Die Gesundheit deutscher Soldatinnen und Soldaten wird durch eine Vielzahl präventiver Maßnahmen geschützt, die zudem einem Prozess regelmäßiger Evaluation unterliegen. Exemplarisch genannt seien die Malariachemophrophylaxe bei Einsätzen in Endemiegebieten für Malaria sowie deren begleitendes Adhärenzmonitoring [1], Gesundheitssurveillance während und nach dem Einsatz [2,3] sowie Lebensmittelkontrollen in den Einsätzen [4]. Solche Maßnahmen tragen dazu bei, dass das Auftreten unter anderem schwerer Infektionskrankheiten selbst nach Einsätzen in Hochendemiegebieten bei deutschen Soldatinnen und Soldaten vergleichsweise selten ist [3].
Im Vergleich zu einem sonst engmaschigen Surveillancenetz mit Blick auf potenzielle Gesundheitsrisiken für die Soldatinnen und Soldaten stellt deren sexuelles Risikoverhalten, wobei „Risiko“ hier mit Blick auf die Akquise sexuell übertragbarer Infektionen definiert ist, einen „präventivmedizinischen blinden Fleck“ dar, zu dem jenseits von Fallberichten oder kleineren Fallsammlungen [5] kaum belastbare Daten für eine rationale Risikobewertung und daraus abgeleitete Präventivmaßnahmen [6] vorliegen. Dabei besteht eine Assoziation zwischen sexuellem Risikoverhalten und der Akquise sexuell übertragbarer Infektionskrankheiten [6,7]. In amerikanischen Untersuchungen ließ sich entsprechendes Risikoverhalten auch unter Angehörigen militärischer Streitkräfte explorieren [8]. Zudem konnten Zusammenhänge mit weiteren Risikoverhaltensweisen (z.B. Autofahren ohne Sicherheitsgurt) festgestellt werden [9].
Im Rahmen eines aktuellen Forschungsvorhabens soll exploriert werden, ob Soldatinnen und Soldaten der deutschen Bundeswehr ein riskanteres Sexualverhalten aufweisen, als die deutsche Allgemeinbevölkerung [10]. Ergänzende Fragen, welchen im Rahmen von universitären Qualifikationsarbeiten nachgegangen werden soll, sind die Untersuchung von Geschlechtereffekten [10] sowie die Zusammenhänge dieses spezifischen Risikoverhaltens mit Konstrukten wie Risikowahrnehmung, Risikoverhalten in anderen Bereichen oder spezifischen Persönlichkeitseigenschaften.
Bei Interesse oder inhaltliche Rückfragen können Sie sich gerne an Prof. Dr. Yvonne Nestoriuc ([email protected]; Helmut-Schmidt-Universität, Klinische Psychologie) wenden.
Betreuung der Masterarbeiten:
Prof. Dr. Y. Nestoriuc (Helmut-Schmidt-Universität, Klinische Psychologie)
Dipl.-Psych. ORR J. Müller (Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Klinik VI)
Fachliche Beratung:
Prof. Dr. H. Frickmann (Bernhard-Nocht-Institut)
Quellen:
1. Frickmann H, Schwarz NG, Holtherm HU, Maassen W, Vorderwülbecke F, Erkens K, Fischer M, Morwinsky T, Hagen RM. Compliance with antimalarial chemoprophylaxis in German soldiers: a 6-year survey. Infection 2013; 41: 311-20.
2. Frickmann H, Hagen RM, Geiselbrechtinger F, Hoysal N. Infectious diseases during the European Union training mission Mali (EUTM MLI) – a four-year experience. Mil Med Res 2018; 5: 19.
3. Schawaller M, Wiemer D, Hagen RM, Frickmann H. Infectious diseases in German military personnel after predominantly tropical deployments: a retrospective assessment over 13 years. BMJ Mil Health 2020; Epub ahead of print: doi: 10.1136/bmjmilitary-2020-001575.
4. Frickmann H, Schwarz NG, Wiemer DF, Fischer M, Tannich E, Scheid PL, Müller M, Schotte U, Bock W, Hagen RM. Food and drinking water hygiene and intestinal protozoa in deployed German soldiers. Eur J Microbiol Immunol (Bp) 2013; 3: 53-60.
5. Gottwald C, Schwarz NG, Frickmann H. Sexually Transmitted Infections in Soldiers – A Cross-Sectional Assessment in German Paratroopers and Navy Soldiers and a Literature Review. Eur J Microbiol Immunol (Bp) 2019; 9: 138-143.
6. Sing, A. Zur Epidemiologie von sexuell übertragbaren Erkrankungen: der Beitrag der Sozialen Netzwerk-Analyse zu einem komplexen Feld. Mikrobiologe 2011; 21: 150-159.
7. Hahn A, Kröger C, Meyer CG, Loderstädt U, Meyer T, Frickmann H, Zautner AE. Comparison of Self-Reported Sexual Activity Among Heterosexuals with Sexual Spread of Poorly Transmittable Agents: A Minimalistic Approach to Estimating Sexual Activity Based on HIV Incidence. Int J Environ Res Public Health 2020; 17: 5504.
8. Pollack, L.M., Boyer, C.B. & Weinstein, N.D. Perceived Risk for Sexually Transmitted Infections Aligns With Sexual Risk Behavior With the Exception of Condom Nonuse: Data From a Nonclinical Sample of Sexually Active Young Adult Women. Sexually Transmitted Diseases 2013; Volume 40, Number 5.
9. Cooper, T.V., DeBon, M., Haddock, C.K., Rodriguez Esquivel, D., Klesges, R.C., Lando, H., & Talcott, G.W. Demographics and Risky Lifestyle Behaviors Associated With Willingness To Risk Sexually
Transmitted Infection in Air Force Recruits. American Journal of Health Promotion January/February 2008, Vol. 22, No. 3
10. Haversath, J.; Gärttner, K.M.; Kliem, S.; Vasterling, I.; Strauss, B.; Kröger, C. Sexual Behavior in Germany. DtschÄrzteblInt 2017; 114: 545-550.
11. Sieverding, M. Risikoverhalten und präventives Verhalten im Geschlechtervergleich: Ein Überblick. Zeitschrift für Medizinische Psychologie 1/2000