Nach einer Phase beschleunigter Integration, die in einigen Regionen und Gesellschaftsteilen von Begeisterung für die Europäische Union (EU) begleitet wurde, sind aktuelle Debatten über Europa von Krisendiskursen geprägt. In diesen Zeiten multipler Krisen vom Brexit über den Klimawandel bis zur Corona-Pandemie betonen europäische Institutionen und Staaten vermehrt die Rolle der EU als Sicherheitsgarantin in unsicheren Zeiten, um damit den Zusammenhalt in und zwischen europäischen Gesellschaften zu befördern. ZUSE untersucht die politische Ausgestaltung, die administrative Umsetzung sowie die gesellschaftlichen Auswirkungen von Sicherheit als möglichem neuen Leitnarrativ europäischer Integration.
DIFFERENZIERTES VERSTÄNDNIS VON SICHERHEIT ALS EUROPÄISCHES LEITNARRATIV
Ziel des interdisziplinären Forschungsprojektes ist ein differenzierteres Verständnis der Betonung von Sicherheit als Leitvorstellung europäischen Zusammenhaltes. ZUSE trägt damit auch bei zur Suche nach diversitätsaffineren Konzeptionen von Sicherheit, die etwa Exklusionseffekte und die Beförderung von Angstdiskursen vermeiden.
EIN GEMEINSAMES FORSCHUNGSPROJEKT
ZUSE ist ein gemeinsames Forschungsprojekt des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg und der Eberhard Karls Universität Tübingen. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit einer Laufzeit von Februar 2021 bis Dezember 2023 gefördert. Das Projekt steht zudem im Austausch mit Praxispartnern aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Dies sind die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, die Gemeinsame Vertretung der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bei der Europäischen Union, die Bundeszentrale für politische Bildung und die Europa-Union Deutschland e.V.
Das von der Professur Allgemeine Soziologie mit Schwerpunkt Gesellschaftsanalyse und sozialer Wandel bearbeitete Teilprojekt zielt darauf, die soziale und gesellschaftliche Dimension des Themas zu erfassen und beschäftigt sich mit der Herstellung, Aushandlung und Transformation sicherheitsbezogener Europabilder im Alltag. Im Zentrum steht die Frage, in welchen sozialen Prozessen sich Vorstellungen über »(Un-)Sicherheit« und Zusammenhalt in Europa formieren und verändern, und wie sie sich in der Alltagserfahrung artikulieren. Hierzu nimmt das Teilprojekt ein gesellschaftliches und politisches Handlungsfeld in den Blick, das in besonderer Weise durch Konflikte zwischen Idealen europäischer Solidarität und europäischen Zusammenhalts einerseits und europäischen Sicherheitsinteressen andererseits gekennzeichnet ist: der Umgang mit Menschen, die als Geflüchtete nach Europa kommen (Fluchtmigration). In diesem Feld werden sicherheitsbezogene Europavorstellungen handlungspraktisch relevant. Für das Teilprojekt führen wir ethnographische Feldforschung in einem asymmetrischen multisited-Forschungsdesign durch: im Rhein-Ruhr-Maas Raum (DE, NL, BE) sowie auf Lesvos, Lampedusa und den Kanaren (GR, IT, ESP).
Für weitere Informationen siehe: https://zuse-projekt.de
Letzte Änderung: 16. Dezember 2021