Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Fortführung der Forschergruppe „Bedarfsgerechtigkeit und Verteilungsprozeduren“ (FOR 2104) für weitere drei Jahre bewilligt. Univ.-Prof. Dr. Stefan Traub, Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Behavioral Economics, leitet das Projekt.
Die erste Förderphase (April 2015 bis März 2018) hat gezeigt, dass die Verteilung von Ressourcen nach gesellschaftlich anerkannten Bedarfen ein zentrales Handlungs- und Gerechtigkeitsprinzip in Verteilungssituationen darstellt. Bedarfsgerechte Steuer- und Transfersysteme sind widerspruchsärmer, politisch legitimer, stabiler und ökonomisch nachhaltiger als solche, die sich rein an Leistungsgerechtigkeit oder Gleichheit orientieren.
In der nun genehmigten zweiten Förderphase stehen unterschiedliche Konzeptionen der Bedarfsgerechtigkeit im Mittelpunkt, die sich aus Heterogenität – also unterschiedlichen Gruppenmitgliedschaften, die auf erworbenen (beispielsweise Leistung) oder zugeschriebenen Eigenschaften (beispielsweise Geschlecht oder Herkunft) basieren – ergeben. Es wird überprüft, welche Reichweite das Bedarfsprinzip hat, wer also von Umverteilung profitieren soll. Gilt das Prinzip auch über Nationengrenzen hinweg? Gibt es so etwas wie globale Verteilungsgerechtigkeit? Zudem wird untersucht, welches Ausmaß an Differenzierung des Bedarfsprinzips bei Heterogenität auftritt: Soll beispielsweise Migranten der gleiche Bedarf wie Einheimischen zugestanden werden?
Im Teilprojekt D2 „Bedarfsgerechte Umverteilung als sozialer Kontrakt“ wird Stefan Traub mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der HSU der Frage nachgehen, ob bedarfsgerechte Umverteilung Menschen dazu bringen kann, mehr Ressourcen in ihre risikoreiche Ausbildung zu investieren. Wäre dies der Fall, käme es durch Besteuerung zu mehr Wirtschaftswachstum.
In insgesamt acht Teilprojekten, die außerdem an den Universitäten Hamburg, Bremen, Oldenburg, Wien (Österreich), der Jacobs University Bremen und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur (Schweiz) angesiedelt sind, wird in den kommenden drei Jahren weiterhin an einer durch empirisch-experimentelle Evidenz gestützten normativen Theorie der Bedarfsgerechtigkeit geforscht. Eine Besonderheit von FOR 2104 ist der interdisziplinäre Zuschnitt, der die Disziplinen Ökonomie, Philosophie, Politikwissenschaft, Psychologie und Soziologie umfasst und in den Teilprojekten jeweils zu Tandems verbindet. In methodischer Hinsicht ist die Gruppe innovativ, weil alle Teilprojekte mit Hilfe von Laborexperimenten Daten zum Verhalten von Versuchspersonen in Verteilungssituationen sammeln. Es wird also direkt beobachtet, was Menschen als gerechte Verteilung empfinden und an welchen Gerechtigkeitsmaßstäben sie ihr Verhalten ausrichten.
Der Forschergruppe wurden insgesamt rund 2,4 Millionen Euro bewilligt (jeweils zuzüglich Programmpauschalen). Die HSU erhält daraus eine Förderung von rund 528.000 Euro. Ein Teil der Mittel ist auch für Öffentlichkeitsarbeit in Form von Transfer-Workshops vorgesehen: Die Forschergruppe will gemeinsam mit Akteuren aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Organisationen die Ergebnisse der Forschergruppe öffentlich diskutieren und aus der Diskussion mit Nichtwissenschaftlern praxisorientierte Empfehlungen destillieren.
Weitere Informationen
http://bedarfsgerechtigkeit.hsu-hh.de
Ansprechpartner
Univ.-Prof. Dr. Stefan Traub, Volkswirtschaftslehre, insb. Behavioral Economics, Tel.: 040 6541-2865, E-Mail: [email protected]
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