Am 19. Oktober 2017 fand an der Helmut-Schmidt-Universität der Aktionstag „Hamburg, die extreme Rechte und der Rassismus der Mitte. Zusammenhänge und Effekte diskutieren – Solidarität und demokratische Räume stärken“ statt.
Der Tag wurde von den Studierenden Marvin Hellwig, Niklas Priebe, Tobias Raasch, Julian Winkhoff sowie den Mitarbeiterinnen des Fachbereichs der Allgemeinen Erziehungswissenschaft, insbesondere interkulturelle und vergleichende Bildungsforschung, Ellen Kollender, Sonja Langheinrich und Lisa Schmidt organisiert. Unterstützung erhielt der Zusammenschluss vom Präsidium, dem Förderverein der HSU, dem Fakultätsrat der Geistes- und Sozialwissenschaften sowie der Landeskoordinierungsstelle des Beratungsnetzwerks gegen Rechtsextremismus in Hamburg.
Die Idee für die Organisation des Aktionstags entstand aufgrund des Bedürfnisses der Studierenden und Wissenschaftlerinnen, sich mit Rassismus an sowie im Umfeld der Universität auseinanderzusetzen und einen Raum zu schaffen, in dem sich über die Seminar- und Universitätsgrenzen hinaus aktuelle Konjunkturen von Rassismus und Rechtsextremismus bewusst gemacht sowie Konsequenzen und notwendige Handlungsschritte diskutiert werden können. Der Tag, an dem an die 100 Teilnehmer_innen zusammenkamen, widmete sich unter anderem folgenden Fragen: Wie äußern sich Rassismus und Rechtsextremismus in Hamburg? Wie hängen aktuelle rassistische sowie rechtspopulistische Diskurse mit gesellschaftlichen Einstellungsmustern der „Mitte“ zusammen? Welche Ansätze der Intervention und Prävention gibt es bereits in Hamburg?
Darüber hinaus wurde sich mit der Frage beschäftigt, wie sich öffentliche Institutionen sowie Universitäten wie die HSU ausrichten sollten, um nicht nur auf rassistische/rechtsextreme Ereignisse zu reagieren, sondern auch eine nachhaltige Auseinandersetzung hiermit zu institutionalisieren.
Den Themen und Fragen wurde zunächst im Rahmen einer Podiumsdiskussion nachgegangen. An dieser nahmen
Marcel Lewandowsky (Politikwissenschaftler an der HSU)
Andrea Faber (stlv. Leiterin des Referats „Stärkung der Zivilgesellschaft“ der Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration)
Pieter Thomas (Mitarbeiter im Landeskriminalamt Hamburg, Bereich „Prävention gewaltzentrierter Ideologien“)
Ernst Krefft (Mitglied im Hamburger Bündnis gegen Rechts)
sowie Ruhin Ashuftah (Therapeut für traumatisierte Flüchtlinge in Hamburg, in Vertretung von Sidonie Fernau) teil.
Die Diskussion kann hier in voller Länge angesehen werden:
https://www.youtube.com/watch?v=hi_jp1j__UE
YouTube: Podiumsdiskussion in der HSU HH am 19. Oktober 2017 (Standard YouTube Lizenz)
An die Diskussion anschließend haben sich Referent_innen und Teilnehmer_innen in parallelen Workshops vertiefend mit folgenden Themen beschäftigt:
- Isolieren, stigmatisieren oder einbinden? Charakter, Auswirkungen und Gegenstrategien zu rechtspopulistischen Parteien in Europa – Marcel Lewandowsky
- Rassismuskritische Hochschule in Zeiten von Trump und Brexit neu denken!? Exploration der internationalen Lage in einem World-Café – Andreas Hieronymus (Open Society Foundations)
- Wie mit rassistischen und rechtsextremen Einstellungen innerhalb staatlicher Institutionen umgehen? Diskussion von bestehenden und notwendigen Ansätzen – Pieter Thomas
- Die Arbeit mit und für Geflüchtete(n) in Hamburg: Rassismussensible Ansätze – Ruhin Ashuftah
- Hetz mich nicht! Hate speech ist keine Meinungsfreiheit. Wie wird das Internet von welchen Gruppen als Plattform genutzt? Und was kann man dagegen tun? – Mitarbeiter von Kurswechsel Hamburg, Distanzierungs- und Ausstiegsbegleitung für Menschen mit (extrem) rechten Einstellungen
Der Aktionstag wurde gerahmt von künstlerischen Impulsen durch die Poetry Slamerin Amira Zarari (i,Slam) sowie von einer Posterausstellung zum Thema „Die extreme Rechte in Hamburg und Umgebung – Hintergründe, Erscheinungsformen und Interventionen“, die Ellen Kollender gemeinsam mit Studierenden ihres Seminars „Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland und Europa” im Frühjahrstrimester 2017 erarbeitet hat.
In einer abschließenden offenen Mikro-Runde betonten die Teilnehmenden die Bedeutung öffentlicher Räume – wie sie an diesem Tag die HSU und der Aktionstag darstellten –, um sich mit aktuellen rassistischen und rechtsextremen Entwicklungen in Hamburg und Umgebung auseinanderzusetzen. Teilweise wurde sich gewünscht, sich konkreter mit Handlungs- und Interventionsmöglichkeiten gegen rechte sowie rechtspopulistische Bewegungen und Parteien zu beschäftigen. Diese seien in der vielfach wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Themen an dem Tag zu kurz gekommen.
In der Abschlussdiskussion wurde zudem betont, dass die Maxime „Demokratische Räume stärken“ auch bedeute, Rassismus und Rechtsextremismus nicht zur Privatsache zu erklären. Hierfür sei es wichtig, offene Gesprächs- und Konfliktkulturen zu schaffen und Organisationen sensibler für rassistische und diskriminierende Gewohnheiten und Diskurse zu machen. Dies bedeute auch, die Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsextremismus an der Bundeswehr-Universität für die hier Beschäftigten sowie Studierenden stärker – und über die Lehre hinaus – zu institutionalisieren. In diesem Zusammenhang wurden auch künstlerische Formen der Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsextremismus thematisiert, die auch von Hochschulen wie der HSU aufgegriffen werden könnten.
Von Mitarbeiter_innen der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften wurde darauf aufmerksam gemacht, dass sich aktuell der Senatsausschusses für Gleichstellungsfragen an der HSU mit der Erarbeitung eines Anti-Diskriminierungsleitfadens beschäftigt. Dieser soll u.a. am 5. Juni auf dem „Tag der Vielfalt“ an der HSU vorgestellt werden.
Für Kontakt und/oder bei Interesse an einer Mitarbeit bei der „AG Rassismuskritische Hochschule“: [email protected]