In seiner vorweihnachtlichen Videoansprache blickt Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann auf das verstreichende Jubiläumsjahr der HSU/UniBw H zurück, spricht die universitäre Erarbeitung eines neuen Forschungsprofils an und erklärt das weitere Vorgehen bei der Einrichtung des Militärischen Sicherheitsbereichs (MSB).
Der Text zum Nachlesen
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Kameradinnen und Kameraden,
Kommilitoninnen und Kommilitonen,
liebe Universitätsbürgerinnen und Universitätsbürger!
Rückblick auf ein bewegtes Jubiläumsjahr
Gemeinsam blicken wir auf ein bewegtes Jubiläumsjahr unserer Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg zurück. Unser Blick schweift von festlichen Ereignissen — unter vielen anderen den Großen Zapfenstreich für die beiden Universitäten — über den Abschluss der ersten Phase unseres hochschulöffentlichen Strategieprozesses am 09. Juni 2023 bis hin zur Einführung neuer Studiengänge wie dem DiGA und dem Reformmodell Elektrotechnik. Und es gäbe noch viel mehr zu berichten.
Doch auch der Schrecken sich überlagernder Großkrisen blieb uns erhalten. Am 07.10. verübte die palästinensische Hamas einen beispiellosen terroristischen Angriff auf Israel. Isreal wehrt sich zu Recht, und nun herrscht auch dort Krieg. Dies zeigt wieder die oft genannte “Zeitenwende”, und seit diesem Ereignis spricht unser Bundesverteidigungsminister von der Notwendigkeit einer “kriegstüchtigen” Bundeswehr.
Das ist für eine Universität der Bundeswehr nicht einfach. Wir haben uns den damit verbundenen Fragen aber schon früh — im WT 2022 beginnend — beschäftigt und mit dem auf der Strategieklausur des Akademischen Senats im Juni 2023 einstimmig beschlossenen Ergebnispapier eine aus meiner Sicht überzeugende Antwort auf die Frage nach unserem Beitrag zur “Zeitenwende” gefunden. Eine Antwort, die einer Universität der Bundeswehr angemessen ist, die aber auch unserer Besonderheit als Universität der Bundeswehr gerecht wird.
Kern unseres erstmals formulierten WARUM ist die Verbindung von Freiheit und Sicherheit. Die beiden bedingen einander auf verschiedenen Ebenen: Wir bezwecken Freiheit für unsere Zivilgesellschaft und für die Individuen darin, und wir fordern gleichzeitig für uns als Universitätsangehörige Freiheit der Wissenschaft. Umgekehrt bildet diese Freiheit der Wissenschaft ein Instrument, das wir in Forschung und Lehre für Beiträge zu einer resilienten, nachhaltig stabilen demokratischen Gesellschaft nutzen, also zu unserer Sicherheit. Denn diese ist notwendige Bedingung für die Existenz von Freiheit, und auch das wieder auf verschiedenen Ebenen.
Mehrere Ebenen, Wechselwirkungen — das klingt typisch akademisch, aber es ist eben auch typisch für die Aufgaben, auf die wir die Fach- und Führungskräfte von heute und morgen vorbereiten müssen. Und die Offiziere allzumal.
Für die Umsetzung in Forschung und Lehre bieten sich die Begriffe der “Human Security” einerseits und der “Total Defence” andererseits an. Diese machen zwar die gesteigerte Bedeutung von Verteidigung im Rahmen der “Zeitenwende” deutlich, sie bilden gleichwohl auch ab,
- dass sich jetzt und in Zukunft mehrere Großkrisen überlagern, vom Klimawandel über fehlendes Potenzialwachstum und Pandemien bis hin zum Konflikt zwischen demokratischen und autoritären Gesellschaftssystemen,
- dass die Bewältigung dieser Krisen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die sich nicht auf das rein Militärische beschränken kann und
- dass die dafür erforderlichen Maßnahmen ressortgemeinsam geplant und interdisziplinär untersucht werden müssen.
Bildung eines Forschungsprofils
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,
damit ist unser Strategieprozess noch nicht abgeschlossen. Und weil dem so ist, habe ich einen Grund, meinen üblichen Jahresrückblick etwas vorzuziehen.
Der Akademische Senat hat beschlossen, die Bildung eines Forschungsprofils für unsere Universität zu versuchen. Der Versuch bleibt grundsätzlich ergebnisoffen, das “Profil” kann sich am Ende auch als Horizontale erweisen. Ich denke aber doch, dass wir erneut ein positives Ergebnis erreichen werden.
Vier Spielregeln möchte ich hervorheben, die der Akademische Senat für den Profilbildungsprozess festgelegt hat:
- Keine Tabula rasa. Vielmehr wird die Profilbildung als Stufe II unserer Strategiebildung verstanden, die auf den Ergebnissen der Stufe I (vom Juni 2023) aufbaut. Diese haben ebenso wie unsere Senatsbeschlüsse zu dtec.bw Bestand.
- Hochschulöffentliche Bottom up-Entwicklung. Die Ideen für die Profilbildung werden aus der Universität geboren und durch einen offenen, wettbewerblichen Findungs- und Aushandlungsprozess gebildet. Daran können — nein: sollen — sich alle Universitätsmitglieder beteiligen.
- Klarer Ablauf. Mit der notwendigen Klärung von Begriffen und Entwicklung von Kriterien für die Aufnahme in das Forschungsprofil wird die bestehende Profilkommission unter Leitung der Vizepräsidentin für Forschung beauftragt. Diese wird dem Senat im Wintertrimester 2024 berichten. Danach folgt der Aufruf für die hochschulöffentliche Diskussion / den Wettbewerb. Den Abschluss bildet eine neuerliche Senatsklausur mit Entscheidung.
- Zeitliche Bindung. Über ein erstes Konzept für das Forschungsprofil will der Senat noch im Jahr 2024 beschließen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aller Statusgruppen, Sie werden nach dem Jahreswechsel “zeitnah” vom Akademischen Senat hören und in den Prozess einbezogen. Dieser wird transparent gestaltet, so wie wir das auch schon 2018/19 und 2022/23 gehandhabt haben. Und die Ideen kommen von Ihnen. Machen Sie sich bitte Gedanken, schmieden Sie Allianzen, und bringen Sie sich ein !
Einrichtung eines militärischen Sicherheitsbereichs
Und es gibt noch einen zweiten Grund. Sie wissen, dass die HSU/UniBw H im FT 2018 angewiesen wurde, für den Douaumont-Bereich und für den Hanseaten-Bereich einen Militärischen Sicherheitsbereich (MSB) einzurichten. Ich habe darüber sofort berichtet, und seitdem reißen die Diskussionen nicht ab. Von vielen Universitätsbürger:innen wird die Maßnahme nicht ohne Grund kritisch gesehen, von einigen sehr kritisch, und wenige befinden sich (nicht nur) deswegen im Empörungsmodus.
Der Kompromissvorschlag unserer Universität, einstimmig beschlossen durch den Akademischen Senat, lief darauf hinaus, nur spezielle schützenswerte Bereiche der Universität zum MSB zu erklären. Denn wir verfügen derzeit über acht Liegenschaften und müssen deren Schutz ohnedies konzentrieren. Dies wurde abgelehnt, auch mit der Begründung, dass es nicht nur auf den Schutz von Einrichtungen, sondern auch den des Personals ankomme. Die Anweisung zur schnellstmöglichen Einrichtung eines MSB wurde bekräftigt.
Ich berichte seit nunmehr drei Jahren auf jeder Senatssitzung zu dem Thema und trete bei meinen Treffen mit der Leitungsebene des BMVg für eine Neubetrachtung des Themas ein. Dies blieb erfolglos. Es hätte geholfen, wenn ich hätte argumentieren können, dass sich die Sicherheitslage für die Bundeswehreinrichtungen in Hamburg seit 2018 entspannt habe. Seit dem Februar 2022 fällt das schwer, seit dem 07.10.2023 ist es völlig unmöglich.
Wir haben noch keinen MSB, weil die baulichen und organisatorischen Voraussetzungen bislang noch nicht gegeben waren und ich daher in meiner Eigenschaft als zuständiger Kasernenkommandant die Maßnahme noch nicht auslösen konnte. Von Anfang an habe ich fortlaufend erklärt, erläutert und expliziert, dass es mir bei der Umsetzung auf einen “minimalinvasiven” MSB ankommt.
Diese Umsetzung steht jetzt an. Wir sind bei den technischen Details in den letzten Zügen, und ich gehe davon aus, dass wir den MSB zum Jahreswechsel einrichten werden. Noch einmal: Universitätsbürger:innen sollten davon kaum etwas merken.
Gesegnetes Weihnachtsfest
“Jetzt kimmt die stade Zeit, die I ja so mog.” Das stammt aus der Paulaner-Werbung der 90er (und/oder von Hansi Hinterseer), und nein, ich kann es nicht aussprechen. Trotzdem: Der Weihnachtszeit wohnt ein Zauber inne, zumal wenn das Winter Wonderland schon im November beginnt. Und der Zauber ist individuell, popkulturell, er ist nicht konfessionell gebunden. Ein großer Teil der Menschheit verbindet diese Periode mit einer Auszeit gemeinsam mit der Familie.
Das wünsche ich auch Ihnen und den Ihren, gleich welchem Glauben Sie anhängen mögen. Für Sie alle erhoffe ich mir, dass Sie in dieser Zeit abseits der Dienstpflichten Zeit zur Besinnung finden. Angehörige der HSU/UniBw H: Das meine ich Ernst. Vorgesetzte an der HSU: Ich erwarte von Ihnen, dass Sie diesen Wunsch im Rahmen der dienstlichen Erfordernisse ermöglichen.
Für die Studierenden ist es nicht so einfach, stehen doch traditionell die Prüfungszeiten an. Zunächst wünsche ich Ihnen allen viel Erfolg und Fortüne — allen gleichermaßen, aber doch mit einem itsy bitsy teeny weeny Schwerpunkt bei den Alphas, die sich den 3 M stellen. Und dann möge auch für Sie eine “stade Zeit” kommen !
Im neuen Jahr wird es für uns mit Hochdruck weitergehen. Die Details spare ich mir für die Neujahrsansprache auf, aber von der Profilbildung haben Sie oben schon gehört, und bleibt noch dtec, die Reform der Studiengänge und so fort. Am 23.01. wird uns die Wehrbeauftragte besuchen, und einen Tag darauf, am 24.01. wird der Herr Bundesminister im H1 zu uns sprechen. Wir bleiben also wachsam.
Denjenigen unter Ihnen, die ich nicht mehr persönlich treffen kann, wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest.