Promotionsprojekt von Hajo Raupach: Mörtellos und leicht. Bau und Konstruktion der Chruščevka

Sowjetfrisko

Als steinerne Monumente der Macht erhoben sich nach dem Zweiten Weltkrieg nach und nach sieben Hochhäuser in den Moskauer Himmel. Sie waren Repräsentation einer Ordnung, die kommen sollte und doch bereits da war. Im Kontrast zu den nahen Erdhütten und überfüllten Kommunalki der Stadt repräsentierten sie genauso die Unfähigkeit der Bolschewiki, ihre eigene Bevölkerung mit adäquatem Wohnraum zu versorgen. Um zu bauen, bediente man sich Stachanov-Kampagnen, Zwangsarbeitern und der Profession der Künstler-Architekten. Doch die Ergebnisse blieben bescheiden.

Nach dem Tod des Diktators Stalin begann unter der Schirmherrschaft des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei, Nikita Chruščev, eine Wohnungsbaureform, die das Antlitz der sowjetischen Städte für immer verändern sollte. Millionen neuer Wohnungen wurden errichtet. Es wurde möglich, was vorher unmöglich schien: Die sowjetischen Bürger zogen aus den überfüllten Kommunalki in kleine eigene Wohnungen in den neu errichteten Chruščevki. Im Zuge dieser Reform wurden nicht nur Ministerien, wissenschaftliche Institutionen, Berufsschulen und Baubetriebe tiefgreifend umgestaltet, sondern auch das Leben von Millionen einfacher Bürger. Entgegen früherer Reformen des bolschewistischen Regimes verlief die Wohnungsbaureform der 50er Jahre ohne den Einsatz von Gewalt. Vielmehr wurden Ingenieure, Architekten, Bürokraten und Bauarbeiter so in den Bau der neuen Wohnhäuser eingebunden, dass sie alle profitieren konnten. Indem das geplante Projekt diese Gruppen in den Fokus nimmt, leistet es einen Beitrag sowohl zur sowjetischen Wissenschaftsgeschichte als auch zur Alltagsgeschichte.

HSU

Letzte Änderung: 10. November 2021