Care4Care-Projekt: Ergebnisse

Care4Care Vor Ort

Als care4care Vor Ort Maßnahme ist der HoL-Prozess eine teamfokussierte Maßnahme, die sich aus Analysemodulen, Coachings für Führungskräfte und Teamworkshops zusammensetzt. Der HoL-Prozess basiert auf dem Modell und Verfahren Health oriented Leadership von Pundt und Felfe (2017).

Im Zuge des Projektes wurde zunächst das HoL Befragungsinstrument für die drei Pflegebereiche (Krankenhaus, ambulante Pflege, Pflegeheim) mit Unterstützung von AOK-BeraterInnen und Pflegemitarbeitenden angepasst und modifiziert. Die Veränderungen beziehen sich auf die verwendete Sprache, Beispiele und Ergänzungen (z. B. Umgang der Führungskraft mit Fehlern) sowie den Verzicht auf einzelne Items. Im Bereich Krankenhaus sind drei Varianten (Ärzt/innen, Stationsleitung und gemischt mit Chefärzt/in und Pflege) entstanden. Aufgrund der vielfältigen Veränderungen im Vergleich zur HoL-Ursprungsversion wurde der HoL-Ergebnisreport ebenfalls angepasst. Zudem wurden für die operative Umsetzung alle Infomaterialien für die einzelnen HoL-Prozessschritte inhaltlich angepasst. Für die Akquise und Informationszwecke wurde ein animiertes Erklärvideo mit einem Fallbeispiel einer Stationsleitung zur Erklärung des konkreten Ablaufes eines HoL-Prozesses erstellt.

Die Erprobung und praktische Umsetzung des HoL-Prozesses erfolgte in allen drei Pflegebereichen (Krankenhaus, ambulante Pflege, Pflegeheim). Trotz der besonderen Herausforderungen in der Pflege (z. B. Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams, Schichtarbeit) zeigen die Erfahrungen aus den 18 durchgeführten HoL-Prozessen, dass der HoL-Prozess mit einem angepassten HoL-Instrument und den Materialien auch in der Pflege erfolgreich umgesetzt werden kann. In Krankenhäusern haben nicht nur Pflegeteams, sondern auch Ärzteteams (Chefärzt/-innen mit Oberärzt/-innen und Assistenzärzt/-innen) und gemischte Teams (Chefärzt/-in und Pflegeteam) erfolgreich am HoL-Prozess teilgenommen. Für gemischte Teams gilt die Empfehlung, dass Pflegepersonal und Ärzte/Ärztinnen zunächst getrennt voneinander in HoL-Prozesse starten. Wenn beide Seiten zunächst getrennt voneinander starten, kann das Gelernte und Erlebte in einem anschließenden gemeinsamen Prozess leichter auf die gesundheitsförderliche Zusammenarbeit übertragen werden.

Ausgehend von den praktischen Erprobungen wurde im Laufe des Projektes eine 2,5-tägige HoL-Grundlagenschulung entwickelt. Die Schulung beinhaltet sowohl die Grundlagen des HoL Konzeptes (z. B. psychische Gesundheit und Bedeutung der Führung; SelfCare und StaffCare; Wichtigkeit, Achtsamkeit und Verhalten) als auch die konkrete Durchführung des HoL-Prozesses (z. B. Überblick über alle Prozessschritte; HoL Instrument kennenlernen und Ergebnisreport hypothesengeleitet verstehen und interpretieren; Auswertungsworkshop gestalten). Ausgehend von den Feedbacks zur Grundlagenschulung, wurde eine weitere 1-tägige HoL-Intensivschulung entwickelt. Die HoL-Intensivschulung setzt den Schwerpunkt auf die praktische Erprobung des Vorgespräches und des individuellen Auswertungsgespräches mit der Führungskraft.

Um care4care Digital und care4care vor Ort besser miteinander zu verzahnen, wird der HoL-Prozess auf der Plattform vorgestellt.

Die Corona-Pandemie hat die HoL-Prozesse als Präsenzmaßnahme vor besondere Herausforderungen gestellt. Zwischenzeitlich war kein Zugang zu den Einrichtungen möglich. Aus diesem Grund wurde das „Krisencoaching“ für Führungskräfte entwickelt, um Führungskräfte in der Aufarbeitung der Corona-Pandemie, den Umgang mit aktuellen Herausforderungen sowie der Stärkung der eigenen Gesundheit und der Gesundheit der Mitarbeiter/-innen zu unterstützen. Insgesamt nahmen 24 Führungskräfte per Video oder telefonisch an den Coachings teil. Es ergaben sich sehr gute Evaluationsergebnisse. Das Krisencoaching wurde im Folgejahr 2021 zu einem HoL-Coaching weiterentwickelt und verlängert. Im Unterschied zum Krisencoaching verweist das HoL-Coaching nicht nur auf die Möglichkeit eines späteren HoL Prozesses, sondern orientiert sich konzeptionell am HoL-Modell und entwickelt hierfür durch Nutzung des HoL-Instruments (Pundt & Felfe, 2017) eine konkrete Grundlage. Somit ist der Übergang in einen anschließenden HoL-Prozess fließender.

Aufgrund der Corona-Pandemie wurde ebenfalls eine teildigitalisierte HoL-Prozess-Variante ausgearbeitet. Dabei bleibt der HoL-Prozessablauf inhaltlich gleich, allerdings können die HoL-Schritte 1 bis 7 digital oder telefonisch stattfinden.

Evaluation und Wirksamkeitsprüfung

Quantitative und qualitative Evaluation der HoL-Prozesse

Es wurden allen teilnehmenden Führungskräften der HoL-Prozesse (N = 18) telefonische Follow-Up Befragungen durchgeführt. Insgesamt nahmen 7 Wohnbereichsleitungen (Pflegeheim), 6 Stationsleitungen (Krankenhaus), 2 Pflegedienstleitungen (Pflegeheim höhere Ebene), 1 Pflegedienstleitung (ambulante Pflege), 2 Chefärzte (Krankenhaus Ärzt/-innenteam bzw. Ärzt/-innen und Pflege gemischt) teil. Davon waren 78% Frauen und 22% Männer. Der Altersdurchschnitt betrug M = 49.78 Jahre (SD = 11.27) mit einer Range von 29 bis 62 Jahren. 100% der Führungskräfte gaben an, persönlich von dem Prozess profitiert zu haben (z. B. Stärkung der Führungskompetenzen durch das konstruktive Feedback, aber auch kritische Selbstreflexion z. B. bei eigener Überlastung und Schaffung von konkreten Entlastungen, s. Tabelle 1). Ebenfalls gaben 61% an, dass auch das Team profitieren konnte (z. B. durch eine verbesserte Kommunikation und ein verstärktes Wir-Gefühl, s. Tabelle 1).

Tabelle 1

Qualitative Ergebnisse aus den 18 Follow-Up Befragungen zu den Vorteilen des HoL-Prozesses mit prozentualen Häufigkeiten

Die Kommunikation erlebten die befragten Führungskräfte als offen und vertrauensvoll (100%). Ähnlich positiv wurden die vereinbarten Maßnahmen bewertet, die von 94% als sinnvoll wahrgenommen wurden (z. B. Optimierung der Dienstplangestaltung, s. Tabelle 2). Insgesamt zeigt sich, dass im HoL-Prozess eine Bandbreite an Maßnahmen zur Stärkung von StaffCare und SelfCare vereinbart werden, die sowohl auf der Ebene der Arbeitsbedingungen (Arbeitsabläufe, Arbeitszeit, Arbeitsplatzgestaltung), der Teamebene (Kommunikation, Teamaktivitäten, Besprechungen) als auch auf der persönlichen Ebene (z. B. Reduktion von Präsentismus) ansetzen (s. Tabelle 2). Erfreulicherweise berichtete der Großteil, dass die vereinbarten Maßnahmen weitgehend umgesetzt wurden (ca. 89%). Insgesamt zeigen die qualitativen und quantitativen Ergebnisse und die vereinbarten Maßnahmen, dass der HoL-Prozess einen entscheidenden Beitrag zur Gesundheitsförderung leisten kann. Tatsächlich gaben auch 78% der Führungskräfte an, dass der HoL-Prozess zu Gesundheitsförderung beigetragen hat. Insgesamt waren 94% mit dem gesamten Prozess zufrieden.

Tabelle 2

Qualitative Ergebnisse zu den vereinbarten Maßnahmen aus den 18 durchgeführten HoL-Prozessen mit prozentualen Häufigkeiten

Validität der angepassten Instrumente

Die Skalen zu StaffCare Achtsamkeit, Wichtigkeit, Verhalten (Fremdeinschätzung) sowie zur SelfCare Achtsamkeit, Wichtigkeit, Verhalten (Selbsteinschätzung) der Krankenhaus-Version konnten an N = 73 Pflegemitarbeitenden getestet werden. Insgesamt ergaben sich hier in der StaffCare-Version akzeptable bis sehr gute Reliabilitäten (Cronbach’s α gesamt = .94; Cronbach’s α Achtsamkeit = .82; Cronbach’s α Wichtigkeit = .67; Cronbach’s α Verhalten = .93) und in der SelfCare-Version akzeptable bis gute Reliabilitäten (Cronbach’s α gesamt = .85; Cronbach’s α Achtsamkeit = .73; Cronbach’s α Wichtigkeit = .73; Cronbach’s α Verhalten = .81).

Die Skalen zu StaffCare Achtsamkeit, Wichtigkeit, Verhalten (Fremdeinschätzung) sowie zur SelfCare Achtsamkeit, Wichtigkeit, Verhalten (Selbsteinschätzung) der ambulanten Pflege-Version konnten an N = 28 Pflegemitarbeitenden getestet werden. Insgesamt ergaben sich hier in der StaffCare-Version akzeptable bis sehr gute Reliabilitäten (Cronbach’s α gesamt = .94; Cronbach’s α Achtsamkeit = .78; Cronbach’s α Wichtigkeit = .67; Cronbach’s α Verhalten = .92) und in der SelfCare-Version akzeptable bis gute Reliabilitäten (Cronbach’s α gesamt = .82; Cronbach’s αAchtsamkeit = .69; Cronbach’s α Wichtigkeit = .62; Cronbach’s α Verhalten = .73).

Die Skalen zu StaffCare Achtsamkeit, Wichtigkeit, Verhalten (Fremdeinschätzung) sowie zur SelfCare Achtsamkeit, Wichtigkeit, Verhalten (Selbsteinschätzung) der Pflegeheim-Version konnten an N = 77 Pflegemitarbeitenden getestet werden. Insgesamt ergaben sich hier in der StaffCare-Version akzeptable bis sehr gute Reliabilitäten (Cronbach’s α gesamt = .97; Cronbach’s α Achtsamkeit = .85; Cronbach’s α Wichtigkeit = .87; Cronbach’s α Verhalten = .96) und in der SelfCare-Version akzeptable bis gute Reliabilitäten (Cronbach’s α gesamt = .86; Cronbach’s αAchtsamkeit = .69; Cronbach’s α Wichtigkeit = .75; Cronbach’s α Verhalten = .81).

Die zum Teil niedrigeren Reliabilitäten sind vor dem Hintergrund der sehr kleinen Stichproben noch als akzeptabel zu bewerten. Die Anpassungen des HoL-Instruments für unterschiedliche Pflegebereiche war somit erfolgreich.

Zusammenhänge zwischen HoL und Gesundheit

StaffCare und SelfCare haben in allen drei Pflegebereichen eine zentrale Bedeutung für die physische und psychische Gesundheit der Pflegekräfte. Dabei zeigt sich, dass die Zusammenhänge für SelfCare insbesondere mit Blick auf psychische Gesundheit etwas stärker ausfallen als für StaffCare. Das unterstreicht die Bedeutung beider Säulen des HoL-Konzepts.

Tabelle 3

Korrelation zwischen HoL (SelfCare, StaffCare) und Gesundheit

HSU

Letzte Änderung: 20. Juli 2023