Die Aufnahme in ein Begabtenförderwerk eröffnet Studierenden einzigartige Chancen für die akademische und berufliche Entwicklung. An einer Universität der Bundeswehr gibt es dabei einige Besonderheiten. Die Herausforderung einer Bewerbung lohnt sich jedoch allemal! Der ehemalige Stipendiat und wissenschaftliche Mitarbeiter Stefan Messingschlager, der als Kommissionsmitglied am Auswahlprozess eines Förderwerks beteiligt ist, unterstützt Studierende, die sich bewerben möchten.
Stefan Messingschlager ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Neuere und Neueste Geschichte. Während seines Studiums war er Stipendiat eines Begabtenförderwerk; inzwischen unterstützt er als Alumnus Studierende, die sich ebenfalls bewerben möchten. Im Interview erläutert er die Vorteile der Begabtenförderung und geht auf die Besonderheiten für Bewerbende an den Universitäten der Bundeswehr ein.
Herr Messingschlager, Sie engagieren sich sehr für die Begabtenförderung an der HSU. Welche Vorteile bieten Stipendien den Studierenden?
Stipendien bieten eine Vielzahl von Vorteilen. Neben der finanziellen Unterstützung, die besonders Studierenden aus finanziell schwierigen Verhältnissen hilft, gibt es auch eine ideelle Förderung.
Für unsere Studierenden, die bereits eine finanzielle Absicherung durch die Bundeswehr erhalten, liegt der Fokus auf der ideellen Förderung. Da die Bundeswehr als Institution zur Neutralität verpflichtet ist, können sich unsere soldatischen Studierenden aktuell nur für die Aufnahme in die Grundförderung der sog. Studienstiftung des deutschen Volkes bewerben. Das ist das älteste, größte und renommierteste Begabtenförderwerk Deutschlands und ist sowohl weltanschaulich als auch politisch und konfessionell neutral.
Die Aufnahme in ein Förderwerk ist generell eine große Auszeichnung. Die Geförderten können sich sowohl fachlich als auch in ihren soft skills und Sozialkompetenzen weiterbilden und sich ein Netzwerk aufbauen. Das unterstützt sowohl die Integration in das zivile Berufsleben nach dem Dienst als auch das Fortkommen in der militärischen Laufbahn. Besonders wenn höhere Dienstgrade angestrebt werden, machen solche Extras im Lebenslauf einen Unterschied.
Also haben Stipendien auch einen Nutzen für Studierende, die keine wissenschaftliche Karriere anstreben?
Absolut! Die ideelle Förderung zielt darauf ab, Soft Skills und soziale Kompetenzen zu stärken, die in jedem Berufsfeld von Vorteil sind; auch die Erweiterung des eigenen intellektuellen Horizonts, Bewerbungstrainings und Berufsorientierung sind wichtige Bestandteile. Außerdem bietet das soziale Netzwerk der Stipendiaten und Alumni/ Alumnae, ähnlich Facebook oder LinkedIn, wertvolle Kontakte, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Berufsleben von Vorteil sein können.
Die Stipendiaten entwickeln durch die Teilnahme an Programmen der ideellen Förderung eine ausgeprägte intellektuelle und soziale Kompetenz, die von Arbeitgebern überaus geschätzt wird. Und auch für die Generalstabsausbildung werden sprachlich versierte und strukturiert sowie problemorientiert denkende Personen gesucht. Wenn man während des Studiums bereits in ein Begabtenförderwerk aufgenommen wurde, ist das auf jeden Fall ein Indikator, dass man eine überdurchschnittliche intellektuelle und persönliche Reife mitbringt – eine wichtige Eigenschaft im zivilen wie auch militärischen Leben.
Wie sieht diese ideelle Förderung denn konkret aus, bspw. in der Studienstiftung des deutschen Volkes?
Das Herzstück der ideellen Förderung sind dort die Sommerakademien der Stiftung. Das sind ein- bis zweiwöchige Akademien zu einem interdisziplinären Thema in einer Gruppe von 50 bis 60 Personen. Diese Akademien sind in der Regel an einem interessanten Ort und eine gute Mischung aus Freizeit und intellektuellem Austausch durch Seminare, Referate oder Expertenvorträge. Das sind wertvolle Erfahrungen für Studierende.
Für fortgeschrittene Studierende werden außerdem wissenschaftliche Kollegs angeboten. Da gibt es dann mehrere intellektuell gehobenere Workshops zu einem bestimmten Rahmenthema über zwei Jahre verteilt.
Diese Angebote klingen sehr interessant. Wie passen die Angebote denn zeitlich zu der Trimester-Struktur an unserer Universität?
Die Angebote finden in der klassischen vorlesungsfreien Zeit statt, also meist im März/April und zwischen August und Oktober. Das ist für unsere Studierende natürlich etwas misslich. Die Sommerakademien im Speziellen finden im August und September statt, sodass unsere Studierende daran auf jeden Fall teilnehmen können.
Stipendiaten werden von allen wichtigen Akteuren an der HSU dabei unterstützt, die Angebote der ideellen Förderung wahrnehmen zu können. Wenn sie an Akademien oder wissenschaftliche Kollegs teilnehmen möchten, prüft der beispielsweise der Studierendenbereich dieses Anliegen wohlwollend und ermöglicht die Teilnahme im Rahmen einer Dienstreise, sodass dafür dann auch kein Urlaub genommen werden muss.
Das klingt nach einer guten Lösung. Könnten Sie noch erklären, wie man in die Studienstiftung aufgenommen wird?
Die Aufnahme in die Studienstiftung ist für unsere Studierenden ab dem Ende des dritten Trimesters möglich. Das Prüfungsamt und einzelne Hochschullehrende bzw. Ehemalige schlagen der Stiftung Studierende vor, die durch besondere Leistungen hervorstechen. Die vorgeschlagenen Studierenden werden dann von der Stiftung aufgefordert, sich zu bewerben.
Der erste Schritt für die Studierenden ist im Anschluss die schriftliche Bewerbung. Die ist schon recht anspruchsvoll, da es neben den objektiven Leistungen auch darum geht, den eigenen Werdegang eingehend zu reflektieren. Hierbei spielen insbesondere persönliche Motivationen und das gesellschaftliche Engagement eine wichtige Rolle.
Ist die schriftliche Bewerbung überzeugend, folgt ein Auswahlseminar. Das besteht aus einem allgemeinen und einem fachnahen Gespräch sowie aus Gruppendiskussionen mit anderen Bewerbern.
Das klingt nach einem sehr anspruchsvollen Auswahlverfahren.
Ja, in der Tat. Die Begabtenförderung richtet sich an besonders reife, engagierte und begabte Studierende. Das ist schon eine Herausforderung. Besonders die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen und die Präsentation der eigenen Stärken sind entscheidende Faktoren im Auswahlprozess. Deswegen gibt es auch Unterstützung für die Studierenden.
Wie sieht diese Unterstützung bei der Bewerbung konkret aus?
Als ehemaliger Stipendiat stehe ich während des gesamten Prozesses als Ansprechpartner zur Verfügung. Für Studierende, die zur Bewerbung aufgefordert werden, organisiere ich Workshops, in denen ich den Bewerbungsprozess detailliert erläutere und wertvolle Tipps zur Erstellung der Bewerbungsunterlagen und dem folgenden Auswahlseminar gebe.
Außerdem biete ich auch Mentoring für einzelne Studis an, also ein 1:1 Coaching, in dem wir beispielsweise ein Bewerbungsgespräch durchspielen. Darüber hinaus gibt es noch kostenlose Unterstützungsangebote von Organisationen wie ApplicAid e.V. und ArbeiterKind.de, die sich um ein Matching der Bewerber mit aktuellen Stipendiaten bemühen, um ein möglichst zielgerichtetes Mentoring während des gesamten Bewerbungsprozesses garantieren zu können.
Welche Hürden gibt es auf dem Weg zu einem Stipendium, und wie können diese überwunden werden?
Eine der größten Herausforderungen ist sicherlich das anspruchsvolle Auswahlverfahren. Es erfordert ausgeprägte intellektuelle Fähigkeiten, eine hohe Leistungsbereitschaft, intrinsische Motivation und natürlich Sozialkompetenz. Es ist wichtig, sich gut vorzubereiten, sich aber auch nicht entmutigen zu lassen, wenn es beim ersten Mal doch nicht klappt. Unsere Workshops und das Mentoring-Programm bieten hier wertvolle Unterstützung.
Sie waren selbst Stipendiat. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, und warum ist Ihnen dieses Thema so wichtig?
Ich habe selbst erfahren, wie bereichernd die ideelle Förderung und das soziale Netzwerk der Stipendiaten sind. Ich komme aus einem nicht-akademischen Haushalt und weiß, wie herausfordernd der Zugang zur Universität und zur Academia sein kann.
An der HSU gibt es viele Studierenden, denen es ähnlich geht. Stipendien bieten Chancen, die man sonst nicht hätte, und ermöglichen den Austausch mit Menschen aus verschiedenen Fachbereichen und Kulturen. So kann man auch mal über den eigenen Tellerrand gucken! Das Netzwerk, das man sich über das Förderwerk aufbaut, kann auch im späteren Leben hilfreich sein. Für viele Stipendiaten entstehen wertvolle Kontakte, die in ihren jeweiligen beruflichen Bereichen unterstützend wirken können.
Für unsere Studierenden kann das Netzwerk der Begabtenförderung auch interessant sein, um nach dem Abschluss fachlich up-to-date zu bleiben oder am Ende der militärischen Laufbahn wieder Anschluss zu finden. Aus Erfahrung weiß ich, dass man über diese Netzwerke ganz konkret Praktika oder Stellenangebote finden kann. Aber auch für eine militärische Karriere sind Kontakte aus verschiedenen Branchen sehr bereichernd, um sich auszutauschen und sich weiterzuentwickeln.
Welchen Rat geben Sie den Studis für die Bewerbung um ein Stipendium?
Fördernd und fordernd – die Aufnahme in ein Förderwerk ist beides. Es ist ein anspruchsvoller Prozess, bis man aufgenommen wird. Eine intensive Vorbereitung und die Bereitschaft, sich Herausforderungen zu stellen, sind entscheidend.
An den Angeboten der ideellen Förderung teilzunehmen, ist eine beeindruckende Erfahrung– und teilweise auch überfordernd. Denn: die anderen Geförderten haben sich auch alle besonders hervorgetan. Man trifft also auch immer Menschen, die einem „noch besser“ als man selbst vorkommen, und mit denen man mithalten möchte. Dieser Austausch bringt einen auf jeden Fall weiter. Es ist eine wertvolle Gelegenheit, die eigene Perspektive zu erweitern und neue Impulse zu erhalten. Dafür muss man aber seine Komfort-Zone verlassen, dann wird man aber auch belohnt – und dazu möchte ich alle aktuellen und künftigen Stipendiaten animieren.
Kontakt und weitere Informationen
Stefan Messingschlager
messingschlager[at]hsu-hh.de
Bewerbungsinformationen für Studierende:
https://www.studienstiftung.de/infos-fuer-studierende-und-vorschlagende/bewerbung-und-auswahl
Informationen für Lehrende, die jemanden vorschlagen möchten:
https://www.studienstiftung.de/infos-fuer-studierende-und-vorschlagende/hochschullehrende
Die Fragen stellte Melanie Hagenau