Der Forschungsschwerpunkt untersucht den Zusammenhang von Bildung, Differenz und pluralen Gesellschaften. Dabei werden mehrere Perspektiven in Anschlag gebracht und eine Vielzahl von Theorien und Formen empirischer Daten miteinander kombiniert.
Bildung wird in dem Forschungsschwerpunkt einerseits als Prozess verstanden, der Differenzerfahrungen in pluralen Gesellschaften durch die Hervorbringung neuer Deutungs- und Wirkungsmuster zu verarbeiten hilft. Da plurale Gesellschaften sich einer Vereinheitlichung widersetzen, erweist sich Differenz als charakteristischer Bildungsgrund für individuelle und kollektive Akteure.
Andererseits wird Bildung als ‚Produkt‘ und Resultat sozialer, institutioneller und organisationaler Praktiken verstanden. Hier lassen sich erstens grundlegende Veränderungen im Zusammenhang einer umfassenden Transformation von nationalstaatlicher Macht, Politik, Ökonomie und sozialen Räumen beobachten: Dazu zählt neben neuen privaten und transnationalen Akteuren (z.B. OECD) insbesondere die Ökonomisierung von Bildung, wie sie sich in neuen bildungspolitischen Steuerungsformen, Vermarktlichung und der verstärkten Privatisierung im Bildungsbereich niederschlägt. Zudem ist ein Wandel von Bildung durch Technologisierung und Digitalisierung (Stichwort: ‚big data‘) zu registrieren, der zu veränderten Formaten von Wissen, Kommunikation, Vermittlungs- und Aneignungsformen führt.
Nicht nur diese Aspekte gesellschaftlichen Wandels, sondern auch die internationale Migration stehen im Blickpunkt des Forschungsschwerpunkts. Es geht hier um den Beitrag der Institutionen und Organisationen des Bildungssystems an der Verfestigung oder Aufhebung von sozialer (nicht nur migrationsbedingter) Ungleichheit. Dabei werden neben der Analyse dieser Prozesse auch politische und pädagogische Programmatiken und Konzepte diskutiert, die geeignet dazu sind, Bildungsprozesse im Kontext von Migration in einem menschenrechtlichen und demokratischen Verständnis zu gestalten und die beteiligten Akteure für Rassismus u.a. Formen der Diskriminierung zu sensibilisieren und zur demokratischen Teilhabe zu befähigen.
Der Zusammenhang von Bildung und Differenz wird in dem Forschungsschwerpunkt indes nicht nur in Bezug auf die Bundesrepublik thematisiert, sondern dezidiert im Vergleich unterschiedlicher Gesellschaften. Im synchronen Vergleich geht es u.a. um den Wandel, den der öffentliche Bildungssektor seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts im Kontext von Globalisierung, Internationalisierung und Transnationalisierung erfährt. In diachroner, historischer Hinsicht geht es um die Frage, wie und mit welchen Kategorien in früheren Gesellschaften, insbesondere seit dem 18. Jahrhundert, Pluralität bestimmt und bewertet wurde. Herauszuarbeiten ist nicht nur, welche Bedeutung soziale, kulturelle, ethnische oder geschlechtsspezifische Differenzen für Bildungsprozesse hatten, sondern auch, wie mit der Entstehung eines Bildungssystems Differenz erst erzeugt und bearbeitet wurde. Genese und Wandel sowie diskursive Rechtfertigungen von Institutionen und Organisationen, die diese Prozesse regeln, werden hierbei einer historischen Rekonstruktion unterzogen. Institutionen beherbergen unterschiedliche Wissens- und Praxisformen. Hier gilt die Frage den Effekten, die diese im Hinblick auf die Erzeugung von Differenz im Rahmen umfassender Subjektivierungsprozesse hervorbringen.
Wenngleich der Forschungsschwerpunkt ‚Bildung‘ fokussiert, fördert er doch einen umfassenden Blick auf pädagogische Grundprozesse, indem er den Bildungsbegriff stets in einen Zusammenhang mit anderen pädagogischen Grundbegriffen (Erziehung, Lernen, Sozialisation) stellt, ihn aber von diesen auch abgrenzt und die Begriffe jeweils in ihrer historisch entwickelten Semantik bestimmt.
Mitglieder des Forschungsschwerpunkts
Laufende Projekte des Forschungsschwerpunkts
Glossar zur Ökonomisierung von Bildung
Im deutschen Kaiserreich – Eine Bildungsgeschichte von 1871 bis 1918
Die preußischen Reformer – Eine bildungshistorische Kollektivbiographie
Abgeschlossene Projekte des Forschungsschwerpunkts
Kulturelles Kapital in der Migration
Bildung – Transformation und Tradierung im Zusammenhang von Individualität und Kollektivität