In seiner Neujahrsrede spricht Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über den Beitrag der Helmut-Schmidt-Universität zur Sicherheitsvorsorge der Bundesrepublik und Europas, die Auswirkungen der Zeitenwende und die strategische Ausrichtung der Universität.
Sehr geehrte Universitätsbürgerinnen und Universitätsbürger,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Kommilitoninnen und Kommilitonen,
Kameradinnen und Kameraden!
Das Wichtigste zuerst: Ihnen und den Ihren ein „Frohes Neues“! Möge Ihre persönliche Lage im kommenden Jahr besser ausfallen, als wir es von der Weltlage erwarten müssen.
Denn die Welt hat es mit einer Kombination von Großkrisen zu tun, die sich überlagern und von Pandemien über beschleunigte technologische Disruptionen, demographischen Wandel und den Clash der politischen Systeme bis hin zur Adaption an die Folgen des Klimawandels reichen. Diese stellen unsere Gesellschaften auf allen Ebenen, von der Regierung bis hinunter zu jeder Einzelnen, vor gewaltige Herausforderungen.
Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar des vergangenen Jahres stellt ein Fanal dar, mit dem diese länger merkliche Tatsache auch hierzulande zur Geltung kam. Und als Politökonom, der ich mal war, kann ich nur hoffen, dass die übliche Vergesslichkeit der veröffentlichten Meinung dieses Mal nicht greift.
In irgendeinem Lustigen Taschenbuch, das ich längst verlegt habe, fragte Donald Duck einmal “UWHIDZT?” — “Und was habe ich damit zu tun?”. Die Frage müssen sich alle stellen. Wir, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen, sind ja nicht die Welt, wir sind nicht Deutschland, wir sind nicht Papst, und wir sind nicht die Bundeswehr im Ganzen. Wir gehören zur Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg.
Für uns steht zweierlei fest: Erstens sind wir eine Universität. Und als solche haben wir uns zu den Daseinsfragen der Gesellschaft zu verhalten. Das geschieht auf akademischem Wege und unterfällt der Freiheit von Forschung und Lehre. Zweitens werden wir als Teil der Bundeswehr maßgeblich aus dem Verteidigungshaushalt des Bundes finanziert. Und zwar, wenn man ehrlich ist, nicht zu knapp.
In unserem Fall kann das nur heißen, dass wir unseren Kernauftrag erfüllen und in Forschung und Lehre wissenschaftliche Beiträge zu einer breit verstandenen Sicherheitsvorsorge Deutschlands im europäischen Rahmen beisteuern müssen. Solche Sicherheitsvorsorge reicht von Energiesicherheit und Automatisierung über den Beitrag von Bildung zur Resilienz der Gesellschaft bis hin zum so genannten „scharfen Ende“ des Soldatenberufs. Denn es ist klar: Von unseren soldatischen Alumni und Alumnae wird erwartet, dass sie als Führungskräfte kämpfen können und, wenn es darauf ankommt, auch kämpfen wollen.
Ich habe einen hochschulstrategischen Konsultationsprozess gestartet, in dessen Rahmen wir gemeinsam unsere Antwort auf diese Fragen formulieren wollen. Grundlage bleiben das bestehende Leitbild und die 2020 einstimmig beschlossenen Leitlinien. Nächste Woche wird dazu die nächste hochschulöffentliche Sitzung stattfinden, zu der ich bereits eingeladen habe.
Für Beiträge zur Vermeidung von Übel, wissenschaftlich oder nicht, gibt es seit altersher zwei Grundsätze: das hippokratische primum non nocere und den Rat der Gesta Romanorum quidquid agis, prudenter agas et respice finem. Beide zusammen fordern schlicht: Plane von Deinem klar beschriebenen Ziel aus rückwärts, und berücksichtige dabei die unintendierten Nebenfolgen Deines Handelns. Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Prinzipien in den vergangenen Jahren immer berücksichtigt wurden.
Aber genug des Übels, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen ! Wir haben im vergangenen Jahr aus dem Lockdown und dem Campus Office zu Campusleben und Präsenz zurückgefunden. Was das genau bedeutet, hat der Akademische Senat klar entschieden. Und wir nutzen im Rahmen des Dachprojekts KodiA mehrere Millionen dtec-Mittel, um wissenschaftlich zu klären, wie sich digitale Verfahren bestmöglich zur Ergänzung der Präsenzlehre auf einem Campus mit Intensivstudiengängen einsetzen lassen.
Wir haben unseren Wachstumskurs sowohl hinsichtlich der Professuren als auch bezüglich der Studienangebote fortgesetzt und dabei unser Profil weiter geschärft. Der letzte Neuzugang bei den Studienangeboten ist der englischsprachige weiterbildende Studiengang International Procurement Cooperation, den wir für das BMVg und das österreichische Verteidigungsministerium veranstalten.
Mit Blick auf die Studierbarkeit hat die Fakultät für Elektrotechnik eine Reform ihres Studienangebots begonnen, und mein lang gehegter Wunsch nach einem englischsprachigen Studiengang im Bereich der Führungslehre wird durch die Fakultät WISO mit der Entwicklung des DiGA erfüllt. Der Labortrakt der Bauingenieure in Glinde und unser eigenes Zentrum für High Performance Computing konnten im Herbst eingeweiht werden.
Und dann ist da noch dtec.bw. Sie wissen, dass ich aus dem südlichen Rand des Potts stamme, und daher wird man mir den landsmannschaftlichen Ausruf verzeihen: “BO, EY” Aber auch mit der Bewältigung der immensen Projektaufgaben kommen wir voran. Wie Frank Sinatra in “My Way” sang: “Yes, there were times, I’m sure you knew // When I bit off more than I could chew.” Wir sind auf einem guten Wege, dtec.bw zu verdauen, und wir werden es sicher nicht ausspucken.
Das sind nur wenige prominente Beispiele, die verdeutlichen, dass es bei uns “rund läuft” und “vorwärts geht”. Wo wir noch größere Mängel haben, wie bei der Infrastruktur, oder mittlere, wie bei manchen Prozessen, sind die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet. Der städtebauliche Wettbewerb zur Neugestaltung unseres Campus wird im Februar entschieden, und wesentlichen Maßnahmen zur besseren Digitalisierung des Campus sind verfügt und angelegt. Weitere Fragen wurden im Dezember in der Runde der Dekanekonferenz identifiziert, und das Dezernat für Zentrale Aufgaben in der Präsidialabteilung wird diesen im nächsten halben Jahr in einer Reihe von Workshops systematisch nachgehen.
Wem ist diese positive Entwicklung zu verdanken? Die Frage bringt mich zum letzten Zitat der heutigen Ansprache, aus Berthold Brechts “Fragen eines lesenden Arbeiters”. Dort heißt es eingangs:
Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Der Erfolg der HSU/UniBw H, unserer Universität, ist Ihnen allen zu danken, der gesamten Universitätsbürgerschaft. Und in einem irrt Brecht: Es ist beileibe nicht so, dass einer verfügt und die anderen Steine schleppen. Auch die Ideen kommen bei uns aus der Breite der Universität. Auch die Entscheidungsfindung ist kollektiv. Und das funktioniert grosso modo sehr gut. Der diesbezügliche Dank gilt Ihnen also allen.
Es ist eine Freude, vertrauensvolle Zusammenarbeit zu erleben, wie wir sie bei uns im allgemeinen praktizieren. Und ich empfinde es als eine Ehre, als Präsident der HSU/UniBw H für dies Universitätsgemeinschaft arbeiten zu dürfen. Daher darf ich nicht versäumen, dem Akademischen Senat unserer Universität dafür zu danken, dass er mich im Berichtsjahr für eine weitere Amtszeit gewählt hat.
Ein weiterer Dank noch: Herr Oberst Olboeter, Sie haben die Universität seit dem Oktober 2020 als LSB und als mein Beauftragter für militärische Angelegenheiten mitgestaltet. Zum 12.01. verlassen Sie uns. Danke für die zwei Jahre kameradschaftlicher und konstruktiver Zusammenarbeit!
Liebe Universitätsbürgerinnen und Universitätsbürger, ich wünsche Ihnen und den Ihren ein frohes, erfolgreiches und vor allem gesundes Neues Jahr.