Entwicklung von Mitteln zur Qualitätssicherung für den Ersatz analoger Rechentechnik durch rechnerbasierte Leittechnik in Kernkraftwerken

Nach einer Betriebszeit von ca. 30 Jahren zeichnet sich bei den in Betrieb befindlichen Kernkraftwerken der Bedarf für eine Modernisierung der Sicherheitsleittechnik ab. Damit ist verbunden, dass die festverdrahtete Leittechnik, die während der Errichtung der Kernkraftwerke qualifiziert wurde und sich im Betrieb durch eine sehr hohe Zuverlässigkeit bewährt hat, durch eine Leittechnik entsprechend dem heutigen Stand der Technik ersetzt wird.

Gemäß heutigem Stand werden für die Leittechnik rechnerbasierte Systeme eingesetzt, die im Vergleich zu festverdrahteten Systemen andersartige, in dieser Anwendung bisher nicht betrachtete Charakteristika aufweisen. Zum einen erfolgt bei rechnerbasierter Leittechnik die Verarbeitung der Prozessgrößen zeitdiskret. Zum anderen ergeben sich durch die Leistungsfähigkeit der rechnerbasierten Technologie vielfältige Möglichkeiten bei der Auslegung der Leittechnik, um durch geeignete Vermaschung von Funktionen und Systemen Anforderungen zu erfüllen und die physikalische Struktur der Leittechnik zu optimieren. Das Engineering der Leittechnik erfordert daher ein detailliertes Verständnis der Zusammenhänge zwischen der Leittechnik, dem zugrundeliegenden Prozess, dem Verhalten der Leittechnik und der räumlichen Anordnung.

Die Abbildungen 1 und 2 geben beispielhaft die unterschiedlichen Strukturen festverdrahteter und rechnerbasierter Leittechnik wieder. Abbildung 1 zeigt die dreifach redundante physikalische Struktur festverdrahteter Leittechnik. Der separate Aufbau der einzelnen Funktionen in den Redundanzen ergibt eine übersichtliche Struktur, bei der die funktionale Struktur der Leittechnik nahezu der physikalischen Struktur entspricht. Abbildung 2 stellt dagegen beispielhaft die mögliche physikalische Struktur einer rechnerbasierten Auslegung dar. Die Flexibilität rechnerbasierter Leittechnik ermöglicht eine frei gestaltbare Vermaschung von Funktionen und Systemen. In diesem Beispiel werden die Prozessgrößen der Anlage dreifach redundant erfasst, verarbeitet und entsprechende Funktionen über eine Auswahlschaltung ausgelöst. Demgegenüber erfolgt die Ansteuerung der redundanten Systeme W.1 und W.2 über separate, den Redundanzen 1 und 3 fest zugeordnete Verarbeitungseinheiten.

Die Modernisierung festverdrahteter mit rechnerbasierte Leittechnik stellt aufgrund der heterogenen Charakteristika rechnerbasierter Leittechnik hohe Anforderungen an das Engineering. Aufbauend auf einer Analyse anwendungsspezifischer Anforderungen der Leittechnikmodernisierung werden entsprechende Anforderungen an die Modellierung rechnerbasierter Leittechnik abgeleitet, anhand derer verschiedene Beschreibungsmittel bewertet werden. Im Rahmen des Promotionsvorhabens wird das Engineering durch die Entwicklung eines Beschreibungsmittels zur Modellierung der heterogenen Charakteristika verbessert, der Fokus liegt hierbei einerseits auf den Abhängigkeiten zwischen der funktionalen und physikalischen Struktur und andererseits auf der Modellierung physikalischer Strukturveränderungen. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls die methodische Anwendung des Beschreibungsmittels im Lebenszyklus der Leittechnik betrachtet.

In Kooperation mit:

Bearbeitet durch: Dipl.-Ing. Markus Göring, MBA

Ergänzendes Material: Veröffentlichungen

Schwerpunkte:

  • Anforderungen rechnerbasierter Leittechnik
  • Bewertung von Beschreibungsmitteln
  • Abhängigkeiten zwischen funktionaler und physikalischer Struktur
  • Modellierung physikalischer Strukturveränderung
HSU

Letzte Änderung: 25. Oktober 2017