Modulare Produktionslogistik (MoProLog)

Motivation

Die Prozessindustrie sieht sich Trends hin zu einer starken Volatilität der Märkte sowie einer hohen Produktindividualität gegenübergestellt. Ein prominentes Beispiel dafür stellt die aktuell vorherrschende Corona-Pandemie dar, die es erfordert, schnell große Mengen eines neuen Impfstoffes herzustellen. Dazu ist es notwendig, schnell Produktionsanlagen auf- oder umzubauen, die den neuartigen Prozess zur Impfstoffproduktion umsetzen können.

Derart veränderliche Marktbedingungen verlangen Produktionsanlagen sowohl hinsichtlich ihrer hardwareseitigen als auch automatisierungstechnischen Gestaltung ein hohes Maß an Flexibilität und Wandelbarkeit ab. Ein vielversprechender Ansatz, um dies zu realisieren, stellt die Modularisierung der Anlagen dar [1]. Aufgrund dessen wurden in den vergangenen Jahren im Rahmen von Forschungsprojekten [2, 3], Industriekooperationen und Standardisierungsanstrengungen [4, 5] Konzepte zur Modularisierung von verfahrenstechnischen Produktionsanlagen entwickelt.

Es zeigte sich allerdings, dass die Flexibilität und Wandelbarkeit dieser Anlagen durch die nach wie vor monolithisch und unflexibel gestaltete produktionsnahe Logistik beschränkt werden [1]. Aufgrund dessen besteht der Wunsch, produktionsnahe Logistikanlagen, die die Ver- und Entsorgung modularer Produktionsanlagen übernehmen, ebenfalls modular zu gestalten.

Stand der Technik im Bereich modularer Logistik

Vor diesem Hintergrund wurde im NAMUR-Arbeitskreis 4.19 „Produktionsnahe Logistik“ die NAMUR-Empfehlung NE 171 [6] entwickelt, die die Anforderungen an die Automatisierung modularer Logistikanlagen beschreibt. In [7] wird zudem anhand eines Praxisbeispiels ein Automatisierungs-Ansatz für modulare Logistikanlagen dargestellt, der in Einklang mit der NE 171 steht. Dabei wird herausgestellt, dass sich das bereits aus der modularen Produktion bekannte Module Type Package (MTP)-Konzept [5] grundsätzlich auch für den Einsatz im Bereich der modularen produktionsnahen Logistik eignet.

Projektziel

Auf Basis dieser Vorarbeiten wurde das Projekt „Modulare Produktionslogistik – MoProLog“ ins Leben gerufen. Dieses hat zum Ziel, unter Zusammenwirken von Anlagenbetreibern, Logistikdienstleistern, Anlagenlieferanten und Forschungseinrichtungen, erste Anlagenkonzepte für modulare Logistikanlagen zu entwickeln. Im Fokus steht dabei die Konzeption flexibler Logistikmodule für die Ver- und Entsorgung modularer Produktionsanlagen sowie deren einfache Integration in ein modulares Gesamtsystem nach dem Plug-and-Produce-Prinzip. Um dies zu realisieren, werden neben den Material- und Energieschnittstellen der Logistikmodule insbesondere auch deren informationstechnische Schnittstellen untersucht und vereinheitlicht. Bei der Konzeption dieser Schnittstellen soll auf den MTP-Konzepten aufgesetzt und diese auf die modulare produktionsnahe Logistik übertragen werden. Ein weiteres Ziel besteht darin, Orchestrierungsansätzen zur Koordination modularer Logistikanlagen zu entwickeln. Die Validierung der im Projekt erstellten Inhalte soll anhand eines Demonstratormoduls (ein modularer Lagenpalettierer) erfolgen, das flexibel durch Automated Guided Vehicles (AGVs) versorgt wird. [8]

Arbeitspakete

  • AP 1: Anforderungsanalyse
  • AP 2: Logistikkonzepte und Modulspezifikation
  • AP 3: Spezifikation von Standards und Schnittstellen
  • AP 4: Entwicklung eines modularen Lagenpalettierers und dessen Automation
  • AP 5: Entwicklung eines digitalen Zwillings
  • AP 6: Evaluierung

Gesamtprojektlaufzeit

11/2019 – 10/2022

Projektpartner (neben der Helmut-Schmidt-Universität)

  • Alfred Talke GmbH & Co. KG
  • BASF SE
  • BEUMER Maschinenfabrik GmbH & Co. KG
  • Fachhochschule Südwestfalen
  • Fraunhofer IML

Externe Links

Literatur

[1]        Lier, S., Wörsdörfer, D. u. Grünewald, M.: Wandlungsfähige Produktionskonzepte: Flexibel, Mobil, Dezentral, Modular, Beschleunigt. Chemie Ingenieur Technik 87 (2015) 9, S. 1147–1158

[2]        DECHEMA: ENPRO 2.0 – Effiziente Orchestrierung modularer Anlagen (ORCA). http://enpro-initiative.de/ENPRO+2_0/ORCA.html, abgerufen am: 15.11.2020

[3]        CORDIS: Final Report Summary – F³ FACTORY (Flexible, Fast and Future Production Processes), 2021. https://cordis.europa.eu/project/id/228867/reporting/de, abgerufen am: 26.03.2021

[4]        VDI 2776:2020-11. Verfahrenstechnische Anlagen – Modulare Anlagen – Grundlagen und Planung modularer Anlagen. https://www.vdi.de/richtlinien/details/vdi-2776-blatt-1-verfahrenstechnische-anlagen-modulare-anlagen-grundlagen-und-planung-modularer-anlagen, abgerufen am: 26.03.2021

[5]        VDI/VDE/NAMUR 2658. Automatisierungstechnisches Engineering modularer Anlagen in der Prozessindustrie. https://www.vdi.de/suche?tx_solr%5Bq%5D=VDI%2FVDE%2FNAMUR+2658, abgerufen am: 11.11.2020

[6]        NAMUR NE 171:2020-12. Anwendung des modularen Anlagenkonzeptes in der produktionsnahen Logistik

[7]        Cordes, S., Busert, T., Fay, A., Kessler, S. u. Schick, A.: NAMUR-MTP für Plug-&-Operate in produktionsnaher Logistik. Anforderungen an eine modulare Automatisierung. atp magazin (2020) 01-02, S. 86–93

[8]        Weigel, O., Lier, S., Judel, O., Gryczycha, K., Kocak, I. u. Pannok, M.: Modulare Produktionslogistik in der Prozessindustrie – Herausforderungen und Systematisierungen. In: 10. ProcessNet-Jahrestagung und 34. DECHEMA-Jahrestagung der Biotechnologen 2020

Ansprechpartner

Michelle Blumenstein

Email: [email protected]

Tel.: 040 6541 2429

Bei Interesse am Projekt oder an verwandten Forschungsthemen kontaktieren Sie mich gern!

HSU

Letzte Änderung: 13. Dezember 2021