Studienexkursion Mitteldeutschland

Im Frühjahrstrimester 2011 hat eine Studienreise nach Mitteldeutschland stattgefunden.

Die Exkursion wurde von den Professuren  der Alten Geschichte (Prof. Dr. Meißner), der Mittelalterliche Geschichte (Prof. Dr. Selzer), der Frühen Neuzeit (Prof. Dr. Nowosadtko) und der Neueren Sozial-/ Wirtschafts- und Technikgeschichte (Prof. Dr. Heßler) organisiert.

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Vorbereitend wurde ein epochenübergreifendes Seminar veranstaltet. Im Mittelpunkt stand die Erkundung der Geschichtslandschaft „Mitteldeutschland“. Der Terminus ist historisch nicht unbelastet, weshalb Reflexionen über den geschichtswissenschaftlich wichtigen Begriff der Region ein wesentlicher Bestandteil des Seminars wie auch der Exkursion waren.

Weiterhin wurden auch die Themen Geschichtsrezeption und -vermittlung behandelt. In der Organisation der Exkursion, die das theoretische Wissen durch praktische Anschauungen ergänzen sollte, wurde Wert darauf gelegt, neben den touristischen bekannten Orten in Sachsen-Anhalt und Thüringen auch die versteckteren Schätze zu berücksichtigen und mit Experten zu entdecken.

Die Reise begann in Magdeburg. Hier stand die Besichtigung des Doms als ältestes gotisches Bauwerk in Deutschland im Mittelpunkt. Besucht wurde die Grabstätte Kaiser Ottos I.

Ein zweiter Schwerpunkt des Besuchs in Magdeburg lag auf der Neueren Geschichte. Besichtigt wurde die Gedenkstätte Moritzplatz, die zwischen 1945 und 1989 Stasi-Untersuchungshaftanstalt war. Nach einem Rundgang durch die Zellentrakte und der Vorführung des Dokumentarfilms „Gesicht zur Wand“ über die 15 jährige politische Haft Melanie Kollatzschs, fand eine eindringliche und emotionale Begegnung sowie eine angeregte Diskussion mit der heute 80jährigen statt.

Am Abend wohnte die Exkursionsgruppe einem eher zeitgenössischen Ereignis im Kulturzentrum Magdeburg bei: der Live-Übertragung des WM-Spiels Deutschland–Argentinien, das als Ereignis zumindest in die Geschichte des Fußball-Sports eingegangen ist.

Die nächste Station war die Lutherstadt Wittenberg, wo die gesamte Gruppe in den Gebäuden der alten Universität Leucorea untergebracht war. Als eines der Zentren der Reformation erlangte die Stadt im 16. Jahrhundert große Bedeutung. Auf dem Programm stand die Besichtigung des Lutherhauses, der Stadt- und Schlosskirche, die heute historische Reformationsgedenkstätten sind.

Einen Abstecher in die Geschichte der modernen Architektur unternahm die Gruppe im Anschluss mit einem Besuch Dessaus. Dort wurde nicht nur die Kunst-, Design- und Architekturschule Bauhaus (1920er/ 1930er Jahre) besichtigt, auf dem Programm stand auch eine Führung durch die sogenannten „Meisterhäuser“, die Einblicke in die Arbeiten der Bauhaus-Pioniere Walter Gropius (1883 – 1969) und Ludwig Mies van der Rohe (1886 – 1969) gab.

Der im Kontrast dazu stehende Garten- und Landschaftsbau des 18. Jahrhunderts konnte danach sehr schön bei einem Spaziergang durch den Wörlitzer Parks erkundet werden, der als Teil des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und bei dem es sich unbedingt empfiehlt, Mückenschutz nicht zu vergessen, was ein Großteil der Gruppe schmerzlicherweise erfahren musste.

Nach diesen Eindrücken ging es mit dem Bus weiter nach Halle, um dort die Franckeschen Stiftungen zu besuchen. Diese wurden 1695 als Waisenhaus- und Reformschulprojekt vom pietistischen Theologen August Hermann Francke gegründet und sind heute der größte erhaltene Fachwerkbaukomplex Europas. Gebäude, Bibliothek, Kunst- und Naturalienkammer, letztere eine der wenigen vollständig erhalten gebliebenen, gaben spannende Einblicke in den bis heute wirksamen Bildungskosmos der Stiftung.
Als Zentrum der deutschen Aufklärung gilt die 1694 gegründete Universität Halle, die die Gruppe ebenfalls besuchte.

Um den Strukturwandel der Region nach der Wende zu verdeutlichen, ging es weiter nach Halle-Neustadt, das exemplarisch für die sozialistische Stadtplanung sowie Architektur steht und ursprünglich als „Chemiearbeiterstadt“ geplant war.

Als besonderes Hightlight wurde  in Halle zudem die Marienbibliothek besucht – die älteste protestantische Kirchenbibliothek der Welt, die kaum bekannt ist und somit einen echten Schatz darstellt.

Im Landesmuseum konnte danach ein erst 1999 entdecktes historischen Objekt von Weltrang bestaunt werden: die Himmelsscheibe von Nebra aus der Bronzezeit. Und im Robertinum, der Lehrsammlung der Universität Halle, wurden abschließend noch Beispiele antiker Kunst besehen.

Nach dem geschichts-intensiven Besuch der Saale-Stadt wurde auch die anschließende Heimreise nach Hamburg mit einem Zwischenstopp in Bad Frankenhausen und einem Besuch des Panorama-Museums noch sinnvoll genutzt. Das dort zu sehende Panoramabild des Leipziger Malers und Kunstprofessors Werner Tübke verdeutlichte die Lesart des Bauernkrieges als „Frühbürgerliche Revolution“ in der DDR-Geschichtsschreibung.

Den endgültigen Abschluss der Reise bildete dann ein kleiner Abstecher ins Kyffhäuser Mittelgebirge, wo sich die Ruinen der Reichsburg Kyffhausen befinden, die Ende des 19. Jahrhunderts durch das Denkmal zu Ehren Kaiser Wilhelms I. ergänzt wurden, dem drittgrößten derartigen Bauwerk in Deutschland.

Marienbibliothek

HSU

Letzte Änderung: 9. Februar 2021