstärkende Eskalation im Verhältnis zu Russland. Wir drohen in eine Lage zu geraten, in der ein Krieg in den Bereich des Möglichen rückt. Es gilt deshalb jetzt alles zu tun, um die Eskalationsspirale zu durchbrechen. Ziel muss es sein, Russland und auch die NATO wieder aus einem konfrontativen Kurs herauszuführen.“ Mit diesen eindringlichen Sätzen beginnt der am 5. Dezember 2021 veröffentlichte, von Professor Michael Staack unterstützte Aufruf „Raus aus der Eskalationsspirale“, der inzwischen ein breites Echo gefunden hat. Die 26 Unterzeichner*innen aus Diplomatie, Wissenschaft und Bundeswehr fordern die Einberufung einer neuen Konferenz zur Revitalisierung der europäischen Sicherheitsarchitektur, ein Moratorium für neue Truppenstationierungen und Infrastrukturen beiderseits der russisch-ukrainischen Grenze, die Wiederaufnahme des NATO-Russland-Dialogs sowie einen Neuansatz für die europäische Rüstungskontrolle. Russland müsse den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Grenzen achten und auf Drohgebärden wie Großmanöver verzichten. Abschreckung reiche für die Friedenssicherung aber bei weitem nicht aus. Deutschland komme bei den erforderlichen politischen Beratungen eine Schlüsselrolle zu. Der Aufruf wurde initiiert von Professor Johannes Varwick (Universität Halle-Wittenberg), Botschafter a.D. Rüdiger Lüdeking und Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb.
Gespräch von Professor Staack mit NDR Info
Interview mit Professor Varwick beim Deutschlandfunk
Michael Staack: Der NATO fehlt eine stimmige und konstruktive Russland-Politik
Anlässlich des NATO-Außenministerrates am 30. November 2021 sprach Professor Staack mit dem RBB Inforadio. Er kritisierte die Großmanöver Russlands an den Grenzen zur Ukraine ebenso wie die vermehrte Manövertätigkeit der NATO dort und im Schwarzen Meer als konfliktverschärfend. Die NATO wiederhole ritualisierte Forderungen an Russland, verfüge aber selbst – jenseits der erforderlichen Abschreckung – nicht über ein stimmiges Konzept für die künftige Russland-Politik.
NATO-Russland – Wege aus der Konfrontation: Online-Diskussion mit General a.D. Reiner Schwalb
Das Thema NATO-Russland-Beziehungen gehört auf einen vorderen Platz der außenpolitischen Agenda. Einem weiteren Abgleiten in eine immer destruktivere Konfrontation müsse durch eine angemessene Verbindung von Verteidigungsbereitschaft und Dialog entgegengewirkt werden. Diese Auffassung vertrat Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb, von 2011 bis 2018 deutscher Verteidigungsattaché in Moskau, in einer von Professor Michael Staack organisierten Online-Diskussion mit Studierenden der Helmut-Schmidt-Universität am 22. November 2021. In seinem einleitenden Vortrag ging General a.D. Schwalb auf Russlands außen- und sicherheitspolitische Interessen ein, auf sein Selbstverständnis als Großmacht, auf den hohen Stellenwert des Militärs in der russischen Gesellschaft, auf die Entwicklung des Ukraine-Konflikts sowie auf Ansätze zur Einhegung der Konfrontation. Nach Auffassung des langjährigen Verteidigungsattachés findet die deutsche Politik in Russland nach wie vor Gehör. Entscheidend sei generell, unterschiedliche Standpunkte klar, aber nichtöffentlich zu verhandeln. Die NATO-Russland-Grundakte müsse erhalten und Rüstungskontrolle wiederbelebt werden. In der konkreten Konstellation wiederkehrender Spannungen und Intransparenz sei es erforderlich, die Militärkontakte und die Krisenkommunikation zwischen Russland und der NATO mit dem Ziel der Risikoreduzierung wiederaufzunehmen – und zwar mit dem gesamten Bündnis und nicht, wie derzeit, nur mit einzelnen NATO-Staaten.
Vierter Internationaler Workshop Deutsche Westafrika-Politik in Berlin
„Frieden, Entwicklung und Kooperation in Westafrika: (neue) Herausforderungen und Lösungsansätze“ war das übergeordnete Thema des 4. Internationalen Workshops zur deutschen Westafrika-Politik, der am 19. und 20. November 2021 in bewährter Zusammenarbeit vom Institut für Theologie und Frieden mit dem Team von Professor Staack durchgeführt wurde. In vier Panels wurden zentrale Fragestellungen diskutiert, wobei der aktuellen Entwicklung in Mali ein besonderer Stellenwert zukam: Panel I „Europäische Lösungen für afrikanische Herausforderungen?“, Panel II „Können aus dem gescheiterten Engagement in Afghanistan Lehren für Mali bzw. die Sahel-Region gezogen werden?, Panel III „Was ist das `Afrikanische´ an Konflikten in Afrika?“, Panel IV „ECOWAS and East African Community – A comparison“. In seinem Eingangsstatement für Panel II beschäftigte sich Michael Staack mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden der westlichen Interventionspolitik in Afghanistan und in Mali und formulierte dazu einige Schlussfolgerungen. Paul Sedzro kommentierte den Vergleich der Regionalorganisationen ECOWAS und East African Community (Panel IV). Der Workshop mit Teilnehmer*innen aus Europa und Westafrika tagte im Katholischen Militärbischofsamt und wurde „hybrid“ durchgeführt. Die Workshop-Serie wird 2022 fortgesetzt.
Zum Eingangsstatement von Michael Staack
„Deutschland und die Welt nach der Bundestagswahl“: Michael Staack bei Internationaler Konferenz
Wie sind die Ergebnisse der Bundestagswahl vom 26. September 2021 zu bewerten, was bedeuten sie für die Entwicklung des Parteiensystems und die deutsche Innenpolitik? Welche Veränderungen und Kontinuitäten sind in der Außenpolitik einer neuen Bundesregierung der Ampel-Koalition zu erwarten, wie könnten die künftige Europapolitik, die transatlantischen Beziehungen und das Verhältnis zu China gestaltet werden? Diese Fragen waren Gegenstand einer Internationalen Online-Konferenz über das Thema „Deutschland und die Welt nach der Bundestagswahl“ am 12. November 2021; gemeinsam ausgerichtet vom Europa-Institut der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS) und dem Büro Peking der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Professor Staack sprach bei dieser Tagung über „Deutschland und die Großmächtekonkurrenz in der Multipolaren Welt“.
Gespräch mit Dan Krause: Stabilisierungseinsätze auf dem Prüfstand
Die NDR-Fachsendung „Streitkräfte und Strategien“ hat am 6. November 2021 im Schwerpunkt das Thema „Nach dem Afghanistan-Debakel: Ertüchtigungs- und Stabilisierungseinsätze auf dem Prüfstand“ behandelt. In diesem Kontext wurden die Ergebnisse und Fehlschläge des Afghanistan-Engagements ebenso analysiert und kritisch reflektiert wie mögliche Schlussfolgerungen für die Stabilisierungsmissionen EUTM und MINUSMA in Mali; unter Einschluss der Beteiligung der Bundeswehr. Zu den wissenschaftlichen Gesprächspartnern der Sendung gehörten Dan Krause (HSU), Denis M. Tull (Stiftung Wissenschaft und Politik) und Conrad Schetter (Bonn International Centre for Conflict Studies).
Standardwerk “Deutsche Sicherheitspolitik” in 3. Auflage
Im Oktober 2021 ist das Standardwerk „Deutsche Sicherheitspolitik. Herausforderungen, Akteure und Prozesse“, herausgegeben von Prof. Dr. Sven B. Gareis (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) und Dr. Stephan Böckenförde (Zentrum Informationsarbeit Bundeswehr) in dritter, umfassend überarbeiteter und um neue Themenbereiche erweiterter Auflage erschienen. Das im Jahr 2009 erstmals vorgelegte Lehrbuch bietet eine Einführung in die wichtigsten Handlungsfelder und Fragestellungen deutscher Sicherheitspolitik. Von einem erweiterten Sicherheitsverständnis ausgehend, werden dabei die wichtigsten Akteure, Zusammenhänge und Entscheidungsprozesse sowie die politische Praxis auf nationaler und internationaler Ebene vorgestellt und diskutiert. Der Band beinhaltet auf knapp 500 Seiten 15 Beiträge. Michael Staack befasst sich, wie in den Vorauflagen, mit dem Thema „Normative Grundlagen, Werte und Interessen deutscher Sicherheitspolitik“.
AMK-Fachtagung diskutiert über demokratische Stabilität in Westafrika
Am 30. Oktober 2021 fand in Berlin die diesjährige Fachtagung des Afrikanischen Muslimkreises (AMK) in hybrider Form statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, warum Demokratisierungsprozesse in Westafrika in den letzten Jahren so häufig gescheitert sind und wie demokratische Transformationsprozesse gefördert werden könnten. Diskutiert wurden diese Fragestellungen am Beispiel der Elfenbeinküste und Guinea. In den beiden westafrikanischen Ländern haben sich die Präsidenten verfassungswidrig eine dritte Amtszeit verschafft, was zu gewaltsamen Protesten führten, die in der Elfenbeinküste blutig niedergeschlagen wurden und in Guinea zum Militärputsch im September 2021 führten.
In seinem Impulsvortrag nannte Paul Sedzro zwei Gründe für die dritten Amtszeiten: erstens die Angst der regierenden Präsidenten vor Rache durch die politischen Gegner nach dem Machtwechsel, zweitens die Unterstützung der Ex-Kolonialmacht Frankreichs, das die amtierenden Staatschefs zum weiteren Regieren bewegt, um seine Interessen zu wahren. Als Lösungsansätze schlug Paul Sedzro unter anderem die Reform der Regierungssysteme durch Reduzierung der Macht der Präsidenten und Stärkung des Parlaments, die Reform der Armee, den politischen Willen und Good Governance der lokalen Eliten sowie die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, die sich klar gegenüber der verfassungswidrigen Amtszeitverlängerung positionieren müsste, vor. In den weiteren Vorträgen wurde die Rolle der Zivilgesellschaften sowie der Diaspora bei der Förderung und Konsolidierung von demokratischen Prozessen hervorgehoben.
Russland und die NATO: “Eskalation muss verhindert werden“
In einem Gespräch mit dem RBB Inforadio befasst sich Professor Michael Staack mit dem neuen NATO-„Masterplan“ für einen militärischen Konflikt mit der Russischen Föderation an mehreren Fronten, der beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister am 21. und 22. Oktober 2021 kommuniziert worden war. Obwohl es vergleichbare Pläne auch nach dem Ende des Ost-West-Konflikts immer gegeben habe, stelle der „Masterplan“ eher einen Beitrag zur Verschärfung der Spannungen dar. Zwar hätten weder das westliche Bündnis noch Russland das Ziel, einen Krieg zu beginnen; ohne hinreichende Kommunikation wachse aber die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation aus Versehen. Ein Atomwaffeneinsatz in Europa würde die Vernichtung des Kontinents bedeuten. Michael Staack kritisierte, dass schon seit Jahren keine ernsthafte Bereitschaft der NATO zu substanziellen Gesprächen mit Russland erkennbar sei. Die militärischen Kontakte zur Krisenvorbeugung sollten ausgeweitet werden, wie von den meisten Expert*innen empfohlen. Aus seiner Sicht fehlt der NATO eine Strategie des Dialogs als Ergänzung zur Strategie der Abschreckung.
Zum Link auf der Homepage des RBB
WIFIS-Jahrestagung diskutiert Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten
Wie sind die aktuellen Dynamiken von neuen Kooperationen (z.B. von Israel mit einigen Golfmonarchien) und alten Konfrontationen (z.B. mit dem Iran) zu bewerten? Wo können Friedensstrategien ansetzen; wo droht eine Verfestigung von Konflikten? Welche Einflussmöglichkeiten haben Deutschland und die Europäische Union? Diese Themen bestimmten die Jahrestagung des von Professor Michael Staack geleiteten Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS), die am 16. und 17. September 2021 in bewährter Zusammenarbeit mit der Landesverteidigungsakademie in Wien stattfand.
Ein besonderes Augenmerk richtete sich auf die ungewisse Zukunft des 2015 abgeschlossenen Nuklearabkommens mit dem Iran (JCPoA), das die USA 2018 völkerrechtswidrig verlassen hatten und dem sie entgegen anderslautender Ankündigungen von Präsident Biden noch nicht wieder beigetreten sind. Botschafter a.D. Rüdiger Lüdeking, als Rüstungskontrolldiplomat lange Zeit mit diesem Dossier befasst, arbeitete in seinem Einleitungsvortrag die Inhalte und Ziele dieses Abkommens nachdrücklich heraus. Aus seiner Sicht stellt diese Vereinbarung unverändert die geeignetste Grundlage dar, um den Konflikt über das iranische Nuklearprogramm zu beenden und die Politik dieses Landes zu beeinflussen. Azadeh Zamirirad, Regionalexpertin an der Stiftung für Wissenschaft und Politik Berlin (SWP), untermauerte diese Einschätzung mit ihrer Analyse der inneriranischen Debatten und Kräfteverhältnisse. Zur Sprache kamen auch die Gründe für die Ablehnung des JCPoA quer durch das politische Spektrum Israels. Weitere Vorträge befassten sich mit anderen regionalen Akteuren. Auch die Folgen des Desasters der gescheiterten Afghanistan-Intervention wurden in diesem Kontext thematisiert.
Zwei ernüchternde Bestandsaufnahmen zogen sich wie „rote Fäden“ durch die Diskussionen: (1) Der Einflussverlust der Europäischen Union, deren Reputation durch ihre schwache Rolle bei der Erhaltung des JCPoA, durch das Afghanistan-Desaster und durch ihre Politik der Externalisierung von Migrations- und Geflüchteten-Abwehr nachhaltig beschädigt worden sei. Und (2): Die Auffassung, dass Diplomatie generell und besonders in dieser Region primär von Interessen bestimmt sein müsse.
Zum Konferenzbericht auf der Seite des österreichischen Bundesheers
Afrikawissenschaft trifft Praxis: Symposium im Gedenken an Franz Ansprenger
Im Gedenken an den 2020 verstorbenen Prof. Dr. Franz Ansprenger (Freie Universität Berlin) hat die Deutsche Afrika Stiftung am 6. und 7. September 2021 in Zusammenarbeit mit den „Ansprenger-Schülern“ die Veranstaltung „Afrikawissenschaft trifft Praxis: Symposium im Gedenken an Franz Ansprenger“ ausgerichtet. Die Veranstaltung würdigte Professor Ansprengers einflussreiches Wirken als Nestor der deutschen Afrikaforschung, griff zugleich den aktuellen Stand der politikwissenschaftlichen Beschäftigung mit Afrika auf und diente der Vernetzung von Afrikaforscher*innen mit Praktiker*innen.
Die Veranstaltung wurde eingeleitet durch Grußbotschaften von Dr. Uschi Eid, Präsidentin der Afrika-Stiftung, und Alt-Bundespräsident Dr. Horst Köhler. Prof. Dr. Rainer Tetzlaff (Hamburg) würdigte anschließend den Forscher und Lehrer Franz Ansprenger und arbeitete besonders die Modernität dessen auf Empathie beruhenden Afrika-Bildes heraus. Prof. Dr. Ulf Engel (Leipzig), wie Rainer Tetzlaff Ansprenger-Schüler, nahm in seinem engagierten Vortrag eine kritische Bestandsaufnahme zum Stand und zur Relevanz der sozialwissenschaftlichen Afrika-Forschung vor: „`Afrika´ in der Politikwissenschaft und `Politik´ in den Afrikawissenschaften Deutschlands“. Die Debatte wurde in vier Panels fortgesetzt.
Professor Michael Staack moderierte das Panel „Sicherheit und Entwicklung in der Sahelzone“. Teilnehmer*innen dieses Panels waren Anne-Marie Descotes, Botschafterin Frankreichs in Berlin, Botschafter Christoph Retzlaff, Sonderbeauftragter für die Sahelzone im Auswärtigen Amt, Kristine Döll, bis vor kurzem als Civil Advisor des Auswärtigen Amts für das deutsche Einsatzkontingent MINUSMA in Mali tätig, sowie Marcel Maiga vom Steuerkreis „Fokus Sahel“, dem Kooperationsnetzwerk der in der Sahel-Region engagierten Nichtregierungsorganisationen.
Das Panel wurde eingeleitet durch einen Impulsvortrag von Prof. Dr. Helmut Asche (Mainz), der unter der Überschrift „`Sahelistan´ – Was wird aus den Sahel-Ländern?“ eine äußerst kritische Zwischenbilanz des internationalen Engagements zog und eine Schwerpunktverlagerung auf die Unterstützung lokaler Akteure forderte. Weitere Themen der Panel-Debatte waren mögliche Konsequenzen der gescheiterten Afghanistan-Intervention für Mali, die Neugewichtung des Verhältnisses von Entwicklung und Sicherheit, die Einschätzung der Reformfähigkeit von Staat und Militär in diesem Land, Perspektiven der Zivilgesellschaft auf dieses Thema, die sehr gemischte Bilanz der militärischen „Ertüchtigung“ sowie die Rolle Frankreichs in der Sahel-Region. Alle Panelist*innen stimmten darin überein, dass ein „Weiter so“ nicht in Frage komme. Über die zukünftige Gestaltung des internationalen Engagements gingen die Meinungen aber in vielen Punkten auseinander. Einigkeit bestand wiederum darin, dass die Sahel- und Westafrika-Politik in der deutschen Außenpolitik einen sehr viel höheren Stellenwert einnehmen und öffentlich viel intensiver debattiert werden müsse.
Zum Tagungsbericht auf der Homepage der Deutschen Afrika-Stiftung
Zur Rede von Alt-Bundespräsident Dr. Horst Köhler
Das Desaster am Hindukusch: Afghanistan, der Westen und die Taliban
Welche Entwicklung wird Afghanistan unter der Taliban-Herrschaft nehmen? Haben sich die Taliban geändert; welche Fraktionen gibt es? Muss die Humanitäre Hilfe verstärkt und die Entwicklungszusammenarbeit wiederaufgenommen werden? Welchen Einfluss werden die Mächte der Region nehmen; welche Optionen verbleiben den gescheiterten Interventionsmächten? Kommt der Terror zurück? Warum scheiterte die 20jährige Intervention des Westens so umfassend; warum endete sie schlußendlich in einem Desaster mit globalen Auswirkungen? Diese Fragen diskutierten der afghanische Diplomat und ehemalige Gesandte in Berlin, Abed Nadjib, und Professor Michael Staack am 31. August 2021 im Rahmen einer gut besuchten Online-Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg. Die Veranstaltung wurde moderiert von Birgit Langhammer (NDR Info). Beide Diskutanten waren sich einig in der Forderung nach einer schnellen Steigerung der Humanitären Hilfe, im Eintreten für Frauen- und Menschenrechte und nach intensiv genutzten Gesprächskanälen mit den Taliban, um Einfluss nehmen zu können.
Michael Staack arbeitete, darüber hinaus, einige zentrale Gemeinsamkeiten der gescheiterten westlichen Interventionen von Indochina und Vietnam über den Irak bis nach Afghanistan heraus: (1) Eine wenig fundierte Sachkenntnis der Intervenierenden über Land, Region, Sprache(n) und (politische) Kultur; verbunden mit einer geringen Bereitschaft, sich diese mit Empathie anzueignen. (2) Eine Verbindung mit korrupten Eliten, die den Interventen nach dem Munde reden und dabei ihre eigenen Interessen verfolgten; mit Familien und Vermögen oft schon im Ausland. (3) Sich im Interventionsverlauf verstetigende und verstärkende Schönfärbereien und Schönrednereien statt objektiver Bestandsaufnahmen. (4) Auf dem Papier eindrucksvolle, in der Praxis als Folge von Korruption, schlechter Motivation und teilweise auch schlechter Ausbildung aber nur begrenzt zuverlässige und einsetzbare Sicherheitskräfte. (5) Ein falscher Vorrang für das Militärische bei Vernachlässigung von Entwicklung. Schließlich seien die Intervenierenden (6) nicht unparteiisch wie VN-Blauhelme, sondern Partner einer Bürgerkriegspartei, der sie vorübergehend zum Erfolg verholfen hätten.
Die Debatte soll fortgesetzt werden.
Diagnose “Pathologische Lernunwilligkeit”: Interview zur Entwicklung in Afghanistan
Im Gespräch mit NDR Info hat sich Professor Michael Staack zur Lage in Afghanistan, zum Scheitern der „militärischen Ertüchtigung“ der afghanischen Streitkräfte und zu möglichen Konsequenzen für den Einsatz in Mali geäußert. Dabei unterstützte er die Forderung nach einer Untersuchung des zwanzigjährigen deutschen Afghanistan-Engagements durch unabhängige Sachverständige. Im Kontext einer solchen Untersuchung müsse auch analysiert werden, warum westliche Interventionsmächte bereits in Vietnam oder im Irak umfassend gescheiterte „Lösungsansätze“ wie Bündnisse mit korrupten Eliten und die überwältigende Priorisierung des Militärischen vor nachhaltiger Entwicklung weiterhin betrieben. Eine solche Praxis komme einer „pathologischen Lernunwilligkeit“ gleich.
„Eintreten für kooperative Sicherheit fehlt“: Gespräch anlässlich des Auslaufens der Fregatte „Bayern“
In einem Interview mit SWR 2 anlässlich des Auslaufens der Fregatte „Bayern“ am 2. August 2021 hat Professor Michael Staack eine Vernachlässigung gestaltender Außenpolitik kritisiert. Statt gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Union konkrete Vorschläge für kooperative Sicherheit, Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle im Indo-Pazifik zu formulieren, werde die Entsendung eines einzelnen Kriegsschiffs symbolisch überhöht. Über die Ziele dieser, so die offizielle Bezeichnung, „Präsenz- und Ausbildungsfahrt“, gebe es innerhalb der Bundesregierung keinen tragfähigen Konsens.
Politisch ohne Kurs und Kompass? Fregatte „Bayern“ auf dem Weg in den Indo-Pazifik
Am 2. August 2021 wird die Fregatte „Bayern“ zu einer mehrmonatigen Fahrt in den Indo-Pazifik aufbrechen. Das Schiff wird sich an Manövern beteiligen, Hafenbesuche absolvieren und einige Wochen an der Überwachung des Sanktionsregimes gegenüber Nordkorea teilnehmen. Eine Beteiligung an den „Freedom of Navigation“-Operationen der US Navy ist ebenso wenig geplant wie eine Passage durch umstrittene Territorialgewässer. Noch offen ist ein insbesondere vom Bundeskanzleramt gewünschter Hafenbesuch in Shanghai.
Kritikwürdig sind nicht die vorgesehenen Aufgaben und Routen, sondern die Kommunikation im Vorfeld. Während das Kanzleramt auf eine Einbeziehung der Volksrepublik China drängte, stellte das Auswärtige Amt, damit den Leitlinien der Bundesregierung zum Indo-Pazifik folgend, den inklusiven Ansatz der deutschen Politik in den Vordergrund. Dagegen kommunizierte das Verteidigungsministerium die Fregattenfahrt als Beitrag zur Eindämmung Chinas, als Unterstützung von China bedrängter „Wertepartner“ in Ostasien und als Beginn einer kontinuierlichen Marinepräsenz in der Region. Entsprechende Stellungnahmen, auch der Verteidigungsministerin, stellen „Einzelmeinungen“ dar, hat Dr. Michael Paul (Stiftung Wissenschaft und Politik) zutreffend festgestellt (https://cimsec.org/mind-the-gap-german-security-policy-in-the-indo-pacific-between-aspiration-and-reality/).
Sie hätten, so Hans Kundnani vom britischen Think Tank „Chatham House“, schon vor Fahrtbeginn zu falschen und enttäuschten Erwartungen geführt (https://www.chathamhouse.org/2021/05/germanys-indo-pacific-frigate-may-send-unclear-message).
In der dissonanten Kommunikation spiegelt sich, so die Auffassung von Professor Michael Staack, auch das Fehlen eines gemeinsamen China-Ansatzes innerhalb der Bundesregierung wider, der – ungeachtet der Richtlinienkompetenz der Kanzlerin – ein gemeinsames Regierungshandeln seit vier Jahren beeinträchtige. Außerdem fehle die öffentliche Debatte. Deutschland sei gut beraten, seine Stärken zu nutzen, konstruktive Vorschläge für kooperative Sicherheit, Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle in Ostasien einzubringen und eine gemeinsame EU-Position statt nationaler Alleingänge zu fördern, so Michael Staack in einem Beitrag für das Magazin „Zur Sache Bundeswehr“.
WIFIS-Konferenz 2021: “Konflikt und Kooperation im Nahen und Mittleren Osten“
Die Jahreskonferenz 2021 des von Professor Michael Staack geleiteten Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS) findet am 16. und 17. September in der Landesverteidigungsakademie Wien statt. Ziel der Tagung ist es, die aktuelle Entwicklung der Kooperations- und Konfliktdynamiken in der Region zu analysieren und friedenspolitische Lösungsansätze aufzuzeigen. Ein besonderer Fokus richtet sich auf die Zukunft des 2015 in Wien abgeschlossenen, 2018 von den USA völkerrechtswidrig gekündigten Nuklearabkommens mit dem Iran (JCPoA). Nachwuchswissenschaftler*innen können sich bis zum 15. August 2021 für insgesamt fünf Tagungsstipendien bewerben.
Zum Programm und zur Anmeldung
Zur Diskussion: Chinas Selbstverständnis und die Sicherheitskonstellation in Ostasien
In einem Diskussionspapier für die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) befasst sich Professor Staack mit dem Selbstverständnis der Volksrepublik China, mit der Entwicklung der Sicherheitskonstellation in Ostasien und mit der Frage, ob kooperative Sicherheit in der Region und im erweiterten Indo-Pazifik noch eine Chance habe. Das Diskussionspapier reflektiert die Zäsuren der letzten Jahre auf Seiten Chinas und der USA und die zwanzigjährige Beschäftigung von Michael Staack mit China; vor allem aus der Perspektive der deutschen Außenpolitik.
Zur Homepage der VDW mit dem Diskussionspapier
Pionier*innen der Friedensforschung: Heft 1-2 (2021) der “Friedens-Warte”
Durch die von den USA proklamierte „neue Großmächtekonkurrenz“ oder den Aufstieg des Rechtspopulismus in etablierten Demokratien wird die Friedens- und Konfliktforschung mit Herausforderungen konfrontiert, die über längere Zeit eher in den Hintergrund der wissenschaftlichen Forschung gerückt waren. Vor diesem Hintergrund lohnt es, Pionier*innen der Friedensforschung neu zu betrachten und zu fragen, ob und inwiefern ihre Prämissen, Theorien und Erkenntnisse für die Gegenwart nutzbar gemacht werden können. In der nun erschienenen, von Gastherausgeberin Sabine Jaberg betreuten Ausgabe 1-2 (2021) des „Journal of International Peace and Organization“ wird das Werk von zehn solchen Pionier*innen, darunter Elise Boulding, Ernst-Otto Czempiel, Ekkehard Krippendorff und Dieter Senghaas, auf diese Fragen hin untersucht. Ein Ergebnis: Die heutige Friedens- und Konfliktforschung ist spezialisierter und methodisch fortgeschrittener als zur Zeit der „Klassiker*innen“; diese haben jedoch zu grundsätzlichen Fragen wie etwa Friedensbegriff, Friedensursachen oder Friedensstrategien Antworten anzubieten, die sehr gewinnbringend sein können für die aktuelle wissenschaftliche Beschäftigung mit Grundsatzfragen internationaler Ordnungspolitik oder friedensförderlicher Außenpolitik.
Der Nordkorea-Konflikt: Buchvorstellungen in Hamburg
„Check-up Nordkorea: Wer hat die Macht und wie ist die Konfliktlage heute?“ war das Thema eines Webinars, das die Deutsch-Koreanische Gesellschaft Hamburg und der Ostasiatische Verein am 24. Juni gemeinsam durchführten. Die von gut 70 Teilnehmer*innen vorwiegend aus der Wirtschaft besuchte Veranstaltung begann mit der Vorstellung der Bücher „Der Nordkorea-Konflikt“ (Prof. Dr. Michael Staack) und „Von Kim Jong Il zu Kim Jong Un“ (Dr. Thomas Schäfer, ehem. Botschafter in Nordkorea). Die Autoren diskutierten unter Leitung von Botschafter a.D. Gerhard Thiedemann, Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft zu Hamburg, mit Professorin Dr. Eun-Jeung Lee (Leiterin des Instituts für Koreastudien an der FU Berlin), Matthias Naß (Internationaler Korrespondent DIE ZEIT) und Prof. Dr. Patrick Köllner (Direktor des GIGA-Instituts für Asienstudien).
Im Vordergrund des lebhaften Austausches stand die Frage nach der Nordkorea-Politik der Biden-Administration, nach der Führungsstruktur und den Zielen Nordkoreas sowie seiner Bereitschaft, sich auf Vereinbarungen einzulassen und diese auch einzuhalten, nach der Rolle Chinas sowie nach den Handlungsspielräumen der noch bis 2022 amtierenden südkoreanischen Regierung unter Präsident Moon Jae-in. Ebenfalls thematisiert wurde die generelle Verschlechterung der Sicherheitslage in Ostasien sowie Einflussmöglichkeiten Deutschlands und der Europäischen Union auf neue Verhandlungsprozesse in Bezug auf Korea.
Für den von Professor Staack herausgegebenen Band „Der Nordkorea-Konflikt. Interessenlagen, Konfliktdimensionen, Lösungswege“, an dem acht renommierte Expert*innen beteiligt waren, war dies nach der Vorstellung an der Freien Universität Berlin im Januar 2020 die zweite Buchpräsentation – bedingt durch die Corona-Pandemie mit fast 18 Monaten Verzögerung. Das Werk wurde inzwischen auch von Bundespräsident Steinmeier gewürdigt.
Für die Erhaltung der HSU als offene Universität mit öffentlichem Campus
Gemeinsam mit anderen Mitgliedern seines Teams gehört Professor Staack zu den über 300 Mitgliedern der Helmut-Schmidt-Universität, die sich in einer Protestresolution gegen die Umwandlung der HSU in einen „Umfassenden Militärischen Sicherheitsbereich“ (MSB) aussprechen. Eine entsprechende Weisung erfolgte Ende März 2021 durch die Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung und wurde mit allgemeinen Sicherheitsgefahren begründet. Die Protestresolution gegen diese Entscheidung wurde an die amtierende Ministerin Kramp-Karrenbauer adressiert. Die Gremien der HSU, insbesondere der Akademische Senat, haben sich ebenfalls mit Beschlüssen gegen den MSB ausgesprochen. Zahlreiche Medien wie NDR, Hamburger Abendblatt oder Frankfurter Allgemeine Zeitung berichteten.
Die Umwandlung der HSU zu einem „MSB“ würde den Charakter der Universität fundamental verändern. Der Zugang zum Universitätscampus wäre damit grundsätzlich untersagt; vielfältige Formen des wissenschaftlichen Austausches würden deutlich erschwert und ein Schusswaffengebrauch auf dem Gelände wäre nach dem „Gesetz über unmittelbaren Zwang“ grundsätzlich möglich. Die Freiheitslogik der Universität würde ersetzt durch die Erlaubnislogik eines Sicherheitsbereichs, dessen Gestaltung jederzeit durch Weisung des BMVg verändert werden kann.
Die Ausgestaltung des Universitätscharakters und insbesondere des offenen Zugangs, voll vergleichbar mit anderen Universitäten, war bereits bei der Konzeption der damaligen Hochschule der Bundeswehr Anfang der 1970er Jahre diskutiert worden. Die damit beauftragte Kommission, benannt nach dem Gründungspräsidenten, Professor Thomas Ellwein, hatte sich seinerzeit allerdings ausdrücklich für uneingeschränkte Offenheit und Öffentlichkeit sowie ungehinderten Zugang entschieden. Dies geschah zu einer Zeit, als der Terrorismus der „Roten Armee Fraktion“ seinen Höhepunkt erreichte. Auch nach den Terroranschlägen des 11. September 2001, immerhin in Hamburg mitgeplant, wurde diese Grundsatzentscheidung nicht in Frage gestellt. Helmut Schmidt, als damaliger Bundesminister der Verteidigung (1969-1972) Verfechter der Gründungsidee, hat den offenen Charakter der 2003 nach ihm benannten Universität zeitlebens befürwortet und, darüber hinaus, vor einer Abschottung der Streitkräfte gegenüber der Gesellschaft gewarnt.
Professor Staack hat vielfältig über die Politik Helmut Schmidts, das Konzept der Inneren Führung und Bundeswehrreformen geforscht.
Die Offenheit der HSU zu bewahren dient nicht nur der weiteren Vernetzung der Universität in der nationalen und internationalen Forscher*innengemeinde, sondern auch ihrer Anerkennung als relevantem Forschungsstandort. Die HSU als öffentlich zugänglichen Ort ohne Zugangsbeschränkungen zu erhalten, dient schließlich auch der Verankerung der Bundeswehr als Streitkräfte einer freiheitlichen und demokratischen Ordnung in der Mitte der Gesellschaft. Deshalb streben die Unterzeichner*innen der Protestresolution an, die Entscheidung zur Umwandlung der HSU in einen umfassenden „MSB“ rückgängig zu machen.
Interview von Professor Michael Staack zur Debatte über die offene Universität
Rede von Professor Staack bei der Gedenkveranstaltung der HSU für Helmut Schmidt (2015)
Online-Dialog zur Zukunft der deutsch-chinesischen Beziehungen
Die Bundestagswahl am 26. September 2021 und denkbare neue Regierungskoalitionen, Außen- und Innenpolitik einer neuen Regierung sowie Perspektiven für die deutsch-chinesischen und EU-chinesischen Beziehungen standen am 20. Mai 2021 auf der Tagesordnung eines Online-Dialogs des Grandview Instituts in Beijing in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung. Im Rahmen seines Vortrags befasste sich Professor Michael Staack mit den wahrscheinlichen Veränderungen der deutschen China-Politik unter einer neuen Bundesregierung und internationalen Einflussfaktoren.
Neue WIFIS-Studie: Empowerment von Frauen in Bildung und Arbeitsmarktintegration
Die Studie von Germaine Tesch-Ntad analysiert die entwicklungspolitischen Maßnahmen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Mali und im Senegal. Dabei wird insbesondere erörtert, inwieweit die BMZ-Leitlinien, Marshallplan für Afrika und Gender GAP II in Bezug auf das Empowerment von Frauen und Mädchen in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarktintegration umgesetzt werden. Bis dato gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Publikationen über das Empowerment von Frauen in Westafrika. Diese Arbeit ist eine der ersten, die konkrete Handlungsempfehlungen auf Grundlage von Expert*innenwissen aufweisen kann.
Das Buch enthält den Text in einer deutsch- und in einer französischsprachigen Version. Die Autorin, Germaine Tesch-Ntad, MA, MPS, ist Sozial- und Erziehungswissenschaftlerin. Die Studie entstand 2020 im Rahmen einer Praxisstation im Team von Prof. Dr. Michael Staack.
Neues Heft der “Friedens-Warte”: Menschenrechte, Internationale Organisationen und Friedenssicherung
Diese Themen bilden den Schwerpunkt der nun erschienenen Ausgabe 3-4 (2020) des „Journal of International Peace and Organization“. Das gut 200 Seiten starke Heft ist dem langjährigen Mitherausgeber Professor Christian Tomuschat gewidmet und spiegelt zentrale Inhalte seines wissenschaftlichen Werkes. Mit dieser Ausgabe wird auch der Herausgeberkreis der Zeitschrift komplettiert: Neu im Team ist ab sofort Dr. Charlotte Dany, Politikwissenschaftlerin und Geschäftsführerin der Friedensakademie Rheinland-Pfalz, die gemeinsam mit Andreas von Arnauld, Michael Staack und Pierre Thielbörger den inhaltlichen Kurs der ältesten deutschen Zeitschrift für Friedensforschung und Völkerrecht gestalten wird. – Unter der Überschrift „Für Stabilität und gegen unkontrollierbare Konfrontation“ dokumentiert die „Friedens-Warte“ auch einen Debattenbeitrag von Rüdiger Lüdeking und Helmut W. Ganser für eine neue westliche Rüstungskontrollinitiative gegenüber der Russischen Föderation.
Rüstungskontrollexpert*innen präsentieren Vorschläge für die deutsche Politik
Die Studiengruppe Europäische Sicherheit und Frieden der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) unter Leitung von Prof. Dr. Götz Neuneck hat der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit eine „Agenda für Risikoreduzierung, Nichtverbreitung, Rüstungskontrolle und Abrüstung“ vorgelegt.
Die Vorschläge des Dokuments sind als Impuls für eine neubelebte westliche Rüstungskontrollpolitik gedacht. Thematisiert werden vor allem die nukleare Rüstungskontrolle zwischen USA und Russland, aber auch der Iran- und der Nordkorea-Konflikt sowie ein konstruktiver Sicherheitsdialog mit China. Michael Staack gehört zu den Autoren des Dokuments. Nach dem Zerstörungswerk der Trump-Administration, so seine Einschätzung, bietet die Verlängerung des New START-Vertrages für volle fünf Jahre eine gute Ausgangsposition für die Rückkehr zu verantwortlichem Handeln – auch wenn die rüstungskontrollpolitische Gesamtarchitektur nicht schnell wiederhergestellt werden kann und wird.
Zur Erklärung der Studiengruppe
Bundespräsident Steinmeier würdigt Buch über Nordkorea-Konflikt
Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier hat das von Professor Staack herausgegebene Buch „Der Nordkorea-Konflikt. Interessenlagen, Konfliktdimensionen, Lösungswege“ gewürdigt. „Es ist gut zu wissen, dass Sie gemeinsam mit anderen Mitgliedern der früheren Hochrangigen Beratergruppe Ihr Engagement hier und auch in Korea fortführen. Die gebündelte Expertise, große Erfahrung und weitreichende akademische und sonstige Vernetzung liefern wertvolle Anstöße bei der Suche nach Lösungen für den Konflikt auf der koreanischen Halbinsel. Der von Ihnen herausgegebene Band legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab. Gerade in Zeiten der derzeit scheinbar alles überschattenden Coronakrise ist es wichtig, die Lage auf der koreanischen Halbinsel mit ihren sicherheits- und geopolitischen Implikationen weiter im Auge zu behalten. Ich möchte Sie deshalb … ausdrücklich zur Fortsetzung Ihres verdienstvollen Einsatzes ermutigen.“
Das Buch enthält Beiträge von acht international ausgewiesenen Expert/innen über die Entwicklung des Nordkorea-Konflikts und wurde am 30. Januar 2020 im Korea-Institut der Freien Universität Berlin vorgestellt. Professor Michael Staack gehörte von 2014 bis 2017 der Hochrangigen Beratergruppe zu den außenpolitischen Fragen der Wiedervereinigung Koreas an, die vom damaligen Außenminister Steinmeier und seinem südkoreanischen Amtskollegen Yun Byung-se eingesetzt worden war. Auch der abschließende Bericht der Hochrangigen Beratergruppe wird im Buch dokumentiert.
Sicherheitsexpert*innen fordern umgehende Wiederaufnahme des Militärdialogs NATO-Russland
Im Sommer und Herbst 2020 hat sich eine Gruppe von Sicherheitsexpert*innen (Politik, Militär, Wissenschaft) aus den USA, Russland und Europa zu insgesamt 15 Online-Workshops getroffen, um über einen Neustart des Dialogs, die Verbesserung der Krisenkommunikation sowie eine Revitalisierung der Rüstungskontrolle zu beraten. Ungeachtet der fortbestehenden unterschiedlichen Ansichten über die Ursachen des Konflikts zwischen Russland und dem Westen bestand Einigkeit darin, dass die sicherheitspolitische Lage in Europa so kriseninstabil sei wie nie seit dem Ende des Ost-West-Konflikts und die Gefahr einer militärischen Eskalation bzw. eines Kriegs aus Versehen damit real gegeben. Dieser Zustand könne nicht hingenommen werden. Als Ergebnis ihrer Arbeit hat die Gruppe am 7. Dezember 2020 ihr Final Statement NATO-RUSSIA MILITARY RISK REDUCTION IN EUROPE vorgelegt.
Die Gruppe fordert u.a.:
- eine umfassende Wiederaufnahme des 2014 abgebrochenen militärischen Dialogs NATO-Russland und USA-Russland einschließlich höchstrangiger Kontakte;
- die Aktivitierung des NATO-Russland-Rates durch regelmäßige Beratungen auf Botschafterebene;
- die Vereinbarung von Regeln und Maßnahmen der Krisenprävention, Krisenkommunikation und Transparenz in Risikozonen wie dem Hohen Norden, dem Baltikum und der Schwarzmeerregion und darüber hinaus;
- eine umgehende Verlängerung des New START-Vertrages für fünf Jahre;
- die Aufrechterhaltung des Open Skies-Vertrages;
- einen Dialog mit dem Ziel, die Absichtserklärungen der NATO und Russlands zur Nichtstationierung neuer (nuklearer) Mittelstreckenwaffen (INF) in Europa zu synchronisieren sowie weitere Gespräche über andere Rüstungskontrollthemen;
- die Erarbeitung eines neuen sicherheitspolitischen „Code of Conduct“ für ganz Europa.
Der Forderungskatalog wird von 145 Unterzeichner*innen aus 20 Staaten unterstützt. Dazu gehören 16 frühere Außen- und Verteidigungsminister, 27 ehemalige Generale und Admirale, 24 Botschafter und 55 Experten aus Universitäten und Think Tanks, darunter auch Professor Michael Staack.
“Germany´s West Africa Policy: Taking (West) Africa seriously!” – Workshop Report released
The third International Workshop on “Germany´s West Africa Policy: Taking (West) Africa seriously!”, was held on October 17th 2020 in Berlin as a hybrid event. This one day workshop brought both results of preceding discussions together and payed special attention to West African ownership and alternative or traditional forms of governance. A special focus was on recent developments in Mali since August 2020.
Berlin Forum on Korea 2020: Securing a Safer Tomorrow
“Securing a Safer Tomorrow – Challenges for the EU and North East Asia” war das Thema des “Berlin Forum 2020”, das am 17. November im hybriden Format im Korea-Institut der Freien Universität Berlin und online stattfand. Moderiert von Dr. Norbert Baas, ehemaliger Botschafter Deutschlands in der Republik Korea, wurde die Veranstaltung eingeleitet durch Statements der Professoren Dr. Yoon Young-Kwan und Dr. Michael Staack. Nach Auffassung von Prof. Yoon, früherer Außenminister Südkoreas, befindet sich die Weltordnung inmitten eines Veränderungsprozesses von einem System, in dem die USA dominierten, zu einer Ordnung, in der China eine wichtigere Rolle spielen werde. Auch eine Biden-Administration werde alles daransetzen, die führende Rolle der USA zu behaupten. Wenn es um Menschenrechte und fairen Handel gehe, werde Südkorea die USA unterstützen; eine militärische Positionierung gegen China aber vermeiden. Als „Middle Powers“ teilten Südkorea und Deutschland viele gemeinsame Interessen und Werte.
Beide Experten zeigten sich überzeugt, dass der Konflikt über das nordkoreanische Nuklearprogramm im Laufe des Jahres 2021 auf die Agenda der neuen US-Administration zurückkehren werde; mit – so Michael Staack – „einem überlegten Konzept, einer durchdachten Strategie und einer einheitlichen Linie innerhalb der Administration“, alles im Gegensatz zur Nordkorea-Politik von Präsident Trump. Die Europäische Union und Deutschland sollten sich darauf vorbereiten, einen solchen Prozess zu unterstützen. Das Eintreten für kooperative Sicherheit, Abrüstung und Rüstungskontrolle, so Professor Staack, sei der zentrale Beitrag, den EU und Deutschland in dieser Region für die Friedenssicherung leisten könnten. Yoon Young-Kwan und Michael Staack begrüßten den unter Federführung des südostasiatischen Staatenverbunds ASEAN erfolgten Abschluss der „Regional Comprehensive Economic Partnership“ (RCEP). Mit dem am 15. November 2020 vereinbarten, größten Freihandelsabkommen der Welt würden die Eigendynamiken und der Wille zur Zusammenarbeit innerhalb der Region deutlich gemacht.
Das „Berlin Forum on Korea 2020“ fand diesmal im Rahmen der Inauguration Conference (16.-20. November 2020) des Korea-Europe Center statt. Das neue Center soll in gemeinsamer Regie des Korea-Instituts der FU Berlin und der KDI School for Public Policy and Management die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Korea und Europa fördern.
Zum Grußwort von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder auf Youtube
Zum Mitschnitt des Gesprächs mit Professor Staack
NDR-Sendung „Indo-Pazifik: Bald Operationsgebiet der Bundeswehr?“
Die NDR-Fachsendung „Streitkräfte und Strategien“ beschäftigte sich am 14. November 2020 mit geplanten und diskutierten Engagements der Deutschen Marine im Indischen und Pazifischen Ozean und den damit verbundenen politischen und rüstungswirtschaftlichen Interessen. Professor Staack sprach sich im Gespräch mit dem NDR gegen eine (noch nicht beschlossene) Marinepräsenz im Südchinesischen Meer und in der Taiwan-Straße aus und hinterfragte die dafür vorgebrachten, nicht überzeugenden Begründungen.
Professor Staack bleibt Präses des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit
Michael Staack wurde am 11. November 2020 für zwei weitere Jahre als Präses des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit e.V. (WIFIS) bestätigt. Als Stellvertreter amtieren weiterhin Prof. Dr. Gunther Hauser (Referatsleiter Internationale Sicherheit der Landesverteidigungsakademie Wien und Donau-Universität Krems) sowie Jörn Thiessen (Direktor Fakultät für Politik, Strategie und Gesellschaftswissenschaften der Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg). Dem Präsidium gehören außerdem Joanna Caripides (Hertie School of Governance Berlin) und Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb, 2011-2018 deutscher Verteidigungsattaché in Moskau, an. WIFIS versteht sich als sicherheitspolitische Denkplattform. Der eingetragene Verein fördert durch Publikationen und Tagungen die wissenschaftliche Beschäftigung mit Sicherheitspolitik und den Austausch zwischen Wissenschaft und Streitkräften.
WIFIS Aktuell: Russland und der Westen – Ist kooperative Sicherheit möglich?
Die Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Staaten sind gegenwärtig so schlecht wie seit den frühen 1980er Jahren nicht mehr – der Zeit vor dem Amtsantritt Michail Gorbatschows in der Sowjetunion (1985). Sicherheitspolitisch fällt die Analyse noch kritischer aus. Der damalige Kalte Krieg bewegte sich in relativ geordneten Bahnen und beide Seiten bemühten sich insbesondere, Risiken durch versehentliche militärische Zusammenstöße zu vermeiden. An solchen eingespielten Mechanismen und Selbstkontrollen fehlt es derzeit und das im OSZE-Rahmen aufgebaute Netzwerk von Vertrauens- und sicherheitsbildenden Maßnahmen und Krisenprävention wird nicht geachtet und genutzt. Deshalb ist eine militärische Eskalation aus Versehen wahrscheinlicher geworden als sie das in den 1980er Jahren war. Dazu tragen auch neue Waffensysteme mit verkürzten Vorwarnzeiten bei.
In den zurückliegenden Jahren haben sich die Gräben zwischen Russland und dem Westen ständig weiter vertieft. Ein Ende dieser negativen Spirale ist nicht in Sicht. Die russische Führung hat sich seit 2014 als destruktiver spoiler in der internationalen Politik etabliert und führt diesen Kurs fort, weil er aus ihrer Sicht zumindest vordergründig erfolgreich ist. Dazu gehört auch der Giftmordversuch an Alexey Nawalny. Zur Eskalation des Konflikts zwischen Russland und dem Westen haben aber, in längerfristiger Perspektive, unterschiedliche Entwicklungen beigetragen, für die auch westliche Politik mitverantwortlich ist. Während in den 1990er Jahren die Erweiterung der NATO noch von einem kontinuierlichen Bemühen um eine vertiefte Partnerschaft mit Russland begleitet wurde, ging dieser Grundgedanke im neuen Jahrhundert mehr und mehr verloren. Eine Verfestigung und Dauerhaftigkeit des Konflikts kann aus sicherheits- und friedenspolitischer Sicht nicht akzeptiert werden. Die jüngsten Entwicklungen in Belarus zeigen, wie zentral ein Mindestvertrauen zwischen der EU und Russland für einen konstruktiven Umgang mit der dortigen Krise ist – oder besser: wäre.
Das von den Professoren Michael Staack und Gunther Hauser (Donau-Universität Krems) herausgegebene neue WIFIS Aktuell „Russland und der Westen – Ist kooperative Sicherheit möglich?“ ist der Frage gewidmet, ob und in welcher Weise solche Schritte angesichts der derzeitigen Blockaden, Destruktion und Verfeindungsprozesse überhaupt möglich sind. Brigadegeneral a.D. Reiner Schwalb widmet sich dem Thema aus sicherheitspolitischer Perspektive und schöpft dabei aus seiner umfassenden Erfahrung als deutscher Verteidigungsattaché in Moskau (2011-2018). Ute Finckh-Krämer, friedenspolitisch engagierte frühere Bundestagsabgeordnete der SPD, diskutiert vielfältige nichtmilitärische Dialogmöglichkeiten. Und Alexander Graef, Wissenschaftler am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), stellt das Thema Kooperative Sicherheit mit Russland in einen konzeptionellen Kontext.
Deutschland-Österreich-Schweiz: Sicherheitspolitische Zielsetzungen – militärpolitische Ausrichtungen
Deutschland, Österreich und die Schweiz – auch D-A-C-H-Länder genannt, abgeleitet von deren Kfz-Länderkennzeichen für Deutschland (D), Österreich (A) und Schweiz (CH) – arbeiten sowohl jeweils untereinander als auch in internationalen Krisenmanagementeinsätzen innerhalb bzw. mit der EU und innerhalb der NATO-Partnerschaft für den Frieden sehr eng zusammen. Die von Prof. Dr. Gunther Hauser in der Schriftenreihe der Landesverteidigungsakademie Wien herausgegebene und eingeleitete Studie befasst sich mit der sicherheitspolitischen Programmatik und Praxis in diesen drei Staaten. Die Autoren des Bandes bezwecken einerseits, auf empirisch-analytischer Grundlage die verteidigungs- und sicherheitspolitischen Konzeptionen für das jeweilige Land zu erörtern, andererseits ungeachtet unterschiedlicher Sicherheits- und Verteidigungskonzeptionen die Notwendigkeit bi- und trilateraler Kooperationen darzustellen und zu analysieren. Im Zentrum der Analysen steht die jeweilige Sicht auf die sicherheitspolitische Lage seitens der Bundesregierungen in Berlin, Bern und Wien sowie deren sicherheitspolitische Antwortversuche sowie die tatsächliche Entwicklung der Streitkräfte, gemessen an den konzeptionellen Absichten der jeweiligen Regierung. Herausgeber Prof. Dr. Gunther Hauser befasst sich mit der Sicherheitspolitik Österreichs, Dr. Mauro Mantovani (Militärakademie an der ETH Zürich) mit der Politik der Eidgenossenschaft und Dan Krause und Prof. Dr. Michael Staack untersuchen „Die Entwicklung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik Deutschlands – Analyse im Spiegel der strategisch-konzeptionellen Grundlagendokumente 2014-2018“.
Professor Staack bei Online-Konferenz “China-US-Europe: Global Power Triangles“
„China-US-Europe: Global Power Triangles and the Remaking of the International Order” war das Thema des “International Authors´ Workshop”, organisiert von den Professorinnen Dr. Dr. Nele Noesselt (Universität Duisburg-Essen) und Dr. Katja Levy (University of Manchester) und veranstaltet vom IN-EAST Institute of East Asian Studies der Universität Duisburg-Essen in Zusammenarbeit mit dem Konfuzius Institut der Freien Universität Berlin. In vier Panels, über viele Zeitzonen hinweg und an insgesamt vier Tagen (22. bis 25. Oktober 2020) analysierten die Konferenzteilnehmer*innen u.a. aus Deutschland, der Volksrepublik China, den USA, Großbritannien, Ungarn und Taiwan Prozesse, Strategien und Dynamiken innerhalb dieses „Power Triangle“. Als Keynote Speaker im Panel 2 („Strategic Triangle“) befasste sich Michael Staack mit dem Thema „In the Fireline 2020. Germany´s Approach to China and the Triangle China-EU-USA“ und kommentierte anschließend die weiteren Vorträge des Panel. In seiner Präsentation charakterisierte er 2020 als ein „decision year“ der deutschen China-Politik und umriss die Entscheidungsprozesse zu diesem Thema. Ebenso wie andere Sprecher vertrat er die Auffassung, dass die EU und Deutschland kein gleichberechtigter Bestandteil der Dreiecksbeziehung seien, sondern ihre Politik weitgehend durch den Einfluss der beiden anderen Akteure bestimmt werde, dabei ganz überwiegend durch die USA.
Third international workshop: “Germany’s West Africa policy: Taking (West) Africa seriously!”
A third international workshop on “Germany’s West Africa policy: Taking (West) Africa seriously!”, was held on October 17th, 2020 in Berlin, Germany. In contrast to the first workshop in Berlin (2018), which particularly dealt with European and German perspectives on the security situation in West Africa and the second workshop in Dakar, Senegal (February 2020), which placed special emphasis on West African perspectives and challenges with regard to security, human, and economic conflicts, this one day workshop brought both results together and payed attention to West African ownership and alternative or traditional forms of governance.
The first session was chaired by Prof. Dr. Michael Staack (HSU) and strongly influenced by what has been referred to in international media as the fourth coup in Mali (August 18th, 2020) since it gained independence from France in 1960. In the first speeches of the day, Philipp Goldberg (Friedrich-Ebert-Foundation / Peace and Security Centre of Competence Sub-Saharan Africa, Dakar) and Prof. Dr. Djénéba Traoré (West Africa Institute, Praia/Cabo Verde – since March 2020 stucked in Bamako), made clear that the current situation in Mali must be placed in the bigger picture of the wider Sahel region. Despite a strong international presence in the region, the security situation has deteriorated especially due to extremist’s killings in recent years. International engagement would still be highly recommended, but at the same time needs to be refocused. Therefore, it is important to refrain from the securitization of the Sahel. Rather peacebuilding needs stronger cooperation with civil society, local communities and secure access to basic public services (i.a education, health services).
In the second session, chaired by Elisabeth Kaneza (University of Potsdam), Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven (ITHF) stressed that attempts of liberal statebuilding by international actors since the 1990s have not met the required standards or completely failed. Ronald Meyer (Federal Ministry for Economic Cooperation and Development, BMZ) further highlighted that international actors cannot simply transfer things – the western value model or institutions (i.a. law, administration). However, the BMZ would not support certain structures if basic human rights are violated, for example concerning the rights of women. While working together with local actors such as traditional authorities is highly recommended in his opinion, different interests need to be taken into account. Subsequently, Benjamin Akoutou (Don Bosco Mission, Bonn) touched upon traditional social dialogue (i.a. under the ‚palaver tree‘) and conflict resolution mechanisms in West African societies (i.a. concerning the role of elders). From his perspective, one main concern is the compatibility of the state with local traditions, including the strengthening of parallelism between formal and alternative forms of governance.
Coordination of the workshop were carried out by the Helmut-Schmidt-University (Prof. Dr. Michael Staack) and the Institute for Theology and Peace (Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven), both situated in Hamburg. Due to the COVID-19 pandemic, the international workshop took place under difficult conditions and some experts participated online in the “hybrid” event.
Entwicklung und Sicherheit in Afrika: WIFIS-Jahrestagung in Berlin
Als Folge unterschiedlicher Entwicklungen, etwa Klimawandel und Migration, ist das Verhältnis zum Nachbarkontinent Afrika in den letzten Jahren stärker in den Fokus der deutschen und europäischen Politik gerückt. Die Beziehungen werden evaluiert, bisherige Ansätze und Partnerschaftsprogramme überprüft und generell hat Afrika-Politik wieder einen höheren Stellenwert auf der Agenda erhalten. Die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie haben das zwingende Gebot der Kooperation in den Bereichen Gesundheit, Entwicklung, Sicherheit und Wirtschaft noch einmal sehr deutlich unterstrichen.
Im Rahmen der Jahrestagung des von Professor Michael Staack geleiteten Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit (WIFIS) wurden am 15. und 16. Oktober 2020 in Berlin einige ausgewählte Themen und Fragestellungen exemplarisch näher betrachtet und debattiert. Einleitend verwies Professor Staack darauf, dass Covid-19 bisher in den meisten Staaten Afrikas unter Kontrolle gehalten werden konnte, die Bekämpfung der Pandemie aber zu erheblichen sozio-ökonomischen Folgekosten führe und Impfprogramme gegen andere Krankheiten stark beeinträchtigt habe. Christoph Matschie, Afrikapolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sprach sich für mutige Neuansätze bei der Partnerschaft zwischen Europäischer und Afrikanischer Union aus, deren Aushandlung pandemiebedingt verschoben worden sei. Europa könne im Wettbewerb mit anderen Akteuren nur durch gute Angebote und mehr Engagement überzeugen, z.B. in der Bildungskooperation. Deutschland habe seine Diplomatie in Subsahara-Afrika in den letzten Jahren erheblich ausgebaut und inhaltlich breiter aufgestellt, so eine zentrale Aussage von Markus Bollmohr, stellvertretender Leiter des Referats Grundsatzfragen Afrika im Auswärtigen Amt. Diese Aufwertung spiegele sich aber noch nicht in einem entsprechenden personellen Aufwuchs wider, so Bollmohr.
Dr. Angela Langenkamp, Gender-Beauftragte der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, schilderte die gerade in den letzten Jahren erfolgte Aufwertung von Genderpolitik in den Strategiedokumenten von BMZ und AA und ging dabei auch auf die wegweisende Resolution 1325 des VN-Sicherheitsrates ein. International seien aber auch die Widerstände gewachsen, besonders aus den USA. In ihrem engagierten Kommentar machte Germaine Tesch-Ntad am Beispiel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Mali und Senegal deutlich, dass es in Bezug auf das Empowerment von Frauen und Mädchen noch erhebliche Vollzugsdefizite gebe.
Charlotte Wiedemann, Publizistin mit großer internationaler und besonders Afrika-Erfahrung, bezeichnete den Militär-Coup in Mali (18. August 2020) als einen „Weckruf“ für die internationale Gemeinschaft. Eine grundlegende Überprüfung des bisherigen Engagements und ein viel stärkeres Eingehen auf die Zivilgesellschaft seien dringend notwendig. Unterlegt mit dichten Daten und Fakten analysierte Dr. Jürgen Brandsch (Bonn International Conversion Center) die schnell voranschreitende Destabilisierung Burkina Fasos durch islamistische Gewaltakteure, die Etablierung einer Gewaltökonomie und den Rückzug des Staates in immer mehr Regionen des Landes. Ebenso wie Sonja Nietz (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg), die in ihrem Kommentar auf weitere Aspekte der fortschreitenden Verschlechterung der Sicherheitslage in der Sahel-Zone einging, plädierte er für einen viel stärkeren Fokus auf Entwicklung bzw. Grundbedürfnisse und kritisierte die zunehmende Versicherheitlichung westlicher Interventionsstrategien.
Prof. Dr. Rainer Tetzlaff (Universität Hamburg) analysierte die wirtschaftlichen Zukunftschancen der afrikanischen Jugend. Die entscheidenden Lösungen, so sein Fazit, müssten aus Afrika selbst kommen – internationale Partner könnten nur assistieren. Er stellte verschiedene Erfolgsbeispiele für solche „afrikanischen Lösungen“ vor, mit denen Afrikas Jugend aus dem „Wartezimmer des Lebens“ geholt werden könnten. Abschließend befasste sich Prof. Dr. Sven B. Gareis mit der Anatomie der Beziehung zwischen China und Afrika. Er zeichnete dabei ein differenziertes Bild und widerlegte das (Vor-)Urteil, China sei zum dominanten Akteur in Afrika geworden. So entfielen derzeit nur 17 Prozent der afrikanischen Staatsschulden auf China. Zweifelsfrei sei aber: China werde sich weiterhin stark engagieren und fordere damit auch andere Akteure wie die EU zum Wettbewerb von „best practices“ auf.
Von Anfang an mit Hygienekonzept und unter Covid-19-Bedingungen geplant, boten die Räumlichkeiten des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses einen ausgezeichneten Ort für diese Konferenz. Die engagierten Diskussionen machten einmal mehr deutlich: Afrika ist kein Land – und die Prozesse und Dynamiken auf dem Nachbarkontinent gestalten sich regional und sektoral vielfach unterschiedlich. Das haben auch deutsche und europäische Politikansätze zu berücksichtigen, wenn sie angemessen und erfolgreich sein wollen.
Neue Ausgabe der Friedens-Warte mit dem Schwerpunkt Regionaler Menschenrechtsschutz
Der Menschenrechtsschutz in verschiedenen Regionen der Welt und in Bezug auf unterschiedliche inhaltliche Aspekte wie Universalität versus kultureller Determinierung steht im Fokus des Hefts 1-2 (2020) der „Friedens-Warte“. Mit dem Erscheinen dieser Ausgabe erfolgt auch ein Wechsel im Herausgeberkreis des Journal of International Peace and Organization. Professor Christian Tomuschat, der das Profil und die inhaltlichen Schwerpunkte der ältesten deutschen Zeitschrift für Friedensforschung seit 1996 mitgeprägt hat, scheidet aus dem Herausgeberkreis aus. Tomuschat, einer der namhaftesten deutscher Völkerrechtler der letzten Jahrzehnte, wird die Zeitschrift künftig durch seine Mitgliedschaft im Wissenschaftlichen Beirat unterstützen. Neuer Mitherausgeber – gemeinsam mit Prof. Dr. Andreas von Arnauld (Walter-Schücking-Institut für Völkerrecht an der Christian-Albrechts-Universität Kiel) und Professor Staack – ist ab sofort Prof. Dr. Pierre Thielbörger. Professor Thielbörger lehrt Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Ruhr-Universität Bochum; zugleich ist er Geschäftsführender Direktor des dortigen Instituts für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht.
Michael Staack im SWR-Feature “Ronald Reagan – der missverstandene Präsident?“
Ronald Reagan, von 1981 bis 1989 amtierender Präsident der USA, bleibt bis heute umstritten. Er kehrte zum Kalten Krieg mit der Sowjetunion zurück, verschärfte das Wettrüsten und vertrat innenpolitisch wie international eine neoliberale Agenda für Deregulierung und Steuersenkungen für die Reichen. Es war aber auch Reagan, der den Entspannungspolitiker und Reformer Gorbatschow nach dessen Amtsantritt 1985 früh ernst nahm, sich mit ihm über weitreichende Rüstungskontrollverträge wie das Verbot der landgestützten Mittelstreckenraketen (INF-Vertrag) einigte und damit das Ende des Ost-West-Konflikts vorbereitete, mit dem auch die Vereinigung Deutschlands möglich wurde. Sofern als historische Figur noch bekannt, ist Reagan in Deutschland besonders umstritten. Ein Feature von Michael Hänel im Südwestrundfunk porträtiert den Politiker. Zu den Gesprächspartnern gehört auch Professor Michael Staack.
Online-Konferenz: Deutsch-chinesische Beziehungen im digitalen Zeitalter
Gerade in politisch sehr angespannten Zeiten muss der wissenschaftliche Austausch intensiv fortgesetzt werden. Darin waren sich die Veranstalter der Konferenz „Deutsch-chinesische Beziehungen im digitalen Zeitalter“ – die Konrad-Adenauer-Stiftung, das Zentrum für Deutschlandforschung der Tongji-Universität Shanghai und das Center for Global Studies der Universität Bonn – einig. Die schon traditionelle Konferenz fand am 25. September 2020 erstmals online statt – und das nicht nur inhaltlich ertragreich, sondern auch technisch perfekt.
Expert/innen aus China und Deutschland diskutierten in insgesamt vier Panels verschiedene Aspekte der Digitalisierung und der deutsch-chinesischen Beziehungen. Professor Michael Staack leitete das abschließende Panel zum Thema „Deutsch-chinesische Zusammenarbeit zu Global Governance im digitalen Zeitalter: Chancen und Herausforderungen“. Zuvor sprach er über das Thema „2020: Entscheidungsjahr der deutschen Chinapolitik“. In seinem Vortrag analysierte er die Entscheidungsprozesse der deutschen China-Politik im Vorfeld und im Rahmen der noch bis zum Jahresende laufenden Ratspräsidentschaft der Europäischen Union.
Es sei Anfang 2020, so Michael Staack, das vorrangige Ziel von Bundeskanzlerin Merkel gewesen, eine einheitliche Position der EU gegenüber China herbeizuführen und mit so gestärkter Verhandlungsmacht wichtige Abkommen mit der Volksrepublik, zum Beispiel über den Schutz von Investitionen, zu erzielen. Wahrscheinlich würden beide Zielsetzungen nicht erreicht. Ursächlich dafür seien sowohl das Desinteresse Chinas, den Europäern vor der US-Wahl Zugeständnisse zu machen, als auch der massive Druck der Trump-Administration, die EU-Mitglieder auf ihren Kurs einer umfassenden Konfrontation mit China zu zwingen. Die chinesischen Unterdrückungsmaßnahmen in Xinjiang und die Repression in Hongkong komplizierten die Lage weiter. Nach Auffassung von Professor Staack würden derzeit Dimensionen und Zeithorizonte des beginnenden Kalten Krieges USA-China politisch und gesellschaftlich nur ansatzweise realistisch zur Kenntnis genommen. Das Ende der Kanzlerschaft von Angela Merkel 2021 könne einhergehen mit dem Ende von vier Jahrzehnten grundsätzlich kooperativ ausgerichteter deutscher China-Politik seit Helmut Schmidt.
Michael Staack im Gespräch mit dem NDR: Bilanz des 2+4-Vertrages nach dreißig Jahren
Im Interview mit Andreas Flocken von NDR Info hat Professor Staack eine ausführliche Bewertung des 2+4-Vertrages vorgenommen. Der „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ war am 12. September 1990 in Moskau von den Außenministern der Bundesrepublik und der DDR sowie ihren Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien, der Sowjetunion und den USA unterzeichnet worden. Mit diesem Abkommen, das zugleich einen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs (1945) nicht zustande gekommenen Friedensvertrag ersetzte, war der Weg frei für die am 3. Oktober 1990 vollzogene völkerrechtliche Vereinigung der beiden deutschen Staaten. Das wichtigste Vertragsziel, eine friedenspolitisch verträgliche außen- und sicherheitspolitische Einbettung des vereinten Deutschlands in europäische Strukturen, konnte nach Auffassung von Michael Staack mit dem 2+4-Abkommen erreicht werden. Angesichts der weitverbreiteten Vorbehalte gegen die deutsche Einheit innerhalb Europas sei dies als ein großer Erfolg zu betrachten. Dagegen misslang der Versuch, die Sowjetunion bzw. deren spätere Rechtsnachfolgerin, die Russische Föderation, in eine gesamteuropäische Sicherheitsstruktur einzubinden. Weder kam es zur Bildung einer starken paneuropäischen Sicherheitsorganisation ausgehend vom KZSE-Prozess noch zu einer substanziellen, für beide Seiten ertragreichen NATO-Russland-Partnerschaft. Stattdessen erzeugte nicht zuletzt die NATO-Erweiterung nach Osten ohne parallele Vertiefung der NATO-Russland-Beziehungen zunehmende Spannungen und fortgesetzte politische Entfremdung.
Zur gekürzten Fassung in der NDR-Sendung „Streitkräfte und Strategien“
Zum Wortlaut des 2+4-Vertrages
Zur ZDF-Dokumentation über den 2+4-Prozess
Neues WIFIS Aktuell: Dan Krause (Hrsg.), Europäische Sicherheit
Seit 2014 hat es – vor allem durch die strukturierte Zusammenarbeit PESCO – einige wichtige Entwicklungen in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union gegeben. Sind diese ausreichend für ein starkes Europa in einer sich rapide verändernden internationalen Ordnung? Diese Frage steht im Fokus des von Dan Krause herausgegebenen neuen WIFIS Aktuell zum Thema „Europäische Sicherheit. Die Europäische Union auf dem Weg zu strategischer Autonomie und Europäischer Verteidigungsunion?“. Claire Demesmay, Gunther Hauser, Roderich Kiesewetter MdB und der Herausgeber widmen sich unterschiedlichen Konzepten und nationalen Debatten über Handlungsfähigkeit, Souveränität und strategische Autonomie.
Zum Inhaltsverzeichnis und Leseprobe
75 Jahre Hiroshima: Vereinigung Deutscher Wissenschaftler fordert Umkehr zu ernsthafter Rüstungskontrolle und Abrüstung
Aus Anlass des 75. Jahrestages des erstmaligen Einsatzes einer Atombombe am 6. August 1945 hat die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) dazu aufgerufen, der zunehmenden, ungeregelten und gefährlichen Nuklearrüstung durch konsequente Schritte der Rüstungskontrolle und Abrüstung entgegen zu treten. Ronald Reagan und Michail Gorbatschow hatten nach Auffassung der VDW Recht, als sie 1986 feststellten, dass ein Atomkrieg niemals geführt werden dürfe und nicht zu gewinnen sei. Es sei am heutigen Staatspersonal, insbesondere bei allen Atomwaffenbesitzern, diesen Satz zu bekräftigen und danach zu handeln. Davon aber sei die Weltpolitik weit entfernt. Die bisherige Rüstungskontrollarchitektur wurde – vor allem von den USA – bereits weitgehend aufgekündigt und das Streben nach nuklearer Überlegenheit sei wieder diskussionswürdig geworden. Sowohl bei Eliten als auch in Gesellschaften sei das Wissen über die katastrophalen Folgen eines Atomkrieges bis hin zur Auslöschung der Menschheit kaum noch präsent.
In der Tradition der „Göttinger Erklärung“ von 1957 (https://www.uni-goettingen.de/de/die+g%C3%B6ttinger+erkl%C3%A4rung+1957/54319.html) fordert die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler eine Rückkehr zur sicherheitspolitischen Rationalität; zu Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung – statt des Wettrüstens in der neuen „Großmächtekonkurrenz“. Zahlreiche Vorschläge dazu aus der Wissenschaft lägen vor, würden aber politisch ignoriert. Die VDW hält insbesondere einen strukturierten und langfristig angelegten Rüstungskontrolldialog zwischen den USA und Russland für unverzichtbar. Sie fordert eine Verlängerung des Anfang 2021 auslaufenden New START-Vertrages zwischen den beiden Mächten, die nach wie vor über 90 Prozent der weltweiten Atomwaffen verfügten. Vordringlich sei außerdem die Begrenzung qualitativer Neuentwicklungen wie der Hyperschallwaffen mit ihren besonders kurzen, sicherheitspolitisch destabilisierenden Vorwarnzeiten. Eine zielgerichtete Debatte über die Nuklearstrategie der NATO wäre ebenso erforderlich wie ein eigenständiger strategischer Dialog der Europäischen Union mit China und Russland, der auch Rüstungskontrolle inkludieren sollte. Außerdem erinnert die VDW an den 2010 gefassten Beschluss des Deutschen Bundestages, die noch in Deutschland lagernden Atomwaffen abzuziehen und fordert von der Bundesregierung eine Umsetzung dieses Beschlusses. Die Stellungnahme der VDW wurde von ihrer Studiengruppe Europäische Sicherheit und Frieden, der auch Professor Michael Staack angehört, erarbeitet.
Zum Wortlaut der Stellungnahme
Gastkommentar in “Die Welt”: Ist Frieden mit Nordkorea wirklich unmöglich?
Ein neuer Dialogprozess auf der koreanischen Halbinsel ist unverzichtbar und muss zeitnah erfolgen. „Frieden ist niemals einfach, sondern erfordert immer einen langen Atem und den notwendigen politischen Willen. Frieden mit Nordkorea zu schließen ist nicht einfach der Endpunkt, sondern ein Prozess, bei dem die Lösung gegenwärtiger Krisen von einer Geschichte ungelöster Konflikte und Traumata geprägt ist. Dies gilt insbesondere auf der koreanischen Halbinsel, wo die Etablierung eines echten Friedens untrennbar verbunden ist mit der Herausforderung der Denuklearisierung Nordkoreas, dem sukzessiven Abbau von Spannungen und dem schwierigen, aber notwendigen Aufbau von Vertrauen sowie der Neujustierung einer fest institutionalisierten und auf Antagonismus basierenden Sicherheitsarchitektur. Frieden in Korea zu schaffen erfordert letztlich, alle diese Herausforderungen parallel anzugehen, Schritt für Schritt.“ Diese Meinung vertritt Professor Michael Staack gemeinsam mit Dr. Eric C. Ballbach (Stiftung Wissenschaft und Politik/Freie Universität Berlin), Professorin Dr. Eun-Jeung Lee (Direktorin des Korea-Instituts an der FU Berlin) und Hartmut Koschyk (deutscher Co-Vorsitzender des deutsch-koreanischen Forums, langjähriger Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär) in einem Gastkommentar für „Die Welt“ vom 19. Juli 2020. Die vier Korea-Experten fordern außerdem ein aktives und sichtbares Engagement Deutschlands und der Europäischen Union, um den derzeit abgebrochenen Verhandlungsprozess auf der koreanischen Halbinsel wieder zu beleben.
Der Beitrag im Wortlaut und als pdf-Dokument.
“Stabilisierung im Treibsand”: Dan Krause über Grenzen der Interventionspolitik
In einem Beitrag für das Heft 3/2020 der „Zeitschrift für Innere Führung“ befasst sich Dan Krause mit westlicher Interventionspolitik vor allem in Ländern des globalen Südens. Er arbeitet dabei „Illusionen, Fehler und Erfolgsbedingungen westlicher Stabilisierungsbemühungen“ heraus und plädiert angesichts übereinstimmender bisheriger Erfahrungen z.B. in Afghanistan und in Mali für eine signifikante Beschränkung von Gestaltungsansprüchen bzw. für einen neuen Ansatz strategischer Bescheidenheit. Um die Ziele solcher Interventionen zu erreichen, seien umfassende politische Strategien, der Vorrang von Konfliktprävention und Mediation, die Akzeptanz des Eingreifens durch Bevölkerung und Hauptakteure sowie eine präzise Kenntnis der Konfliktkonstellation statt der Dominanz westlich bestimmter Sichtweisen erforderlich.
Michael Staack: „Es gibt kein Vertrauensverhältnis“
In einem Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RDN) hat Professor Michael Staack am 14. Juni 2020 zum angekündigten Truppenabzug der USA, zur Sicherheitspolitik der USA und zu Zustand und Entwicklung der transatlantischen Beziehungen Stellung genommen. Das Interview erschien auch in den Wochenendausgaben (13./14. Juni 2020) zahlreicher deutscher Regionalzeitungen, u.a. im Göttinger Tageblatt, in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, der Leipziger Volkszeitung, der Lüneburger Landeszeitung und der Ostsee-Zeitung.
Das Interview im Wortlaut oder als pdf-Dokument.
Berliner Wirtschaftsgespräche: Auswirkungen von Covid-19 auf Europa und Afrika
In sehr vielen afrikanischen Staaten sei frühzeitig, gut überlegt und entschlossen gehandelt worden, um einer Ausbreitung der Covid-19-Pandemie vorzubeugen. Anders als Europa verfüge Afrika über große Erfahrungen in der Bekämpfung von Seuchenkrankheiten wie Ebola, Malaria oder Pocken. Diese Auffassung vertrat Professor Michael Staack am 26. Mai 2020 in einer Online-Diskussion der Berliner Wirtschaftsgespräche, an der auch Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven vom Hamburger Institut für Theologie und Frieden teilnahm. Die weitere Entwicklung, so die beiden Wissenschaftler, bleibe mit gravierenden Unwägbarkeiten behaftet. Am wichtigsten sei die Gewährleistung der Ernährungssicherheit, denn Millionen Menschen könnten aufgrund der Ausgangssperren nicht für ihren Unterhalt sorgen und seien deshalb einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt. Im Zusammenhang damit stelle auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit eine große Herausforderung dar. Hinzu komme die Bekämpfung anderer Krankheiten, die sich nun stärker verbreiteten, denn viele Impfprogramme seien derzeit eingestellt. Den wichtigsten Beitrag im Kampf gegen die Pandemie leisteten derzeit die Weltgesundheits- und die Welternährungsorganisation, WHO und FAO, die nach dem Urteil von Michael Staack „unersetzlich“ seien. Auch China habe seine Unterstützung intensiviert, während die Hilfen aus der EU erst beginnen würden. Im Kampf gegen die Pandemie sei ein Zusammenwirken aller Akteure unbedingt erforderlich, um die Ausbreitung von Covid-19 sowie die Folgen der Pandemie-Bekämpfung weiterhin unter Kontrolle halten zu können. Nach Auffassung von Professor Staack liegt die Unterstützung Afrikas im Eigeninteresse der Europäischen Union: „Und in Afrika wird man sehr genau in Erinnerung behalten, wer in dieser großen Krise Hilfe geleistet hat und wer nicht“, so Michael Staack.
International Workshop on Germany’s West Africa Policy: Report released
The second international workshop on “Germany’s West Africa policy: new approaches, perceptions and expectations from the region”, was held from February 11th until February 13th 2020 in Dakar, Senegal. In contrast to the first workshop in Berlin (2018), which particularly dealt with the European and German perspectives on the security situation in West Africa, this year’s workshop in Dakar naturally placed special emphasis on West African perspectives and challenges with regard to security, human, and economic conflicts and an in-depth analysis of the efforts that have been made to address them, and the challenges that remain. At the same time, this project’s guiding research question pertains to the role and limits of Germany’s West Africa policy with regard to a closer consideration of expectations from the region in order to address the most delicate conflicts.
Coordination of the workshop on the German side was carried out by the Helmut-Schmidt-University (Prof. Dr. Michael Staack) and the Institute for Theology and Peace (Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven), both situated in Hamburg, Germany. The majority of leading scholars, political analysts and practitioners came from West Africa, particularly from Ghana, Mali, Nigeria, Capo Verde, and Senegal. A few participants came from Europe, namely from Germany and France. Cooperation partners from within the region are the West Africa Institute (Prof. Dr. Djénéba Traoré) in Praia, Cabo Verde, and the Centre d‘Etudes Diplomatiques et Stratégiques (Prof. Dr. Oumar Ndongo) in Dakar, Senegal.
The Workshop was funded by Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF) – German Foundation for Peace Research.
Deutsche Kommission Justitia et Pax beruft Professor Staack
Die Deutsche Kommission Justitia et Pax hat Michael Staack für die kommenden fünf Jahre als Mitglied ihrer Arbeitsgruppe Gerechter Friede berufen. Die Kommission bildet ein Dach für alle Organisationen, die innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland internationale Verantwortung wahrnehmen und sich für Frieden, Entwicklung und Menschenrechte einsetzen. Sie bereitet Stellungnahmen für die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken vor und steht im kontinuierlichen Dialog mit Regierung, Parlamenten, Parteien und Zivilgesellschaft. Vorsitzender der Kommission ist der Bischof von Hildesheim, Dr. Heiner Wilmer. In der nächsten Zeit wird sie sich vor allem mit der Politik der Europäischen Union gegenüber China, aber auch mit anderen Themen von Frieden und Sicherheit wie Rüstungsexporten, Nuklearwaffen oder aktuellen internationalen Konflikten beschäftigen.
Claire Demesmay und Michael Staack im Frankreich-Jahrbuch 2019
„Westafrikapolitik: wie deutsch-französische Zusammenarbeit gelingen kann“ ist das Thema des Beitrags von Claire Demesmay (Leiterin des Frankreich-Programms der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik) und Michael Staack im gerade erschienenen Frankreich-Jahrbuch 2019. In ihrem Text arbeiten sie die ganz unterschiedlichen Präsenzen und Interessenlagen der beiden Staaten in der Region Westafrika heraus und diskutieren mögliche Synergien. Schwerpunktthema des Jahrbuchs sind der am 22. Januar 2019 abgeschlossene Aachener Vertrag sowie das Deutsch-Französische Parlamentsabkommen vom 25. März 2019 und sich daraus ergebende neue Kooperationsmöglichkeiten zwischen Frankreich und Deutschland. Zu den Autor/innen des Jahrbuchs gehören sowohl Wissenschaftler/innen als auch Vertreter/innen der politischen Praxis wie die französische Europa-Staatssekretärin Amélie de Montchalin und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
Schwerpunkt-Heft der Friedens-Warte: „Mythen der etablierten Sicherheitspolitik“
Das nun erschienene Heft 3-4 (2019) der von den Professoren Andreas von Arnauld, Christian Tomuschat und Michael Staack herausgegebenen Friedens-Warte beschäftigt sich im Schwerpunkt mit dem Thema „Mythen der etablierten Sicherheitspolitik“. Der mehrdeutige Begriff des Mythos bezeichnet hier zu Gewissheiten geronnene Glaubenssätze. Solche Mythen fördern politische Entscheidungen, die von problematisierungsbedürftigen Voraussetzungen ausgehen. Aufgabe der Wissenschaft ist es, Annahmen, die politischen Entscheidungen zugrunde liegen, kritisch zu hinterfragen und auf ihre Plausibilität hin zu untersuchen. Es ist evident, dass aus fehlerhaften Annahmen auch hochproblematische Entscheidungen resultieren können. Weitverbreitete Mythen können den Weg zu sachgerechtem gesellschaftlichem Diskurs und guter Politik blockieren. Dreizehn Autor/innen diskutieren im nun vorliegenden Heft Mythen wie „Die kooperative Weltordnung verfällt“ oder „Die Klimakrise erfordert verstärkt sicherheitspolitische Maßnahmen“. Die Friedens-Warte ist als älteste Zeitschrift im deutschsprachigen Raum für Fragen der Friedenssicherung und der internationalen Organisationen ein zentrales Forum der friedenswissenschaftlichen Diskussion. Neben dem fachlichen Austausch innerhalb und zwischen den Disziplinen will die Zeitschrift traditionell einen Beitrag dazu leisten, das für eine Politik der aktiven Friedensgestaltung erforderliche Fachwissen in die politische Praxis zu vermitteln.
Podiumsdiskussion „China – Chance der Kooperation oder unterschätzter Gegenspieler?“
Die Debatte um eine Beteiligung chinesischer Technologien in europäischen 5G-Netzen und der Handelskrieg der USA gegen China sind zwei prominente Beispiele für das Spannungsfeld, in dem sich die Europäische Union und Deutschland derzeit befinden. Welche wirtschafts-, sicherheits- und gesellschaftspolitische Rolle Deutschland in dieser Konkurrenz einnimmt, war am 27. Februar 2020 Gegenstand einer prominent besetzten und mit über 200 Teilnehmer/innen auch sehr gut besuchten Diskussionsveranstaltung an der Helmut-Schmidt-Universität.
Organisiert wurde die Veranstaltung von Pascal du Hamél und Anthony Müller sowie anderen Studierenden der IG Sicherheitspolitik an der HSU und dem Hanseatischen Arbeitskreis für Sicherheitspolitik. Die Studierendeninitiative konnte mit einem hochkarätigen Panel aufwarten: Niels Annen (Staatsminister im Auswärtigen Amt und Hamburger Bundestagsabgeordneter der SPD), Botschafter Ekkehard Brose (Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik), Nils Haupt (Leiter der Unternehmenskommunikation von Hapag-Lloyd), Professorin Dr. Mechthild Leutner (ehem. Professorin für Sinologie und Leiterin des Konfuzius-Instituts an der Freien Universität Berlin) sowie Jürgen Trittin MdB, Außenpolitiker der Grünen und ehemaliger Bundesminister. Professor Michael Staack moderierte die Diskussion anhand von vier inhaltlichen Schwerpunkten: Wirtschaft und Technologie, Chinas Gesellschaftsmodell und seine Defizite, Chinas Aufstieg und die globalen Machtverschiebungen, Sicherheitspolitik.
Einige Positionierungen aus dem Podiumsgespräch: „Wir dürfen nicht in die Falle tappen, ein neues Feindbild zu zeichnen, wie wir es damals im Kalten Krieg taten. Aber wir müssen illusionslos analysieren, wie China aktuell die EU verändert“, stellte Staatsminister Niels Annen fest. „Ich mache mir mehr Sorgen um die Schwäche Europas als um die Stärke Chinas“, so Botschafter Ekkehard Brose. Bei aller berechtigten Kritik an China müsse stets mitgedacht werden, dass es nach wie vor erhebliche Kooperationsflächen gebe, ergänzte Mechthild Leutner. Aus der Sicht von Nils Haupt sei das starke chinesische Engagement in Europa unumkehrbar. Eine wirtschaftliche bzw. technologische Entkopplung (Decoupling) des Westens von China hält er für nicht durchführbar. Die Kritik des gesamten Podiums am Social Scoring spitzte Jürgen Trittin zu: „Es geht im chinesischen Sozialkreditsystem nicht darum, Verhalten zu dokumentieren, sondern das Verhalten einzelner zu prognostizieren.“
Daran knüpfte auch Michael Staack in seiner Zusammenfassung an: Die Europäische Union und Deutschland hätten allen Anlass, an ihren Wertvorstellungen festzuhalten und diese auch im Dialog mit China konsequent zu vertreten. Erforderlich sei in der China-Politik ein eigenständiger europäischer Ansatz, der sich von der Konfrontations- und Eindämmungspolitik der USA abhebe. Für die internationale Ordnungspolitik etwa beim Klimaschutz, in der Armutsbekämpfung oder der Rüstungskontrolle bleibe die Zusammenarbeit mit China unverzichtbar.
Internationale Tagung zur deutschen Westafrika-Politik in Dakar
Vom 11. bis 13. Februar 2020 veranstalten Professor Michael Staack und sein Team in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, Direktor des Instituts für Theologie und Frieden, eine Internationale wissenschaftliche Tagung über das Thema Deutsche Westafrika-Politik: Neue Ansätze, Perzeptionen und Erwartungen aus der Region. Die Konferenz wird in der senegalesischen Hauptstadt Dakar stattfinden; einem regionalen Knotenpunkt der wissenschaftlichen und politischen Kooperation. Das Projekt wird gefördert von der Deutschen Stiftung Friedensforschung. Kooperationspartner aus der Region sind das West Africa Institute (WAI) in Praia/Cabo Verde und das Centre d´Études Diplomatiques et Stratégiques (CEDS) in Dakar. Inhaltlicher Ausgangspunkt der Tagung ist das seit 2013 deutlich intensivierte außen-, entwicklungs- migrations- und sicherheitspolitische Engagement Deutschlands in Westafrika. In Dakar soll analysiert werden, inwiefern afrikanische und deutsche Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung der Region miteinander übereinstimmen, wo sie voneinander abweichen und welche Schlussfolgerungen zur Verbesserung einer friedenspolitisch geleiteten Kooperation für Entwicklung und Sicherheit daraus gezogen werden können. Die Tagung verbindet somit inhaltliche Debatte, Vernetzung von Expertise und wissenschaftliche Politikberatung. Folgende Themen werden im Vordergrund stehen: (1) Empowerment of Women: Education, Healthcare, Jobs; (2) Peace Process in Mali – Prospects for Peace and Stability?; (3) Organizing Regional Cooperation: ECOWAS and Sahel G5 – Interlocking or Interblocking?; (4) On the right track? Compact with Africa and Economic Partnership Agreements. Die Teilnehmer/innen der Konferenz werden mehrheitlich aus Westafrika kommen; außerdem aus Deutschland und Frankreich. Das Projekt knüpft an einen ersten gemeinsamen Workshop der Helmut-Schmidt-Universität und des Instituts für Theologie und Frieden zur deutschen Westafrika-Politik im Mai 2018 in Berlin an und führt diesen inhaltlich weiter.
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Der Nordkorea-Konflikt: Buchvorstellung am Korea-Institut der Freien Universität Berlin
„Deutschland und die EU müssen endlich aktiv die Friedensbemühungen und den innerkoreanischen Dialog unterstützen“, so Hartmut Koschyk, Ko-Vorsitzender des Deutsch-Koreanischen Forums, langjähriger Vorsitzender der Deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe, ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und seit Ende 2010 auch Ehrenbürger der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, in seiner Laudatio auf das von Professor Staack herausgegebene Buch Der Nordkorea-Konflikt: Interessenlagen, Konfliktdimensionen, Lösungswege. Auch deshalb wünsche er diesem wissenschaftlichen Werk eine breite „politische Wirkungsgeschichte“. Das Institut für Koreastudien der Freien Universität Berlin, wichtigstes und größtes Zentrum der Koreaforschung in Deutschland, hatte am 30. Januar 2020 in seine Räume eingeladen, um den Band vorzustellen. „Dieses Buch kommt genau zur richtigen Zeit und leistet mit seinen hervorragenden Analysen einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zur Nordkoreaforschung“, so Professorin Dr. Eun-Jeung Lee, die Leiterin des Instituts für Koreastudien, in ihrer Begrüßungsansprache. Michael Staack als Herausgeber rückte die beiden „roten Fäden“, die die einzelnen Beiträge des Werks verbinden, in den Vordergrund: eine erste Zwischenbilanz der Dialogprozesse auf der koreanischen Halbinsel 2018/19 und eine vorläufige Antwort auf die Frage, ob regionale Rüstungskontrolle in einer neuen Ära des Wettrüstens möglich sei. Das Fenster für einen Erfolg des Prozesses habe sich, so seine Einschätzung, noch nicht völlig geschlossen. In der anschließenden Diskussion mit einem engagierten Fachpublikum mit Expert/innen und Interessierten aus Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Diplomatie ging es vor allem um die Zukunftsaussichten des Friedensprozesses auf der koreanischen Halbinsel und um die Möglichkeiten Deutschlands und der EU, dort eine konstruktive, friedensfördernde Rolle zu spielen.
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Letzte Änderung: 17. Juni 2024