Mathematische Lösung gegen drohenden Datenstau

HSU

7. November 2018

Der Verkehr im Internet explodiert. Ob Big Data, Internet of Things oder Cloud Computing, der US-amerikanische Netzwerkspezialist Cisco rechnet bis 2021 mit einer jährlichen Steigerungsrate von 27 Prozent. Die Kapazitäten bestehender Netze stoßen an Grenzen. Ein internationales Forscherteam um Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Schäffer, Professur für Hochfrequenztechnik, setzt auf eine systeminhärente Lösung.

Drei Männer in einem Laboratorium mit technischen Geräten.
Von rechts nach links: Professor Dr.-Ing. Christian Schäffer und seine Mitarbeiter Alexander Geisler, M. Sc., und Ken Chan, M. Sc.

Cisco prognostiziert für das Jahr 2021 einen weltweiten Cloud-Rechenzentrumsverkehr mit einem Volumen von 19,5 Zettabyte (ZB). Das entspricht 19,5 Milliarden Terrabytes. Aufgrund dieser Masse würde der Datenfluss in den bestehenden Netzen sich deutlich verlangsamen. Wissenschaftler weltweit arbeiten mit Hochdruck daran, die Kapazitätsgrenzen bis 2025 spürbar zu erhöhen. Eine Forschergruppe um Christian Schäffer setzt dabei auf die bestehende Infrastruktur, auf Mathematik und die Besonderheit der Glasfaser.

„Glasfasern sind das Rückgrat des Internets und ein inhärent nichtlineares Übertragungsmedium, das jedoch mit der heutigen Technik ausschließlich linear betrieben wird“, sagt Christian Schäffer. Dadurch entwickeln sich während der Übertragung zahlreiche Verkoppelungen zwischen parallellaufenden Signalen. Diese belegen zusätzlichen Platz und führen zu unnötigen weiteren Verzerrungen. „Mit einer nichtlinearen Fouriertransformation könnten wir zu Beginn der optischen Übertragungsstrecke ein Signal generieren, das die nicht linearen Verzerrungen, die bei der Übertragung entstehen, praktisch von vornherein miteinbezieht.“

Das Modell wurde 2014 erstmals international vorgeschlagen. Mit seiner Hilfe ließen sich, so die Vermutung der Wissenschaftler, weitaus größere Datenmengen durch bestehende Netze leiten. Die Kapazitätsgrenzen werden gedehnt, ob um den Faktor zwei oder drei lässt sich noch nicht mit Gewissheit sagen. Das Modell befindet sich noch in der Erprobungsphase.

„Wir diskutieren derzeit, welche Modulationsverfahren zum Aufbringen der Information besser auf die nicht-linearen Signale passen.“ Dennoch wurden bereits in speziellen Versuchsaufbauten im Labor erste Signale über rund 5.000 Kilometer Glasfaser übertragen. „Es besteht aber weiterhin großer Forschungsbedarf.“

Anders als der asiatische Ansatz, Glasfasern mit zehn bis zwölf Kernen auszustatten, setzt das Team um Christian Schäffer auf die nicht-lineare Fouriertransformation auch um Ressourcen zu sparen.  „Unsere Kabel verlaufen, anders als etwa in Japan, unterirdisch.“ Die Kosten allein für die Erdarbeiten zum Austausch der Kabel wären, so Schäffer, in einem Flächenland wie Deutschland kaum tragbar.

Im Projekt kooperiert die HSU mit Partnern an den Technischen Universitäten München, Dortmund und Lyngby (Dänemark), der Universität Stuttgart, der Kieler Christian-Albrechts-Universität sowie dem US-Amerikanischen Think Tank Nokia Bell Labs.

Text: Susanne Hansen