Hochdruck Verfahrenstechnik


Hochdruckapparatur

Die Arbeitsgruppe von Prof. Niemeyer verfügt über eine am Arbeitsbereich entwickelte Hochdruckapparatur, mit welcher verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden können. Die Apparatur ist für Betriebsdrücke von bis zu 400 MPa und Volumenströme von bis zu 1,1 L/h ausgelegt und kann im statischen sowie im dynamischen Modus betrieben werden. Die Apparatur wurde so konzipiert, dass Druckstöße und Scherkräfte auf die Feedlösung vermieden werden, Vorlagebehälter verschiedener Größe einfach ein- und ausgebaut werden können und eine variable Strömungsführung mit Umschaltmöglichkeiten unter Hochdruck möglich ist. Sie besteht aus drei Anlagenteilen:

  • Einem Hochdruck-Zirkulationsreaktor: Einsatzgebiete z.B. Aufnahme von Hochdruck-Adsorptionsgleichgewichten oder Untersuchung biokatalytischer Prozesse in homogenen und/oder heterogenen Systemen
  • Einem kontinuierlich durchströmten Hochdruck-Festbettreaktor: Einsatzgebiete z.B. Untersuchung von Adsorptions-/Desorptionsprozessen unter Anwendung hoher Drücke
  • Hochdruck-Sichtzelle mit einem Volumen von 25 mL, welche an den Zirkulationsreaktor gekoppelt ist (Einsatzgebiete z.B. Online-Analyse von (enzymkatalysierten) Reaktionen unter hohen Drücken

Biokatalyse bei hohen Drücken

Die biokatalytische Darstellung von enantiomerenreinen Verbindungen hat im Laufe der letzten Dekaden fortwährend an Bedeutung zugenommen. In der Literatur finden sich zahlreiche Arbeiten, welche sich mit der Untersuchung des Einflusses verschiedener Parameter auf die Enantioselektivität diverser Enzyme beschäftigen. Im Gegensatz hierzu sind nur wenige Studien dokumentiert, welche sich mit der Untersuchung des hydrostatischen Druckes auf die enantioselektive Enzymkatalyse befassen. Im Rahmen der Forschungstätigkeiten wird der Einfluss des Druckes auf die Aktivität, Enantioselektivität und Kinetik ausgewählter Enzyme analysiert. Die Untersuchungen bilden die Basis für ein grundlegendes Verständnis komplexer Mehrsubstratreaktionen.
Abbildung 2 zeigt den Einfluss des Druckes auf die Enantioselektivität der Umsetzung von Benzaldehyd und Acetaldehyd, katalysiert durch verschiedene Mutanten der Benzoylformiatdecarboxylase zu (R-/S)-2‑Hydroxy-1-phenylpropanon (HPP) (Abbildung 1).
Es zeigt sich eine deutliche Druckabhängigkeit der Enantioselektivität der betrachteten BFD Varianten, bei der Mutante BFD A460I wird sogar eine Umkehrung der Enantioselektivität beobachtet.

Chemische Reaktion

Abbildung. 1: Carboligation von Carboligation von Benzaldehyd und Acetaldehyd zu (R-/S)-2‑Hydroxy-1-phenylpropanon (HPP).

Diagramm

Abbildung. 2: Druckeinflusse auf den Enantiomeren Überschuss für verschiedene BFD Varianten. Reaktionsbedingungen: 50 mM Phosphatpuffer, 400 mM Acetaldehyde, 2 mM MgSO4, 0.5 mM ThDP, 30 min Reaktionszeit bei pH 7.5.

Abbildungen entnommen aus:
M. Berheide, S. Peper, S. Kara, W.S. Long, S. Schenkel, B. Niemeyer, M. Pohl, A. Liese;
Influence of the Hydrostatic Pressure and pH on the Asymmetric 2-Hydroxyketone Formation Catalyzed by Pseudomonas putida Benzoylformate Decarboxylase and Variants thereof
Biotechnology and Bioengineering, 2010, 106, 18 – 26.

Adsorption unter Anwendung von hohen Drücken

Sorptive Trennverfahren, insbesondere Affinitätstrennverfahren, zeichnen sich durch ihre hohe Selektivität aus und sind als leistungsstarke Trennverfahren zur Aufreinigung von Biomolekülen etabliert. Die Anwendung hoher Drücke zur Beeinflussung des Adsorptionsgleichgewichts hat gegenüber der klassischen Verfahrensführung entscheidende Vorteile. Sie ermöglicht eine einstufige Prozessführung, mit der die Wertstoffe schonend in reiner Form gewonnen werden können.
Abbildung 1 zeigt einen Affinitätstrennzyklus (Selektive Adsorption bei hohem Druck – Waschen – Desorption durch Druckabsenkung) am Beispiel der Aufreinigung des Enzyms Alkoholdehydrogenase (ADH). Als Adsorbens wurde modifiziertes Silicagel verwendet. Es zeigte sich eine signifikante Druckabhängigkeit des Adsorptionsgleichgewichts, was den Einsatz des Druckes als Steuerungsparameter einer adsorptiven Aufreinigung von Wertstoffen ermöglicht.

Adsorption

Abbildung 1: Affinitätstrennung unter Anwendung hoher Drücke: Adsorption und Waschen bei hohem Druck, Desorption durch Druck-absenkung. T = 293 K, Adsorptiv: ADH, Adsorbens: modifiziertes Silicagel.

HSU

Letzte Änderung: 8. November 2017